Dresden: „Die verkaufte Braut“

besuchte Aufführung am 06. Juni 2014 – Premiere am 02. Mai 2014)

Ein gut aufgelegtes Publikum lässt sich unterhalten – und das aufs Beste

Beim Besuch der Staatsoperette Dresden und auch im Gespräch mit dem Intendanten Wolfgang Schaller wird richtig die Aufbruchsstimmung in dem Haus spürbar. Im Juli 2013 hatte der Stadtrat in Dresden grünes Licht für den Neubau der Staatsoperette gegeben, am 11. April 2014 war der erste Spatenstich und am 8. Juli ist die Grundsteinlegung geplant. Wolfgang Schaller vertraut darauf, dass die Eröffnung im Dezember 2016 stattfinden wird. Und man hat den Eindruck, als wenn dies alles das Haus und das Ensemble beflügelt und zu weiteren überdurchschnittlichen Leistungen anspornt. Die Aufbruchsstimmung und die Vorfreude auf den Herbst 2016 sind nicht nur spürbar, sondern fast mit Händen greifbar. Der „Opernfreund“ wird am Ball bleiben und im nächsten Jahr ein ausführliches Gespräch mit Intendant Wolfgang Schaller führen, bei dem man in jedem Augenblick merkt, dass er die Tätigkeit an der Staatsoperette mit Herzblut und vollstem Einsatz versieht und natürlich wird der „Opernfreund“ an dem selten gewordenen Neuanfang sprich Neubau eines Musiktheaters und noch dazu für die so oft totgesagte und Gott sei Dank nicht tot zu bekommende Operette dabei sein. Doch zurück von den Zukunftsgedanken in die Aufführungen dieser Tage.

Und heute ist Bédrich Smetana auf dem Programm, acht Opern hat er komponiert, auf den Spielplänen ist praktisch heute nur noch seine „Verkaufte Braut“ zu finden. Der Komponist selbst, starb völlig taub und geistig umnachtet im Jahr 1884 in Prag. Er hinterließ mit seiner „Verkauften Braut“ ein wunderschönes Stück aus seiner Heimat. Und die Musik ist es auch, die mitreißt, mitwippen lässt und manchmal muss man sich sehr zurücknehmen um nicht selbst mitzusingen oder zu summen. Vor allem dann, wenn die Musik so flott, so leidenschaftlich und mit einem solch rasanten Tempo dargeboten wird, dass es einem manchmal ganz angst um bange um die Sänger wird, aber keine Angst, alles gelingt. Daran ist Christopher Schmitz, der am heutigen Abend die musikalische Leitung innehat nicht ganz schuldlos. Er fordert das Orchester und dieses folgt ihm gerne. Leidenschaftlich spielt er auf, manchmal decken die Wogen des Orchesters fast alles zu, aber bei den Sängern hält sich Schmitz zurück und so sind sie zu hören, und das ist zum größten Teil sehr beeindruckend, und werden vor allem nicht von der leidenschaftlichen Musik Smetanas zugedeckt. Die Inszenierung von Arne Böge weiß zu gefallen, er baut alles auf, bis es im dritten Akt zum Durchbruch bei der Zirkusszene kommt. Vor allem weiß er alles stimmig einzurichten, er verwirklicht nicht sich sondern die Oper und die Musik. Hendrik Scheel zeichnet für die Ausstattung zuständig und er gefällt ohne Einschränkungen. Selten sah man die Oper so bunt, so aufgeräumt und selten überzeugten auch die Kostüme in ihrer Farbenpracht. Die Choreografie von Radek Stopka konnte ebenfalls gefallen. Er hatte es ja mit einer Menge von Tänzen zu tun. In kaum einer Oper wird mehr getanzt, als hier. Und man konnte sagen, dass alles passte und es keinen Leerlauf gab. Das Ballett und der Chor sind in diesem Stück besonders gefordert und haben eine große Portion Arbeit auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zu bringen. Thomas Runge hatte die Choreinstudierung und er hatte diese Mammutaufgabe locker und leicht bewältigt.

