Wien: „Le Corsaire“

Vorstellung am 03.01.2020

Technische Perfektion

Unumstrittener Star der wahrscheinlich letzten „Corsaire“-Vorstellung (Anm.: Direktionswechsel in der Spielzeit 2020/21) am Haus am Ring war der koreanische Gastsolist Kimin Kim, welcher bereits in der Nurejew Gala 2019 das Publikum zu frenetischem Applaus hinriss. Er ist ein Conrad, der vom ersten Augenblick an die Bühne mit seiner feurigen Präsenz füllt, mühelos sehr hohe Sprünge zum Besten gibt, aber auch eine sympathische Rollengestaltung an den Tag legt. Für die kraftvollen Manegen im Grand Pas des 2. Aktes gibt es verdienten Szenenapplaus. Ein grand danseur noble, wie er im Bilderbuche steht, eine Freude, solch einen hochkarätigen Tänzer zu bejubeln! Technische Perfektion gibt es auch bei Liudmila Konovalova zu bewundern, die vor allem mit einer präzisen Fussarbeit und klaren Linien glänzt (wie man sie besonders als Dornröschen, oder Odette/Odile schätzen gelernt hat), jedoch bedauerlicherweise über den ganzen Abend eher kühl wirkt, die verliebte Médora bleibt sie dem Publikum für dieses mal schuldig. Kiyoka Hashimoto ergänzt das Protagonisten-Trio als spielfreudige, herzlich-selbstbewusste Gulnare – besonders anmutig im 3. Akt, dass man sich auf jede ihrer Variationen freuen kann – und wird allen technischen Herausforderungen mehr als gerecht.

Als Lanquedem überzeugt der charakterstarke Mihail Sosnovschi sowohl mit leichten Sprüngen, als auch mit einer facettenreichen Interpretation. Hervorragend besetzt sind auch der Intrigant Birbanto (sprungsicher: Davide Dato) und seine Gefährtin Zulméa (geschmeidig: Ioanna Avraam), wie auch die lieblichen Odalisken (Eszter Ledan, sowie die Rollendebütantinnen Natalya Butchko und Chiara Uderzo).

Zu vermehrten Hustenreizen im Publikum sorgte ein Räucherstäbchen, das Seyd Pascha (würdevoll: Alexis Forabosco) im 3. Akt in einen seligen Traum beförderte, so dass auch zu Beginn des Walzer-Traums (besonders positiv fällt bei den Walzer-Solistinnen Anita Manolova auf) das Orchester durch unfreiwillige Räusperer untermalt wurde.

Das Corps de Ballet glänzt einmal mehr durch Harmonie, die Ballettakademie der Wiener Staatsoper fügt sich im Walzer gut ein.

Grossen Applaus gab es für den Dirigenten Valery Ovsyanikov, welcher das Orchester der Wiener Staatsoper beschwingt durch die gefälligen (und im Finale 1 etwas D-Dur-dominierten) Melodien von Léo Délibes führte.

Katharina Gebauer

Bilder (c) Staatsballett