Mönchengladbach: „Liebe, Mord und Adelspflichten“, Robert L. Freedman und Steven Lutvak

Bereits in der vergangenen Spielzeit erfreute sich das Musical Liebe, Mord und Adelspflichten im Theater Krefeld großer Beliebtheit und sorgte dort für gut gefüllte Theatersäle. Seit dem 14. Januar ist das Stück nun auch im Theater Mönchengladbach zu sehen, wo es nun nach der Premiere noch neun weitere Gelegenheiten geben wird, eine Vorstellung zu besuchen. Und das sollte man sich auf jeden Fall überlegen, wenn man nicht ohnehin schon zum „Wiederholungstäter“ geworden ist. Zur Handlung, die vielen Theaterfreunden aus dem Film Adel verpflichtet aus dem Jahr 1949 bekannt sein dürfte, zitiere ich an dieser Stelle kurz aus dem Bericht über die Krefelder Premiere im September 2022: Montague „Monty“ Navarro findet nach dem Tod seiner Mutter heraus, dass er eigentlich der adeligen Familie D’Ysquith entstammt. Anstatt weiter in Armut zu leben, könnte er eines Tages sogar Lord von Highhurst Castle werden. Allerdings stehen in der Erbfolge noch acht Personen vor ihm. Kurzerhand versucht er Kontakt mit der Familie D’Ysquith aufzunehmen, wird hierbei aber rüde zurechtgewiesen. Sogar eine Klage wird im angedroht, sollte er sich weiterhin als Familienmitglied ausgeben. Montys Jugendliebe Sibella Hallward glaubt ebenfalls nicht, dass Monty in Kürze reich sein wird und zieht daher eine Zweckehe mit dem wohlhabenden aber langweiligen Lionel Holland vor. Doch Monty gibt so schnell nicht auf. Bei einem Besuch bei Reverend Lord Ezekiel D’Ysqith stürzt der alkoholisierte Pfarrer bei einer Turmführung zufällig von der Kirche. Monty erkennt, dass es offenbar recht einfach ist, in der Erbfolge voran zu kommen. Im Verlauf des ersten Aktes sterben weitere Familienmitglieder auf mysteriöse Weise. Doch am Ende überschlagen sich die Ereignisse förmlich und Monty muss ausgerechnet für einen Mord ins Gefängnis, den er gar nicht begangen hat. Doch hiermit ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende.

© Matthias Stutte

Robert L. Freedman (Buch und Gesangstexte) und Steven Lutvak (Musik und Gesangstexte) haben mit A Gentleman‘s Guide to Love and Murder, wie das Musical im Original heißt, eine wunderbar schwarzhumorige Komödie geschaffen, bei der man als Zuschauer immer wieder herzhaft lachen kann. Zugegeben, die ersten 10 bis 15 Minuten ziehen sich etwas, aber die weiteren 2 1/2 Stunden bis zur Auflösung des Falles bieten beste Unterhaltung, die man jedem Musicalfan wärmstens empfehlen kann. Auch musikalisch ist das Werk durchaus interessant. Ohne den ganz großen Ohrwurm, ist es dennoch sehr stimming und abwechslungsreich komponiert. Auch die deutsches Übersetzung von Daniel Große Boymann kann überzeugen, da sie sehr flüssig daher kommt. Das große Highlight der Inszenierung am Gemeinschaftstheater ist jedoch die Besetzung, allen voran Markus Heinrich, der bereits seit der Spielzeit 1995/96 Ensemblemitglied ist und seither in unzähligen Rollen sein Können unter Beweis gestellt hat. An diesem Abend schlüpft Heinrich in neun Rollen und verkörpert damit fast die gesamte Familie D’Ysquith. Lediglich die die Cousine Phoebe und die Gattin des Lords von Highhurst Castle werden von Gabriela Kuhn und Susanne Seefing charmant besetzt. Durch die schnellen Rollenwechsel steht der aus dem Sauerland stammende Tenor fast permanent auf der Bühne und muss in kürzester Zeit die Kostüme wechseln. Wie er darüber hinaus jede einzele Rolle mit ihren ganz eigenen Besonderheiten ausstattet, ist allein schon das Eintrittsgeld wert. Für die Rolle des „Monty“ Navarro konnte mit dem renommierten Musicaldarsteller Oliver Arno eine hochkarätige Gastbesetzung verpflichtet werden, der sowohl stimmlich wie auch schauspielerisch ein absoluter Glücksgriff für diese Rolle ist. Als zweiter Gast des Abends übernimmt Rahel Antonia Wissinger die Rolle der Sibella Hallward, während Debra Hays nun als Gastsolistin vielleicht zum letzten Mal in Mönchengladbach in einer großen Musiktheaterproduktion zu erleben sein wird, nachdem die Sopranistin nach dreißig Jahren im Ensemble kürzlich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet wurde.

© Matthias Stutte

Inzeniert wurde das Musical durch Thomas Weber-Schallauer, der die gesamte Geschichte in Form einer Graphic Novel erzählt. Peter Schmitz steuert hierzu die passenden animierten Illustrationen bei. Mit einer gelungenen Personenregie und einem guten Gespür fürs richtige Timing, meistert der Regisseur die schwierige Aufgabe, den Humor der Geschichte adäquad auf die Bühne zu bringen. Gerade bei komödiantischen Werken keine leichte Aufgabe. Abgerundet wird der positive Gesamteindruck durch die Kostüme und das Bühnenbild von Siegfried E. Mayer. Durch ein Oval in Form einer Irisblende, die sich individuell öffnen und schließen lässt, können immer wieder neue Räume geschaffen werden, während rechts oder links davon bereits der Umbau für die nächste Szene stattinden kann. Da das Musical mit rund 50 Szenen aufwarten kann, eine sehr gelungene Möglichkeit für fließende Übergänge zu sorgen. Ein Tipp an alle Leser, die nun mit dem Gedanken spielen, das Musical zu besuchen: Zu weit außen sollte man auf Grund dieser Bühnengestaltung nicht unbedingt sitzen, da einem sonst die ein oder andere Kleinigkeit des rundum gelungenen Abends entgehen könnte. Hier dann lieber ein paar Reihen nach hinten ausweichen, wenn man dafür einen etwas zentraleren Platz ergattern kann.

© Matthias Stutte

Am Ende bedankte sich das anwesende Premierenpublikum mit einem lautstarken und lang anhaltenden Applaus bei den Darstellern, dem Kreativteam und den Niederrheinischen Sinfonikern unter der Leitung des jungen Kapellmeisters Giovanni Conti für einen rundum gelungenen Premierenabend. Wer nun noch mehr über diese Inszenierung erfahren möchte, dem sei abschließend unser Bericht zur Aufführungsserie in Krefeld empfohlen.

Markus Lamers, 16. Januar 2024


Liebe, Mord und Adelspflichten
Musical von Robert L. Freedman und Steven Lutvak

Theater Mönchengladbach

Übernahmepremiere: 14. Januar 2024

Inszenierung: Thomas Weber-Schallauer
Musikalische Leitung: Giovanni Conti
Niederrheinische Sinfoniker

Trailer

Weitere Aufführungen: 20. Januar / 31. Januar / 2. Februar / 16. Februar / 5. März / 22. März / 24. März / 18. April / 19. Mai