Und auch die Sänger hatten überwiegend einen guten Tag. Ich vermeide es bewusst, den Inhalt von „Die verkaufte Braut“ ausführlich zu erläutern, der dürfte jedem Musikfreund bekannt sein. Die Geschichte der beiden Brüder Hans und Wenzel, die erst zum Schluss der Oper zusammenfinden bzw. erkennen, dass sie Brüder sind. Die Liebe von Hans zu Marie, der Tochter des Bauern Kruschina, der Verkauf seiner Braut an den schlitzohrigen Heiratsvermittler Kezal, der, da er nicht weiß, dass Hans als auch Wenzel die Söhne des Grundbesitzers Micha sind so von Hans aufs Kreuz gelegt wird, dürfte hinlänglich bekannt sein. Deshalb nun zu den Akteuren, den Sängern.

Und hier gibt es für mich – bis auf eine Ausnahme – nur lobendes zu berichten. Kommen wir gleich zu der Ausnahme. Frank Blees (der übrigens zwei Tage später einen exzellenten Alfred P. Doolittle in „My Fair Lady“ gab) ist für mich einfach kein Kezal. Blees hat eine schöne weiche Bass-Baritonstimme, aber für den bauernschlauen verschlagenen Heiratsvermittler sehe ich einen profunden „schwarzen Bass“ mit großer Durchschlagskraft. Dies war mich Frank Blees leider nicht. Er wusste sicherlich zu gefallen, konnte schauspielerisch voll überzeugen, aber er war mir zu brav, zu bieder, zu kultiviert im Gesang und zu zurückhaltend in der Stimmgewalt. Ein Heiratsvermittler mit stark gebremstem Schaum. Wie gesagt, die überwiegende Mehrheit im Publikum war sehr angetan von diesem Heiratsvermittler, ich jedoch konnte leider nicht so viel mit dieser Gestaltung anfangen.

Schlußapplaus (c) Drescher

Die Marie von Tatjana Gazdik war einfach bezaubernd. Mit schönem, klarem und durchschlagskräftigem Sopran wusste sie zu gefallen. Sie setzte die Noten perlend wie gestochen und bot insgesamt gesehen eine mehr als gute Leistung. Wieder einmal in Bestform Steffen Schantz als Hans, der sowohl in seinen Soli als auch in den Duetten mit klarem, kräftigem und durchschlagskräftigem Tenor punkten konnte. Strahlende Höhe, gute Mittellage sorgten – trotz einiger rauer Stellen – für eine insgesamt imponierende und überzeugende Leistung.

Eine weitere Hauptperson ist der arme, stotternde nach Liebe suchende Wenzel. Es ist nicht leicht diese Partie glaubhaft zu gestalten, zu groß ist die Gefahr ins Lächerliche zu rutschen. Bei Hauke Möller gab es diese Gefahr nicht. Er bot eine rundum überzeugende Gestaltung dieser nicht so leichten Rolle und gefiel in allen Punkten. Zu einem schönen, klaren, hohen Tenor kam auch eine exzellente Gestaltung der Rolle. Ja, man kann den Wenzel auch zu einer tragenden Rolle machen, hier geschah es durch Hauke Möller.

Keine Ausfälle in den kleineren Rollen, in denen Gerd Wiemer als Bauer Kruschina und Ingeborg Schöpf als seine Gattin Kathinka gefallen konnte. Ebenso wie Herbert G. Adami als Grundbesitzer Micha und Carolin Masur als seine Frau Agnes.

In der rasanten Zirkusszene im dritten Akt konnte Barry Coleman als Zirkusdirektor, wie vor allem auch Isabell Schmitt als Tänzerin Esmeralda voll überzeugen. So wie das schwungvoll ablaufende Zirkusprogramm das Publikum zu Beifallsstürmen hinriss. Die Solisten wurden rollendeckend ergänzt durch Hans-Jürgen Wiese als Muff, Radek Stopka als Smrt sowie Vladislav Vlasov als Mustermann.

Insgesamt, mit einigen kleinen Schwächen, die aber praktisch kaum ins Gewicht fielen, eine schmissige, rasante und das Publikum erfreuende Inszenierung der „Verkauften Braut“.

Manfred Drescher 1.7.14

Bilder 1 und 2 von Stephan Floß