Gelsenkirchen: „Der Rest ist Tanz“

Ein kurzweiliger und gut gelaunter und schön anzuschauender Abend ist „Der Rest ist Tanz“ geworden, mit dem sich das Gelsenkirchener Ballett im Revier in die Sommerpause verabschiedet. Kleines Manko bei dieser Produktion ist aber, dass die Konzepte, die im Programmheft erläutert werden, auf der Bühne nicht immer so umgesetzt werden.

Bei „Daybreak“ von Pontus Lidberg zu Samuel Barbers berühmten Streichquartett wird angekündigt, man würde „zwei Universen“ erleben: Das alltägliche menschliche Leben, und als Kontrast dazu die Natur. Im Zentrum der klassisch-kraftvollen Choreographie steht dann aber doch der Mensch: Die puppenhaft grazielle Bridgett Zehr tanzt im Wechselspiel mit den Männern der Compagnie. Zum Adagio ist sie mit Alexander Zaitsev in einem innig melancholischen Pas de deux zu sehen.

Die Natur spielt auf der Bühne aber kaum einer Rolle. Neben einem rechteckigen Quadrat, in dem man sich im Wind wiegende Blätter sieht, gibt es erst im Finalsatz einen größeren Auftritt der Tänzer mit Fuchsmasken. Die Körpersprache der Tänzer unterscheidet sich hier gar nicht so groß von den menschliche Szenen, ist nur weniger synchron.

Renato Paroni de Castros „Die Architektur der Liebe“ ist laut Programmheft von den Theorien des Psychoanalytikers C.G. Jung inspiriert. Natürlich ist solch eine vertanzte Psychoanalyse kaum möglich, trotzdem gefällt dieses Stück, in dem das Verhältnis zwischen Soli und Gruppe fein ausbalanciert ist. In Erinnerung bleibt vor allem Francesca Berrutos und Jose Urrutias springlebendiger Tanz zum Thema Freude.

Das abschließende „To The Moon And Back“ von Margurite Donlon deckt sich am ehesten mit den Ausführungen im Programmheft, denn die Choreographin will einen traumwandlerischen Zustand zwischen „Wachen und Schlafen“ beschreiben. Das ist so offen formuliert, dass auf der Bühne viel Spielraum bleibt.

Die Tänzerinnen, wieder angeführt von Bridgett Zehr, tragen weiße Wuschelperücken, wodurch sie wie Afro-Albinos aussehen. Mal tanzen die Frauen auf Spitze zu ausgelassenem Irish Folk, dann die Männer in schwarzen Rücken mit kantigen Bewegungen zu Techno. Stark ist auch die Bühne von Jürgen Kirner, der korrespondierend zu den Perücken einen wuscheligen Bommel-Berg am Ende der Bühne aufgestapelt hat.

Zum Abschluss der aktuellen Tanzsaison an Rhein und Ruhr muss man feststellen das Bridget Breiner den abwechslungsreichsten Spielplan der Region bietet: Bei ihr gibt es Handlungs- und konzertante Ballette, Stücke für das große und kleine Haus sowie Produktionen für Erwachsene und für ein junges Publikum. Zudem zeigt sie neben den eigenen Arbeiten auch immer wieder Stücke von Gastchoreographen.

Rudolf Hermes 12.6.2017

Bilder (c) MiR