Wuppertal: „Tristan und Isolde“, Richard Wagner (zweite Besprechung)

Wuppertals neue Opernintendantin Rebekah Rotah biet in dieser Saison einen attraktiven und abwechslungsreichen Spielplan, bringt Händels „Alcina“, Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ und das „Cinderella“-Musical von Richard Rodgers. Nach der experimentellen Saisoneröffnung mit „Angels Bone“ in der Alten Glaserei, kann jetzt auch wieder das Opernhaus bespielt werden, dass nach dem Schaden von Hochwasser vom Juli 2021 renoviert werden musste. Geboten wird Wagners „Tristan und Isolde“, sodass auch Generalmusikdirektor Patrick Hahn mit seinem Orchester groß aufzutrumpfen kann.

Problematisch ist aber, dass beide Werke, mit denen Rotah ihre Intendanz beginnt, zum größten Teil mit Gästen besetzt ist. Zudem haben die meisten Sänger aus der Intendanz von Berthold Schneider keine Vertragsverlängerung erhalten. Die Möglichkeit sich für das Wuppertaler Publikum über die Sänger mit dem Haus zu identifizieren, gibt es somit erstmal nicht.

(c) Matthias Jung

Mit Sangmin Jeon ist immerhin ein Tenorliebling des Wuppertaler Publikum aus der Schneider-Intendanz in den kleinen Rollen des Hirten und des jungen Seemanns dabei. Jeon singt das mit schönem und wohlklingenden lyrischen Tenor. Neu im Ensemble ist Erik Rousi als König Marke. Die Stimme klingt jugendlich und frisch, ist aber noch nicht ganz ausgereift. Trotzdem gestaltet er Markes Monolog mit viel Gefühl.

Den stärksten Auftritt hat Gast–Sopranistin Stephanie Müther als Isolde, die kurzfristig eingesprungen ist. Das NRW-Publikum kennt sie schon als Turandot und Ortrud in Dortmund und von ihren Brünnhilden im dortigen Konwitschny-Ring. Die Isolde hat sie schon in Chemnitz gesungen. In Wuppertal beeindruckt sie mit großem und warmen Sopran. Sie stürzt sich mit Leidenschaft in die Partie, ohne dass ihre Stimme scharf wird und füllt das Theater mühelos mit ihrer raumgreifenden Stimme.

Gast-Tenor Samuel Sakker verfügt über wenig Strahlkraft, schlägt sich als aber Tristan wacker und teilt sich die Rolle ökonomisch ein. Die Brangäne wird von Gast-Mezzosopranistin Jennifer Feinstein vom Staatstheater Karlsruhe gesungen: Sie verfügt zwar über eine große Laustärke und viel Energie, jedoch wirkt die Stimme kalt und teilt sich in einen metallischen Mezzo und einen kehligen Alt. Der niederländische Gast-Bariton Martijn Sanders, der in Wuppertal den Kurwenal singt, ist sonst meist auf den Opern-und Konzertbühnen seiner Heimat zu erleben. Unangenehm fällt sein starkes Vibrato auf langen Tönen auf.

Wuppertals GMD Patrick Hahn lässt sein Orchester großartig aufspielen. Er weiß genau, wo er kammermusikalische Ruhepole und symphonische Höhepunkte setzen muss. Das Sinfonieorchester Wuppertal musiziert einen klangschönen „Tristan“, und am Ende der Pausen spielen drei Trompeter im Foyer sogar Fanfaren, die das Publikum zurück in den Saal rufen. 

(c) Matthias Jung

Die Inszenierung lässt den Rezensenten zwiespältig zurück: Regisseur Edison Vigil bringt die Geschichte nachvollziehbar und verständlich auf die Bühne, was eigentlich ein Pluspunkt sein sollte. Dabei beschränkt er sich aber auf Rampensingen und Händeringen. Eigene Sichtweisen bringt er nicht ein. Dorothee Joisten kleidet die Akteure in Kostüme mit keltischen Symbolen.

Optisch dominierend sind die Videos von Martin Andersson: Im ersten Akt sieht man ganz realistisch ein Meer unter einer Wolkendecke. Im zweiten Akt wird es dann symbolisch: Zum Liebesduett erblüht eine wunderschöne Pflanzenlandschaft, die beim Auftritt Markes in einem Feuermeer verglüht. Im dritten Akt befinden wir uns in einer riesigen Grotte, die von Bühnenbildner Lukas Noll entworfen wurde. Die Videos spielen nun eine untergeordnete Rolle.

Rudolf Hermes, 27. Oktober 2023


Tristan und Isolde
Richard Wagner

Wuppertaler Bühnen

Besuchte Premiere: 22. Oktober 2023

Konzept und Regie Video: Martin Andersson
Regie Bühne: Edison Vigil
Dirigat: Patrick Hahn
Sinfonieorchester Wuppertal