Bei Puccinis Tosca kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Das Publikum liebt die Oper, die Sänger können mit ihren Rollen glänzen und wenn dann auch noch Bühnenbild und Kostüme stimmen, ist der Abend gerettet. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen geht der Bonner Intendant Bernhard Helmich noch ein Schritt weiter und lieh sich gleich die Ausstattung vom Teatro Comunale aus Bologna aus.
Die Bühnenbilder von Manuela Gasperoni bieten alles, was man bei einer Tosca erwartet: Eine prachtvolle Kirche im ersten Akt, hier hauptsächlich als Fenster projiziert, mit Madonnengemälde, an dem Cavarodossi arbeitet, sowie Seitenkapelle, damit sich Angelotti dort verstecken kann. Im zweiten Akt prunkt das Palazzo Farnese mit schöner Rückwand. Im letzten Bild sehen wir zwei Mauern auf der Engelsburg, über denen der nächtliche Sternenhimmel leuchtet.
Regisseurin Silvia Gatto gelingt das Kunststück alle Klischees der Oper zu bedienen und trotzdem eine so spannende Inszenierung auf die Bühne zu bringen, dass man selbst als erfahrener Tosca-Fan mit den Figuren mitfiebert und hofft, die Geschichte könnte irgendwie ein glückliches Ende finden. Macht es natürlich nicht, aber die Akteure spielen die Geschichte so lebendig, dass es möglich scheint.
Die Regisseurin lässt Tosca neben dem toten Scarpia ganz traditionell Kerzen und ein Kreuz aufstellen. Gleichzeitig gibt es aber Szenen, die etwas anders gestaltet sind, als man es erwartet: Der Messner wird hier als ruhige und ernsthafte Figur gezeichnet. Im dritten Akt wird Cavaradossi nicht vom Exekutionskommando getötet, sondern von Scarpias Schergen Spoletta mit einem Schuss.
Für eine spannungsgeladene Aufführung sorgt auch Dirigent Hermes Helfricht , der gerade von den Theatern in Hagen und Erfurt als GMD umworben wird, am Pult des Beethoven Orchesters. In den lyrischen Szenen lässt er die Streicher überm Pulsieren der Bläser schwelgen. Opern- und Kinderchor haben im Finale des ersten Aktes beim großen „Te Deum“ einen starken Auftritt.
Insgesamt 14 Tosca-Aufführungen werden in Bonn in dieser Saison geboten. Schade, dass Yannick-Muriel Noah nur in den ersten drei Abenden die Titelpartie übernimmt. Sie stürzt sich mit dramatischem Feuer in die Rolle, verfügt aber auch über genügend Zwischentöne, um die zerbrechlichen, gefühlvollen und verzweifelten Momente der Figur stimmlich zu beglaubigen. Ihre Eifersuchtsanfälle im ersten Akt spielt sie so gekonnt aus, dass es im Publikum auch Heiterkeit gibt.
Marcello Puente gefällt als Cavaradossi mit seinem bronzenen Tenor, der ein gutes baritonales Fundament besitzt. In den Spitzen tönen wünscht man sich von ihm aber mehr Glanz. Giorgos Kanaris beeindruckt als Scarpia mit der Schönheit seiner warmen Stimme. Für die Partie fehlt ihm aber dunkle Farbe und Dämonie, die man sonst von der Rolle kennt. Er singt den Scarpia so wohlklingend, dass er ein ernstzunehmender Rivale Cavaradossis sein könnte. Christopher Jähnig ist ein dunkelstimmiger Angelotti.
Das Theater Bonn bietet eine sehenswerte „Tosca“-Produktion, die ganz traditionell daherkommt, aber trotzdem höchst spannend ist. Ungewöhnlich ist, dass in den 14 Vorstellungen drei verschiedene Toscas und fünf Cavaradossis zu hören sein werden. Die prominentesten Interpreten werden Angela Gheorghiu und Ramon Vargas am 3., 11. und 18. Mai 2025 sein.
Rudolf Hermes, 12. Dezember 2024
Tosca
Giacomo Puccini
Theater Bonn
Premiere: 1. Dezember 2024
Besuchte Aufführung: 6. Dezember 2024
Inszenierung: Silvia Gatto
Musikalische Leitung: Hermes Helfricht
Beethoven-Orchester Bonn