Novara: „La Rivale“

Premiere am 1.12.16 .

Callas forever

Im Jahr 2007 erschien die Erzählung „La rivale“ des franko-belgischen Autors Eric-Emanuelle Schmitt, die die Kunst der Maria Callas verherrlicht. Der Autor verwendet dafür den Trick, einen früheren Opernstar nach dreißig Jahren Abwesenheit aus Argentinien nach Mailand zurückkehren zu lassen, wo die Sängerin sich einer Scala-Führung anschließt. Sie, die zuvor an dem Haus bejubelt wurde, hatte sich zurückgezogen, als der Stern der Callas aufging, der sie die Schuld an ihrem Absturz gab. Nun wird sie wieder von der Vergangenheit eingeholt, denn auch bei der Führung ist ständig von der Callas die Rede, im Plattengeschäft findet sie keine eigenen Aufnahmen. Als sich ein Opernfan, den sie für einen Verehrer hielt, auch als Callasfan outet und sie in die Jury eines Wettbewerbs einladen will, der den Namen der Divina trägt, erleidet sie einen Infarkt und stirbt.

Ich kenne die Erzählung nicht und habe auch nicht herausgefunden, ob sie je auf Deutsch erschienen ist. Sie scheint trotz der tragischen Handlung durchaus auch ironische Glanzlichter zu haben, die nun von Alberto Mattioli, der das Libretto für ein neues Musikwerk schrieb, genutzt wurden. Es handelt sich um ein Auftragswerk des Teatro Coccia, das schon das dritte Jahr seinen Spielplan um eine zeitgenössische Komposition bereichert. Gewünscht wurde ein Einakter, der auch unterhaltsame Seiten zeigen sollte. Das ist Mattioli ganz ausgezeichnet gelungen, denn er nimmt die Welt der Oper liebevoll auf die Schaufel, zeigt die kleinen Schwächen der Gesangsstars, umgekehrt aber auch die auch in sogenannten Fachgeschäften immer mehr um sich greifende Ignoranz. Besonders köstlich ist denn auch die Szene, in welcher Carmela Astolfi, die frühere Diva, bei zwei von der Oper völlig unbeleckten Verkäuferinnen (die aber in der Klassikabteilung arbeiten!) nach ihren Plattenaufnahmen sucht. Hier hat auch der Komponist Marco Taralli einen Höhepunkt gesetzt, indem er die jüngere Verkäuferin, die mit ihren Kopfhörern Rap hört, dazu in Koloraturen à la Königin der Nacht singen lässt. Seine Musik ist nicht besonders originell, aber gut geschrieben, und ermöglicht auch ein gutes Textverständnis seitens des Hörers, was bei den vielen Seitenhieben auf die Welt der Oper besonders wichtig ist.

Als gealterte Sopranistin Astolfi war Tiziana Fabbricini ganz in ihrem Element, musste diese schauspielerisch so begabte Sängerin in ihrer Roll doch immer wieder in Erinnerungen schwelgen und sich blitzschnell von einer alten in die junge Künstlerin und zurück verwandeln. Die vom Komponisten verlangte Art des Sprechgesangs beherrschte sie zudem perfekt. Ihre junge Begleiterin, von Mattioli mit einem Augenzwinkern Annina genannt, wurde eindringlich von dem Mezzo Simona Di Capua verkörpert. Der Tenor Giulio Pelligra hatte zwei Rollen inne, nämlich den Gigolo Salvatore, der sich von der Astolfi aushalten lässt, und den Priester Don Bartolo (!), der das Begräbnis der Sopranistin zelebriert, bei dem als allerletzter Coup die Stimme der Callas mit „Vissi d’arte“ erklingt. Eindrücklich der Bariton Daniele Piscopo als die Führung leitender Billetteur, in einer Doppelrolle die blutjunge Sopranistin Eleonora Buratto als Touristin und ältere Verkäuferin. Eine brillante stimmliche Leistung erbrachte der Koloratursopran Giulia Perusi als deren junge Kollegin, und auch Daniele Cusari als Opern- und Callasfan Antonio fiel durch einen angenehmen Bass auf.

Vorbildlich aneinander angepasst waren die musikalische Leitung und die Regie. Letztere lag in Händen von Manu Lalli, die im angedeuteten Bühnenbild (nach einer Idee von Daniele Leone) die Sänger zu befreit spontanem Spiel anhielt, erstere war dem Musikdirektor des Hauses Matteo Beltrami anvertraut, der die in ihrem Wechsel zwischen E und U nicht immer einfach zu spielende Musik mit dem Orchestra Talenti Musicali vorbildlich einstudiert hatte. Dieser Klangkörper besteht aus den besten Absolventen der Konservatorien von Piemont und Aosta-Tal, denen mit Hilfe von Stipendien die Möglichkeit gegeben wird, sich an angesehenen in- und ausländischen Akademien zu perfektionieren und die seit 2012 schon unter so bekannten Namen wie Riccardo Muti, Luciano Chailly, Gianandrea Noseda oder Pavel Berman gespielt haben.

Das gut verkaufte Haus, in dem viele Jugendliche vertreten waren, spendete eifrig überaus herzlichen Beifall.

Eva Pleus 10.12.16

Bilder: Mario Finotti / Teatro Coccia