Berlin: „Viktoria und ihr Husar“

Premiere am 23.12.2018

Pures Vergnügen

Immer in gelöster, heiterer Stimmung kehrt man nach einem der um Weihnachten herum bereits Tradition gewordenen Besuche einer konzertant aufgeführten Operette in der Komischen Oper Berlin nach Hause zurück, so auch nach Paul Abrahams Viktoria und ihr Husar, die am 23. 12. Premiere und am 10.12. ihre zweite und damit letzte Aufführung erlebte. Nach Emmerich Kalman sorgt nun als weiterer wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nazis vertriebener Komponist Paul Abraham nach Ball im Savoy und Märchen im Grandhotel mit Viktoria und ihr Husar, 1930 in Leipzig uraufgeführt und mehrfach verfilmt, für das Wecken von Erinnerungen, denn wer hat nicht schon „Mausi, süß warst du heute Nacht“, „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“, „Ja, so ein Mädel“ oder „Pardon, Madame“ gehört und sogar mitgesungen?!

So vielfältig wie die Schauplätze Petersburg, Tokio und Ungarn sind auch die in der Operette verarbeiteten musikalischen Einflüsse und liefern Schwermut, Exotik und Temperamentvolles im Übermaß. Glücklich ist auch wieder die Idee, eine der Figuren zum Moderatoren zu machen, der in liebevoll ironischer Distanz die Handlung erklärt und dem Publikum damit langweilig-banale Dialoge erspart. In dieser Produktion ist es der Schauspieler Gerd Wameling als John Cunlight, amerikanischer Botschafter und erster Gatte Viktorias, die ihren Verlobten, den Husaren Stefan Koltay, tot glaubte. Sollte es am ersten Abend noch kleine Pannen gegeben haben, so meisterte der Künstler nun seine Aufgabe souverän und mit angenehmem Augenzwinkern in der Stimme, die sich auch zu einigen Gesangsproben bereitfand. Durchweg gestandene Ensemblemitglieder der Komischen Oper bewiesen ihre Vielseitigkeit mit ausgezeichneten Leistungen im fremden Metier. Lediglich der Sänger des Stefan gehörte mit dem Tenor Daniel Prohaska, Bruder der Sopranistin der Staatsoper, Anna Prohaska, und Mitglied der Wiener Volksoper nicht dazu . Wie auch alle anderen erfreute er durch eine gute Diktion, außerdem durch eine recht metallische Stimme, die eher durch ihr Volumen als durch ihre Geschmeidigkeit überzeugte. Zugleich ihre Rolle wie die einer Operettendiva spielte und sang Vera-Lotte Böcker, demnächst auch Musetta und Sophie am Haus, mit leuchtendem, nur im Forte der Extremhöhe scharfem Sopran und sah als Viktoria bezaubernd aus.

Dazu trugen wie auch bei den beiden anderen Damen die Kostüme von Katrin Kath das Ihre bei. Gar nicht aus dem schließlich sogar das Orchester ansteckendem Lachen heraus kamen Peter Renz als Graf Ferry und Alama Sadé als seine Gattin O Lia San oder viel besungene Mausi, ein Maßstäbe setzendes Buffopaar. Ein höchst bemerkenswertes Talent mit kraftvollem Bariton und darstellerischer Wendigkeit bis hin zu temperamentvollen Tanzeinlagen ist Dániel Foki aus dem Opernstudio, der den Jancsi gab. Mit beherztem Sopran ist ihm Marta Mika als Riquette eine gute Partnerin.

Nicht auf der Besetzungsliste auftaucht Barrie Kosky, dessen Handschrift jedoch unverkennbar bei der halbszenischen Umsetzung zu erkennen ist. Spirtus rector des begeisternden Abends aber ist Stefan Soltesz am Dirigentenpult, der die Instrumente in satten Farben schwelgen, Fernöstliches geheimnisvoll raunen, Ungarisches sich austoben und eine Bombenstimmung auf und vor der Bühne entstehen lässt.

31.12.2018 Ingrid Wanja