Berlin: Gipfeltreffen in der Berliner Philharmonie

Ballett mit Orchester

An den Vertrag von Maastricht, mit dem 1992 die Grundlage der Europäischen Union geschaffen wurde, erinnerte der Abend in der Berliner Philharmonie am 17. 1. 2022. Zu Gast waren das Bundesjugendballett und das Bundesjugendorchester, die zum dritten Mal in einer Produktion zusammenwirkten. Wegen des besonderen Anlasses waren auch Mitglieder des Orchestre Français des Jeunes eingeladen – wahrhaft ein europäisches „Gipfeltreffen“ also. Dies auch das Motto des Abends, der im Wechsel Musik und Tanz in Live-Darbietungen vereinte. Werke der Zeitgenossen Maurice Ravel und Richard Strauss standen auf dem Programm, beginnend mit dem Poème chorèographique pour Orchestre „La Valse“. Die Orchestervereinigung musizierte unter Leitung des britischen Dirigenten Alexander Shelley, führte das Stück vom flirrenden Beginn bis zum orgiastischen Finale. Später gab es noch Strauss’ „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ op. 28 zu hören – ein burlesker Spaß, hurtig und ausgelassen, mit witzigen Episoden bis zum fatalen Ende mit dem Todesurteil für den Gaukler. Das Orchester formte die Schelmenweise mit ihren vielen abrupten Stimmungswechseln und der raffinierten Klangsprache in virtuoser Manier, die zu Recht mit enthusiastischem Beifall des Publikums honoriert wurde.

Musikalisch von ganz anderem Charakter war das zweite Werk von Strauss – die Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ op. 60, Nr. 3a. In dieser kammermusikalischen Komposition mit ihren Ariadne auf Naxos-Zitaten konnte der Klangkörper Delikatesse und filigrane Gespinste demonstrieren. John Neumeier, der Gründungsintendant des Bundesjugendballetts, hatte eigens für das Gipfeltreffen zu Strauss’ Orchestersuite ein neues Ballett geschaffen. Vier Paare in farbigen Trikots setzten die vitale, an Hebungen, Sprüngen und Drehungen reiche Choreografie in ausgelassener Stimmung um. Die jungen Tänzerinnen und Tänzer stellten sich zum Schluss des offiziellen Programms noch mit einer eigenen Choreografie vor. Die musikalische Folie bildete Ravels viersätziges Klaviertrio a-Moll, das Yan Pascal Tortelier für großes Orchester bearbeitet hatte. Das einleitende Modéré in schillerndem Klangduktus bot kraftvollen, bewegten Tanz, das folgende Pantoum: Assez vif originelle Figuren mit reicher Armarbeit. Der dritte Satz in schwelgerischem Rausch, Passacaille: Très large, zeigte einen expressiven Pas de deux, das lebhafte Final: Animé Tanz von dramatischem Zuschnitt. Die Stimmung im Saal erreichten den Siedepunkt, als das Ensemble noch einen Ausschnitt aus Neumeiers Bernstein Dances als Zugabe bot und mit dieser vitalen, witzigen Darbietung den Höhepunkt des Abends setzte.

Bernd Hopper, 20.1.22

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