Budapest: „Troy Game“/„La Sylphide“

Aufführung am 23.5.2014

Maskuline Eleganz gepaart mit klassischer Tanzpantomime

Den ersten Teil dieses Abends bildete die am 3. Oktober 1974 in Liverpool uraufgeführte Männer-Ballettparodie in einem Akt, „Troy Game“, des am 1. Juni 1945 in Charleston, USA, geborenen Choreographen Robert North (eigentlich Robert North Dodson). Seine Absicht war es, Männlichkeit gemischt mit „macho spirit“ im Tanz aus einer ironischen Sichtweise heraus aufzuzeigen. Die Musik stammte von Bob Downes (geb. 22.7.1937) unter Verwendung traditioneller Sambamusik. Für die Ungarische Staatsoper hat Julian Moss die originale Produktion mit den beiden ungarischen Ballettmeistern Levente Bajári und Csaba Solti einstudiert.

Die kriegerischen Kostüme, welche genug Raum zur Beobachtung der athletischen Physiognomie der Tänzer überließen, kreierte Peter Farmer. Ursprünglich wurde dieses Ballett von sechs Männern getanzt. Seit jener Zeit wird es aber üblicher Weise von 8 bis 17 Männern getanzt. Im ersten Teil sehen wir traditionelle Bewegungen des brasilianischen Capoeira, einer Kampfkunst der ehemaligen Sklaven, vermischt mit Elementen des japanischen Aikido, die stets humorvoll mit „gestellten“ Verletzungen präsentiert werden. Im zweiten Teil steigert sich dieses scheinbare „warm up“ der Tänzer mit gegenseitigen Neckereien zu einer regelrechten Burlesque- um nicht zu sagen „Boylesque“-, show. Selbstredend, dass die Musik vom Band ertönte. Aber das tat dem Abend keinen Abbruch. Das Programmheft führt als boy 1 bis boy 8 nachfolgende, allesamt exzellente und akrobatisch geschulte Tänzer an: Levente Bajári, József Cserta, Gergely Leblanc, György Jullinek, Dénes Darab, Dávid Molnár, Yuya Takahashi und Viktor Ali Tabbouch. Das Publikum tobte bei so viel an geballter Männlichkeit, was in Budapest keine Selbstverständlichkeit ist!

Der zweite Teil des Abends bestand aus dem klassischen Ballett in zwei Akten La Sylphide von Herman Severin Løvenskiold (1815-1870) nach der traditionellen Choreographie von August Bournonville (1805-79) von Maina Gielgud für das Ballett der Ungarischen Staatsoper einstudiert. Der norwegische Komponist, der auch eine Oper „Turandot“ (1854) komponierte, hatte die ursprüngliche Musik zu diesem Ballett des Franzosen Jean-Madeleine Schneitzhoeffer (1785-1852), welches mit der Choreographie von Filippo Taglioni (1777-1871) am 12. März 1832 im Théâtre de l’Academie Royale de Musique in Paris mit der berühmten Marie Taglioni (1804-84) in der Titelrolle uraufgeführt wurde, um einige original schottische Melodien vermehrt. Diese sogenannte zweite Fassung wurde dann an der Königlichen Oper in Kopenhagen mit einer Neufassung der Choreographie des Franzosen durch August Bournonville am 28. November 1836 mit Lucile Grahn (1819-1907) als Sylphide uraufgeführt. Und eben diese Fassung wurde und wird noch an der Ungarischen Staatsoper in den romantischen Bühnenbildern von Attila Csikós und den prächtigen, schottisches Lokalkolorit verströmenden Kostümen von Dalma Závodszky dargeboten.

Die bekannten Handlung des Balletts liegt die Grusel-Novelle „Trilby“ (1822) von Charles Nodier (1780-1844) zu Grunde. Cristina Balaban war in der Rolle der Sylphide mit ihren vielen Spitzenschritten ein wahrhaft anmutig dahin schwebendes Feenwesen. Jevgenyij Lagunov gab den ihr völlig verfallenen Bräutigam James Ruben und zeigte im zweiten Akt einige bemerkenswerte Sprungkombinationen. Eine dankbare Rolle, die höchstes schauspielerisches Talent erfordert, ist natürlich jene der Hexe Madge, diesmal beeindruckend vorgeführt von Dávid Miklós Kerényi. Adrienn Pap als verlassene Braut Effie und Carlos Taravillo als Jäger Gurn, der sie anhimmelt, ergänzten spielfreudig. Anikó Nagy war eine rührselige Zofe Anne. Die Königin der Sylphiden wurde von Kim Minjung getanzt. In einem Pas de deux traten noch die Sylphiden Ninio Matiashvili und Lilla Purszky, letztere noch in der Rolle der Brautjungfer Nancy, auf.

Am Pult des Orchesters der Ungarischen Staatsoper agierte Maestro Gergely Kesselyák gewohnt umsichtig und erreichte damit, dass der etwas verstaubten romantischen Musik neue Lebensenergie zugeführt wurde. Das Publikum zeigte sich von den dargebotenen tänzerischen Leistungen der Mitwirkenden beider Ballette sehr angetan und spendete eifrig Beifall. Für die Sylphide gab es natürlich auch einen höchst verdienten Blumenstrauß!

Harald Lacina, 26.5.2014

Fotos: Szilvia Csibi