Budapest, Ballett: „Don Quijote“, Léon Minkus

Nach den vielen „Schwanensee“-Terminen steht nun ein weiterer beliebter Ballettklassiker in der Budapester Staatsoper auf dem Spielplan: „Don Quijote“ nach einem Libretto von Marius Pepita basierend auf dem Roman von Miguel de Cervantes und einer mitreißenden Komposition von Ludwig Minkus hatte in der Choreografie von Alexander Gorsky, Marius Petipa, Kasyan Goleizovsky und Michael Messerer seine Premiere in Budapest im November 2016. Aktuell frisch einstudiert, mit farbenprächtigen, geschmackvollen Kostümen (von Nóra Rományi) in einem abwechslungsreichen Bühnensetting (von István Rósza) und mit passendem Licht (von Kirk Bookman) gefällt dieses dreiaktige Handlungsballett mit Prolog nach wie vor den Zusehenden sehr.

Viele ausverkaufte Aufführungen und insgesamt vier verschiedene Besetzungen – Ballettdirektor Tamás Solymosi kann bei seiner Compagnie, dem Ungarischen Nationalballett, aus dem Vollen schöpfen. In dieser Matinee-Vorstellung in der Ungarischen Staatsoper begeisterte eine hochkarätige Besetzung das Publikum.

©Valter Berecz

Allen voran reüssiert Maria Yakovleva bei ihrem Debut: in bester Spiellaune verkörpert sie alle Facetten der temperamentvollen Kitri. Sie wirbelt über die Bühne, flirtet mit Basil, ist widerspenstig, als ihr Vater Lorenzo den überkandidelten Adeligen Gamache für sie als Freier auswählt und ist damenhaft sittsam Don Quijote gegenüber. Mit hoher technischer Finesse und Perfektion zirkelt sie ihre Pirouetten, hält endlose Balancen, zeigt schöne Sprünge und ist damit stets tänzerisch präzise wie darstellerisch präsent. 

Ihr zur Seite Dmitry Timofeev als armer und daher unstandesgemäßer Barbier Basil, der mit einer Finte (seinen Selbstmord aus unglücklicher Liebe vortäuschend) doch noch den Segen zur Hochzeit mit seiner geliebten Kitri erhält. Sicheres Partner-Handling, raumgreifende Sprünge und variantenreiche Drehungen zeichnen seine Darbietung aus.

Sowohl Dumitru Taran (Debut) überzeugt bei seinem Solo im 2. Akt in der Wald-Szene im Lager des fahrenden Volkes durch Persönlichkeit und tänzerische Stärke wie die ebenfalls hier mit einem Solo debütierende Diana Kosyreva – die bereits zuvor im 1. Akt als Straßentänzerin sehr positiv aufgefallen ist. In den weiteren Partien gefallen Kristina Starostina als feurige Mercedes, Iurii Kekalo als Espada mit Grandezza, Yuki Wakabayashi als quirliger Amor und Olha Skrypchenko als elegante Königin der Dryaden (debütierend) sowie auch Julija Ragyus und Ellina Pokhodnykh als Kitris Freundinnen. Kóbor Demeter (Debut) geleitet würdevoll und von seiner Mission getragen als dem Stück namengebender Don Quijote durch die Handlung, begleitet von Vince Topolánszky als gewitzter wie treuer Sancho Pansa. Nicht namentlich angeführt sind der Schimmel, der Don Quijote als Ritter von der traurigen Gestalt in die Welt hinausträgt bzw. der graue Esel, der als Reittier für Sancho Pansa fungiert: beide Tiere erfüllen ihre Aufgaben inmitten des bunten Treibens im Bühnengeschehen mit Gelassenheit.

Das Publikum belohnt schon während der Vorstellung mit Jubelstürmen, Bravorufen und heftigem Applaus das grandiose Hauptpaar – langanhaltender Beifall gilt dann am Ende dieser Matinee auch den übrigen Solopartien und dem Corps de ballet sowie dem temporeich spielenden Orchester unter der schwungvollen Leitung von Thomas Herzog.

Als weitere Highlights bis zum Saisonende stehen in der Budapester Staatsoper u.a. noch die 7. Internationale Iván Nagy-Ballettgala (27.Mai) sowie die Ballettgala (24.Juni) anlässlich des 70. Geburtstages von Ildikó Pongor auf dem Programm; besonders gespannt sein darf man auf die bevorstehende Premiere (10.Juni) von „The Pygmalion Effect“, einer Choreografie von Boris Eifman (UA 2019 mit dem Eifman Ballet), das derzeit vom Ungarischen Nationalballett einstudiert wird.

Ira Werbowsky 30. April 2023

Besonderer Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)


„Don Quijote“

Budapest

Ungarische Staatsoper

23.04.2023

Choreografie:

Alexander Gorsky, Marius Petipa, Kasyan Goleizovsky, Michael Messerer

Dirigat: Thomas Herzog

Staatsopernorchester