Wuppertal: „Der Toreador“

Besuchte Premiere am 19.01.14

Das Wandern ist des Sängers Lust

In seinem letzten Jahr als Wuppertaler Operndirektor erfüllt sich Johannes Weigand den Wunsch, mit mobilen Produktionen durch das "Tal" zu reisen, was Sinn hat, denn im Opernhaus stehen sich Oper, Tanztheater und Schauspiel gegenseitig auf den Hacken, so daß noch Kapazitäten bleiben, mit Wanderproduktionen Werbung für die Oper zu machen. Mit der Odysseus-Oper von Terzakis ging es reihum in verschiedene Schulen, die Kirchenoper "Maria Egiziaca" tourt durch einige Kirchen des Städteverbunds, mit der dritten Produktionen zieht es die Oper in Betriebe, die mit entsprechenden Hallen Aufführungsorte stellen können, die Nachfrage scheint groß zu sein.

Objekt der Aufführung ist Adolphe Adams kleine Trouvaille "Der Torero oder Liebe im Akkord", zwei Akte, circa achtzig Minuten Spieldauer voller amüsant beschwingter Musik. Die Handlung ist fast bedeutungslos der Ex-Torero Don Belfor hat Coraline aus Gelddingen geheiratet. Diese unglückliche Ehe wird durch den Flötisten Tracolin bereichert, einen früheren Schwarm der ehemaligen Opernsängerin. Man einigt sich schließlich zu einem, für diese Zeit recht frivolen, Qui-pro-Quo. Die Musik zu diesem szenischen Nichts birst vor melodiösen Einfällen, geistreichen musikalischen Anspielungen voll schöner Aufgaben für die drei Sänger.

Tobias Deutschmann leitet das gar nicht klein besetzte Orchester mit der nötigen Leichtigkeit und bringt Adams Einfälle in ihrer Grazie zum Leuchten, dabei wird sehr auf die Durchhörbarkeit des spezifischen Raumes, hier die Alte Schmiede der Firma Knipex in Wuppertal-Kronenberg, geachtet. Björn Reinke findet in seiner Inszenierung den leichten, rechten Tonfall für diese musikalische Commedia dell `arte und garniert das Gestern mit ein paar zeitgenössischen Kalauern, wie dem Entzücken auslösenden Paketboten, was beim Publikum bestens ankommt. Ein kleiner, grüner Wohnbunker und ein paar Requisiten, schnell an andere Orte zu transportieren, reicht an Bühnenbild. Ausstatterin Monika Frenz läßt es dafür auf drei hübsch bunte Kostüme ankommen, um für den Bühnenzauber zu sorgen, was ausreicht. Denn die drei Sänger spielen ihre Partien überbordend und raumfüllend, zwar ist Dariusz Machej mit etwas ausladendem Bassbariton gesegnet, was zu dem polternden Ex-Torero gut passt; Nathan Northrup nicht mit dem schönsten aller Tenorstimmen ausgestattet, was er durch gutes Stilgefühl und szenische Präsenz ausgleicht, doch kommt es in erster Linie auf die vokale Anwesenheit von Elena Fink an. Die Coraline ist die Primadonna des Stückes, was die Sopranistin mit stupenden Koloraturgirlanden gekonnt unterstreicht, man meint, je höher, je besser klingt ihre Stimme. Ein leicht maliziöser Gestus toppt den Effekt dieser Partie ebenso.

Nach gut gelaunten achtzig Minuten ist der Spaß schon zu Ende und das beschwingte Publikum zahlt mit den Händen reichlichen Applaus. Jede der folgenden Aufführungen wird an einem anderen Ort stattfinden, also rechtzeitig informieren und buchen, denn der Vorverkauf läuft gut. Eine Empfehlung für alle Opernfreunde diese Rarität einmal zu erleben, denn Adolphe Adam kennt man doch eigentlich nur noch durch das Ballett "Giselle", selbst "Der Postillion von Lonjumeau" ist nur noch lediglich durch Titel und Arie bekannt. Mit dieser reizenden Aufführung setzen die Wuppertaler Bühnen ein eindeutiges Zeichen für die schmählich vernachlässigte Opera Comique. Wer traut sich noch?

Martin Freitag 27.01.14
Bilder: Wuppertaler Bühnen