in der Stadthalle am 2. 1. 2020
Beethoven satt
Diesmal gab es wegen des beginnenden Beethoven-Jahres eine von den bei Neujahrskonzerten üblichen Werken abweichende Programmfolge. Unter dem Motto „Durch Nacht zum Licht“ erklangen (fast) ausschließlich Werke von Ludwig van Beethoven. Dabei setzte Braunschweigs Generalmusikdirektor Srba Dinić – wie von ihm gewohnt – auf äußerst kontrastreiches Musizieren. In der Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 waren es die gewählten Tempi, die für spannende Kontraste sorgten; im Finale der wie in der 5. Sinfonie ebenfalls den Weg durch Nacht zum Licht nachzeichnenden Ouvertüre führte das aberwitzig schnelle Zeitmaß die sonst zuverlässigen Violinen des Staatsorchesters fast an ihre Grenzen. Im folgenden 3. Klavierkonzert erlebte man Braunschweigs „artist in residence“ Olga Scheps, die im partnerschaftlichen Zusammenspiel mit dem Staatsorchester eine begeisternde, die verschiedenen Stimmungen des Konzerts intensiv ausdeutende Interpretation präsentierte. In besonderem Maße imponierte die spannungsreiche Dichte, die die Musiker im Largo trotz mancher Unruhe im Publikum durchhielten. Wie die russische Pianistin ihre hohe technische Perfektion und Virtuosität durchgehend dem Ausdruck unterordnete, das hatte herausragendes Niveau.
Überraschend gab es nach der Pause zunächst ein Werk des 1962 geborenen deutsch-serbischen Schlagzeugers und Komponisten Nebojsa Jovan Zivkovic. Mit teilweise ohrenbetäubenden Trommelwirbeln servierten die drei Musiker des Staatsorchesters Matthias Lang, Jörg Oesterle und Kai Fassbinder mit spektakulärer Schlagtechnik „Trio per Uno“. Warum dieses effektvolle, bravourös gespielte Stück in die Programmfolge eingebaut wurde, konnte auch Orchesterdirektor Martin Weller mit diesmal etwas langatmigen Erläuterungen nicht in nachvollziehbarer Weise begründen. In der anschließenden 5. Sinfonie von Beethoven, die durch Beifall nach den einzelnen Sätzen einige Spannungsverluste erleiden musste, gab es wieder reichlich Kontraste, zu denen Srba Dinic die Musiker mit schwungvoller, stets präziser Zeichengebung animierte. Da erklangen die berühmten Schicksalsschläge des Anfangs ebenso wirkungsvoll wie das drängende Andante con moto, nach dem das wunderbar filigrane Scherzo direkt in das jubelnde C-Dur-Finale überleitete. Hier bestätigte das Staatsorchester seinen guten Ruf in Norddeutschland.
Wohl um dem Publikum nun doch noch ein bisschen „richtige“ Neujahrskonzert-Stimmung zu bieten, gab es als Zugabe Johann Strauß‘ „schöne blaue Donau“, die sehr schön differenzierend dargeboten wurde, allerdings zum Beethoven-Programm nicht so recht passen wollte. Anstelle des sonst üblichen „Radetzky-Marschs“ wurde zum endgültigen Abschluss Beethovens 1808 komponierter Militärmarsch Nr.1 gespielt, der später zu Ehren des preußischen Generals Ludwig Yorck von Wartenberg „Yorckscher Marsch“ genannt wurde. Hier durfte das begeisterte Publikum nun auch ordentlich mitklatschen.
Fotos: © Staatstheater Braunschweig
Gerhard Eckels 3.1.2020