Anlässlich seines einjährigen Bestehens lud das Landesjugendballett Berlin an der Staatlichen Ballettschule am 4. 6. 2018 zu einer großen Geburtstags-Gala in die Volksbühne ein. Gekommen waren Gratulanten aus dem In- und Ausland als Mitglieder von Junior-Compagnien, und sie alle zeugten vom außerordentlich hohen Leistungsniveau der jungen Tänzer. Sie in ihrem Enthusiasmus, ihrer Passion, ihrem Idealismus erleben zu können, riss das Publikum im Saal immer wieder zu Beifallsstürmen hin. Das abwechslungsreiche, dreistündige Programm von der Klassik bis zur Moderne hatte hohen Unterhaltungswert und demonstrierte eindrucksvoll die Vielseitigkeit der Interpreten.
Sogleich der spektakuläre Auftakt mit zwei Berlinern legte die Messlatte hoch. Elena Iseka und Haruto Goto tanzten den Grand Pas de deux aus Don Quixote in der Choreografie von Petipa in staunenswerter Perfektion. Da sah man von ihr brillant auf dem Punkt gedrehte fouettés, von ihm Sprünge von artistischer Schwierigkeit. Mit Marco Goeckes All long dem day am Ende des ersten Programmteils bewies die Compagnie in einem rasanten Wirbel auch ihre Souveränität im Modern Dance. Erst vor drei Wochen hatte sie mit diesem Stück in seiner ganz eigenen, flatternden Bewegungssprache bei der Gala des Staatsballetts Polina & Friends Furore gemacht und überzeugte auch an diesem Abend mit stupender Körperbeherrschung und perfekter Synchronität. Und natürlich oblag dem Landesjugendballett Berlin auch das Finale mit Gregor Seyfferts hinreißender Arbeit Die Zukunft beginnt jetzt auf die Musik von Ravels Bolero. In diesem Défilé wirken die Schülerinnen und Schüler des 1. bis 9. Ausbildungsjahres mit und zeigen in einer mitreißenden Parade das ganze choreografische Vokabular – angefangen von einfachen Exercicen an der Stange, in denen die reizenden Kinder als Anfänger Zeugnis ihrer Begabung abgeben und mit ihrer Leidenschaft für den Tanz berühren. Über schwierige Gruppenformationen führt der Vorbeimarsch bis zu den virtuosen Highlights der berühmten Pas de deux. Dieses Finale ist angesichts seiner Steigerung in Tempo und Bravour immer wieder von überwältigender Wirkung.
Die ersten Gäste, Stanislava Pincekova, Viktorie Dembicka und David Lampart, kamen vom Bohemia Ballett Prag und zeigten ein Stück von Marika Hanusová mit dem Titel Trio, das in nervösem Bewegungsduktus eine komplizierte Dreierbeziehung schildert. Von diesem Ensemble sorgten später Pavlina Kopecka und Kristian Pokorny mit Aubers Grand Pas Classique in der technisch immens schwierigen Choreografie von Viktor Gsovsky für einen umjubelten Höhepunkt. Mitglieder des NRW-Juniorballett Dortmund zeigten in zwei Beiträgen von Godani und Peng Wang vital-sportiven und vor Energie berstenden Tanz. Das Bayerische Junior Ballett München machte mit einer (deutlich von Kylián beeinflussten) Arbeit von Marek Svobodnik, Petite Corde auf Musik von Mozart, bekannt, in der sieben Paare mit viel Witz und Spielfreude agierten.
Aus dem Ausland kamen neben den Pragern noch Marjolaine Laurendeau und Cohen Aitchison-Dugas vom Junior Ballett Zürich, die mit dem expressiv getanzten Pas de deux Behind the Mirror von Filipe Portugal einen lyrischen Ruhepunkt setzten, sowie Karla Andressa S. do Carmo und Remilton S. Nunes vom Balé Experimental do Corpo de Dança do Amazonas aus Brasilien mit einem Duo, das zwischen slow motion und abrupten Schüttelbewegungen wechselt und eine problematische, zur Trennung führende Partnerbeziehung beschreibt.
Grandios der Auftritt von zehn Mitgliedern der Junior Company des Niederländischen Nationalballetts, die im Pas de six und der Tarantella aus Bournonvilles Napoli südliches Temperament und überschäumende Lebensfreude einbrachten. Das lange nicht in Berlin gezeigte Stück wäre auch für das Staatsballett eine Empfehlung.
Bernd Hoppe 6.6.2018