München: „Der Tapfere Soldat“

Premiere am 14 Juni 2018

Prächtige Besetzung in netter Operetten-Drollerie

1886 stehen sich Major Alexius Spiridoff (Bulgare) und der Schweizer Söldner (bei den Serben) Bumerli als Hauptmann gegenüber. Spiridoff und seine Reiter können die entscheidende Schlacht für sich entscheiden, weil in Bumerli‘s Kanonen blinde Munition steckt. Er flieht und landet ausgerechnet im Haus von Nadina, der Verlobten seines Gegners. Hier verrät er die wahren Hintergründe der vermeintlichen Heldentat. Am Ende angelt sich Bumerli Nadina und die hübsche Mascha den Spiridoff – und alles löst sich in Wohlgefallen auf.

Dieses Musiktheater basiert auf dem ironischen Theaterstück „Helden“ von Bernard Shaw, in dem auch der Schauder vor falschen Heldenbilder steckt. Demontiert werden diese (Pseudo-) Helden des Krieges in höchst vergnüglicher Weise mit antimilitaristischen, sozialkritischen Pointen, also eine Farce mit tiefgründigem Humor.

Die Inszenierung schuf Peter Konwitschny, dem der Ruf unbequemer polarisierender, Furore schaffender Inszenierungen vorauseilt und der ein „Salto Mortale der Absurdität“ ankündigte, was allerdings vom Rezensenten nicht wahrgenommen. Unbequeme Farce mit tiefgründigem Humor wurde auch nicht geboten.

Unzweifelhaft ist der Abend ist ein temporeiches, sehr unterhaltsames aber doch krudes szenisches Irgendwie. Getragen wird alles von einem hervorragenden Ensemble mit übersprudelnder Spiellaune in außerordentlich guter Personenregie, Körpersprache und Textbehandlung: viel Klamauk, Schenkelklopferhumor, anbiedernde Drollerie, zeitweise artifizieller Blödsinn bis zu dünnbrüstigem Unsinn ohne Tiefgang und großartigem Slapstick insbesondere im dritten Akt.

Über Humor in dieser Weise kann man nicht diskutieren. Im Gegensatz zum Opernfreund-Kritiker waren viele Besucher allerdings amüsiert und bespaßt.

Das Einheitsbühnenbild (Bühne und Kostüme von Johannes Leiackder) erfüllte die Erfordernisse im Wesentlichen mit Pastellfarben und man bot im dritten Bild des Schlafzimmers Skurriles: drei im Boden eingebohrte abgestürzte Flugzeug.

Die historisierenden Kostüme erfüllen Operettenklischees und erwirkten irgendwie den Eindruck gewisser Phantasielosigkeit.

Alle Darsteller waren szenisch und in der Textbehandlung hervorragend. Es war eine Freude eine Besetzung zu erleben, die auch in anspruchsvolleren Partien reüssieren kann. Etwas irritierend der Einsatz von Microports (die synthetisierende akustische Verstärkung von Sprache und Gesang) durchgängig im 1. Akt, die erfreulicherweise später unterblieb.

Hans Gröning als Oberst Kasimir Popoff erfüllt alle Anforderungen; ausgehend von gute Mittellage wirken die Wege in andere Register allerdings noch etwas unausgeformt. Ann-Katrin Naidu (als Aurelia, seine Frau) ist eine ausgesprochen attraktive Bühnenerscheinung. Ihre schöne Stimme klingt unangestrengt durchaus mit der nötigen Noblesse. Nadina, beider Tochter, wurde von Sophie Mitterhuber gesanglich optimal ausgeformt. Hervorzuheben, daß jeder Registerwechsel geschmeidig und dynamisch erfolgte. Wunderbar: es wird nach oben nichts eng und nach unten nichts gedrückt – so soll es sein.

Jasmina Sakr (Mascha, eine junge Verwandte) steht auf gleich hohem Niveau. Kleine nörglerische Einschränkung: beim Wechsel ins hohe Register entsteht eine überflüssige Schärfe, die ggf. durch Training der äußeren Kopf-Resonanzräume aufgehoben wird.

Mit Maximilian Mayer (Major Alexius Spiridoff) haben wir den einen klassischen Operntenor. Leider hat die lyrische Stimmführung etwas verloren. Die Stimme läuft zwar problemlos in allen Registern, der Übergang wird aber zu eng geführt, so dass der Klang etwas gestemmt wirkt. Das kann man verändern. Bumerli (Daniel Prohaska) ist wie erwartet sehr gut besetzt. Für mich wirkt allerdings der Übergang ins höhere Register etwas forciert und nicht optimal dynamisch. Da reduziert sich dann die angenehm breit geführte Stimme aus der Mittellage etwas.

Karl Bernewitz hat den stets zuverlässigern Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz, wie immer, bestens disponiert und auf gleich hohem Niveau spielte das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter der Anthony Bramall auf, wenngleich es mir etwas zu laut erschien (die Sänger wurden teilweise zugedeckt); ansonsten ausgesprochen stimmig, ohne in allzu viel Walzerseligekeit zu verfallen.

Fazit: kein Maßstäbe setzender Abend, aber Unterhaltung, die ihr Publikum findet.

Tim Theo Tinn 16.6.2018

Bilder (c) Christian POGO Zach / GP