Dortmund: „Die Walküre“, Richard Wagner (zweite Besprechung)

Gemäßigter Konwitschny

In dieser Woche startet die Oper Dortmund unter Intendant Heribert Germeshausen im Rahmen des Wagner-Kosmos VI den gesamten Ring des Nibelungen in der Regie von Peter Konwitschny in nur vier Tagen, mit einem interessanten Symposium. Gestern Abend begann es mit der Walkürein der Inszenierung, die hier am Hause vor genau drei Jahren ihre Premiere erlebte.

Vor dem Hintergrund des mittlerweile ja immer öfter aus dem Ufer laufenden Regisseurstheaters unserer Tage wirkt die Inszenierung von Peter Konwitschny wie braves altmeisterliches Regietheater. Der Regisseur blieb mit seiner Interpretation auch stets am Stück. Noch vor dem Vorspiel sehen wir den Frevel an der Natur, in dem ein aus dem Vorhang ragender Ast der Weltesche abgesägt wird und krachend zu Boden fällt. Der Ur-Frevel ist damit also getan, obwohl er eigentlich vor dem „Rheingold“ stattgefunden haben soll…

Nachdem Hunding im Vorspiel im Mafia-Stil mit ein paar Schächern unter einer schummrigen Straßenlaterne Jagd auf den fliehenden Siegmund gemacht hat, aber mit dessen Gefangennahme gescheitert ist, bricht Konwitschny das Stück – wie so oft – auf eine Mikro-Ebene herunter. Er stellt drei Küchen auf die Bühne: Im 1. Aufzug die verhunzt und ausgedient wirkende eines finanzschwachen Haushalts; im zweiten bei Wotan und Co wird es dann schon moderner mit schick beleuchtetem Plafond und einem nun auch größeren Kühlschrank farblich passend zu Sitzkissen und Vorhängen; und im 3. Aufzug haben die Gläser, aus denen Wotan übrigens ständig trinkt, sogar goldene Umrandungen, wie auch manches andere hier neureich vergoldet ist…

Im Bühnenbild mit zeitgenössischen Kostümen – die Walküren wirken in ihren blauen Uniformen wie Schulkinder in Nordkorea – von Frank Philipp Schlößmann und im geschickt changierenden Licht von Florian Franzen findet dann aber die gewohnt exzellente und detailreiche Personenregie von Peter Konwitschny statt, die den ganzen Abend über trotz mancher optischer Mängel das Geschehen spannend gestaltete.

Stéphanie Müther sang eine souveräne und sehr einfühlsame Brünnhilde. Tomasz Konieczny brillierte darstellerisch wieder als Wotan mit enormer Intensität und hat mittlerweile auch seine häufig so störenden Vokalverfärbungen abgelegt. Allerdings ist der kraftvolle Bassbariton allzu oft zu laut und verliert im Forte schnell an Klangfülle und Breite. Barbara Senator war eine gute Sieglinde und Viktor Antipenko mit einem stark baritonal und metallisch klingenden Heldentenor ein in diese Rolle jedoch gut passender Siegmund.

Kai Rüütel-Pajula gab eine exzellente Fricka mit klangvollem Mezzo und einer Darstellung, in der sie nur auf ihre Ehre als Hüterin der Ehe besteht, Wotan aber offenbar nicht mehr liebt wie noch Marina Prudenskaya in der „Walküre“ von Barrie Kosky am Royal Opera House Covent Garden vor einigen Tagen. Denis Velez war ein guter, aber eher harmlos gestalteter Hunding, der schnell betrunken war. Bis auf zwei Stimmen sang das Walküren-Oktett sehr gut und kam mit witzigen Pferdeköpfen aus dem Graben auf die Bühne.

Gabriel Feltz dirigierte die Dortmunder Philharmoniker mit relativ zügigen Tempi. Die Musiker boten sehr guten Wagner mit klarer Akzentuierung der dramatischen Höhepunkte und zur starken Emotion auf der Bühne viel Subtilität, wo es angezeigt war. So bei der Annährung der Wälsungen im 1. Aufzug und zwischen Wotan und Brünnhilde im 3 Aufzug. Am Schluss fand der Feuerzauber als Musikzauber vor dem roten Vorhang statt mit drei Harfen auf beiden Seiten der Bühne, deren Goldtöne mit dem Licht eindrucksvoll betont wurden. Man meinte, die kleinen Flammen am Schluss aus ihre Saiten züngeln zu hören. Ein unkompliziertes, aber sehr stilvolles und auch emotionales Finale, für das die schlafende Brünnhilde mit dem Steckenpferd Grane über das Orchester geschoben wurde… Großer Applaus eines begeisterten Publikums.

Klaus Billand, 23. Mai 2025


Die Walküre
Richard Wager

Oper Dortmund

Besuchte Aufführung am 22. Mai 2025
Premiere am 21. Mai 2022

Inszenierung: Peter Konwitschny
Musikalische Leitung: Gabriel Feltz
Dortmunder Philharmoniker

Erste Opernfreund-Kritik