Wuppertal: „My Fair Lady“

Premiere: 22.10.2017

Ein Klassiker, klassisch gut auf die Bühne gebracht

Als Übernahme der hochgelobten Inszenierung vom Pfalztheater Kaiserslautern ist „My Fair Lady“ nun in Wuppertal angekommen und das mit einer zu Recht stark bejubelten Premiere am Sonntagabend. Zum Inhalt schenke ich mir hier jedes weitere Wort, dieses Musical von Frederick Loewe und Alan J. Lerner zählt sicherlich zu einem der meistgespielten Werke an den deutschen Stadttheatern. Wenn dies aber in der hier gebotenen Qualität geschieht, gibt es dagegen auch gar nichts einzuwenden, im Gegenteil, die Produktion ist viel zu schön, als dass sie im Archiv verschwindet.

Cusch Jung zeigt die Geschichte rund um das Blumenmädchen Eliza Doolittle ganz klassisch, dabei aber keineswegs verstaubt und setzt hierbei voll auf die Stärke des Werkes. Dabei werden immer wieder geschickt einige bekannte Zitate und kleine Witzelein eingebaut, die dem Stück aber nicht schaden, im Gegenteil. Wenn Oberst Pickering ganz verwirrt von den vielen Stimmübungen nicht mehr sicher ist, ob er in Lohengrin oder Lohengrün war, hat das einen gewissen Charme. Auch das Extra-Ballett der Wuppertaler Bühnen wird schön ins bunte Treiben integriert. Die Kostüme von Sven Bindseil sind eine wahre Pracht und so detailliert und aufwändig gestaltet, dass man in Sachen Ausstattung hier in der oberen Liga mitspielt. Abgerundet wird das positive Gesamtbild der Inszenierung durch das Bühnenbild des routinierten Christoph Weyers, der im Bereich Musical schon so einige große Produktionen ausgestattet hat. Weyers setzt hierbei auf eine Stahlkonstruktion, die auf einer großen Drehbühne immer neue Blickwinkel bietet und sowohl die Straßenszenen wie auch das Innere von Professor Henry Higgins Wohnung detailreich abbildet. Angelehnt ist die Konstruktion an den Londoner Covent Garden, eine wirklich schöne Umsetzung.

Musikalisch gibt es an diesem Abend in Wuppertal ebenfalls nichts zu kritisieren. Die Besetzung überzeugt durch die Bank, lediglich der Chor ist stellenweise schlecht zu verstehen. Als Eliza Doolittle meldet sich Nadine Stöneberg mit klarer Stimme aus der Babypause zurück auf der Musicalbühne. Neben ihr den größten Applaus bekam Thomas Braus als Professor Henry Higgins, gut im Gesang und ganz stark im Schauspiel. Tom Zahner verkörpert den Oberst Pickering als charmanten, väterlichen Gesellen während Sebastian Campione Elizas Vater Alfred P. Doolittle mit dem notwendigen Witz spielt und für gute Laune bei den Zuschauern sorgt. Auch gesanglich gibt es hier nichts auszusetzen. Vielen vielleicht bekannt aus der Lindenstraße wurde Dagmar Hessenland für die Rolle der Mrs. Higgins verpflichtet. Gesanglich noch hervorzuheben ist Sangmin Jeon in der Rolle des verliebten Freddy Eynsford-Hill, der akzentfrei und mit schöner Stimme „In der Straße, mein Schatz wo du lebst“ erklingen lässt.

Unter der musikalischen Leitung von Michael Cook spielte das Sinfonieorchester Wuppertal schwungvoll, am Anfang übertönten die Blechbläser in der Premiere vielleicht ein wenig die Streicher, was sich aber schnell legte. Schön und mal etwas anderes auch, dass das Orchester vor der Vorstellung zu sehen ist und erst bei Beginn der Ouvertüre in den Orchestergraben runtergefahren wird. Alles in allem kann man nach der teilweise missglückten Rocky Horror Show in der vergangenen Spielzeit in dieser Spielzeit von einem gelungenen Musical am Wuppertaler Opernhaus sprechen, dessen Besuch sich durchaus lohnt.

Markus Lamers, 24.10.2017
Fotos: Wil van Lersel / Wuppertaler Bühnen