Wiesbaden: „Salome“

Vorstellung am 17.02.2019

Salome der Kontroverse

Als weitere Opern-Premiere präsentierte das Hessische Staatstheater eine umstrittene „Salome“ (Richard Strauss) des französischen Produktions-Teams Le Lab – Jean-Philippe Clarac – Olivier Deloeuil (Regie – Bühne – Kostüme). Man verlegte die Handlung in die Gegenwart, ein Gesellschaftsabend mit langweiliger Party auf dem Dach eines Hochhauses (?) ohne personellen Tiefgang. Der Hausherr ein Liebhaber der Astrologie, der Rest der Gäste keine besonderen Spezies, Jochanaan kein Prophet eher ein verirrter Fanatiker, lediglich die ausgezeichnet profilierten und kostümierten Juden gaben dem Ganzen ein spezifisches Gepräge. Zwei Videowände adaptierten den fokussierten Mond, Planeten- und Wüstenlandschaften, Personen, allerlei Unnötiges völlig kontrovers zum Geschehen sowie die minutiöse Hinrichtung auf den Seziertisch. Mit viel Contra und wenig Pro wurde das Team bedacht.

Dagegen ließen die erfreulichen musikalischen Komponenten das dubiose szenische Debakel schier vergessen. Absolute Stars der Aufführung blieben nach wie vor Richard Strauss sowie GMD Patrick Lange am Pult des bestens disponierten Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden. Vortrefflich ließ der einfühlsame Dirigent die grandiose Partitur erklingen, in prächtiger Dichte flossen überwältigende Passagen ineinander, feinsinnige Lyrismen, emotionale Momente von klangvoller Schönheit sowie konträre typische Klangkonstruktionen des Komponisten wurden prächtig ausgelotet. Lange trug seine Solisten zu flüssigen Tempi, besten Instrumental-Balancen der Orchestergruppen regelrecht auf musikalischen Händen. Lasziv, exotisch sich zur finalen symphonischen Ekstase steigernd erklang Der Tanz der sieben Schleier (welcher ohnedies nur akustisch stattfand).

Großartig gestaltete Thomas de Vries den religiösen Fanatiker Jochanaan. In bester Phrasierung und feinen Nuancen ließ der exzellente Bassbariton sein voluminöses klangschönes Material erstrahlen.

Fernab der gewohnten Charakterstudie des Herodes sang Frank van Aken mit schönem Timbre, intakten tenoralen Attributen einen noch jüngeren agilen Tetrarchen. Simon Bode gestaltete mit hell strahlender Tenorstimme den schwärmerischen Narraboth. Den warnenden Pagen verkörperte Silvia Hauer. Vorzüglich erklangen die Stimmen von Young Do Park, Daniel Carlson, Doheon Kim, Nicolas Ries, Maike Menningen (Nazarener, Soldaten, Capadocier, Sklave). Dem nervenden Gezeter der fünf Juden liehen Rouwen Huther, Erik Biegel, Christian Rathgeber, Ralf Rachbauer, Philipp Mayer die differenzierten Stimmlagen.

Regelrecht als unangenehm klingende Keife umriss Andrea Baker die Herodias. Sie ist in Wahrheit ihrer Mutter Kind – pflegte Herodes über seine Stieftochter zu bemerken, wahrlich!

Doch nein, sie übertraf sie in überreichem Maße. Attraktiv in eleganter Robe kam eine junge schöne Frau (Sera Gösch) daher, die Töne erzeugte, welche erschauern ließen. Ich kann mich während meiner bisherigen (41) Salome-Interpretinnen nicht erinnern, eine derart schrille farblose Sopranstimme erlebt zu haben. Sorry, das nenne ich eine Zumutung. Wo hatten die Verantwortlichen ihre Ohren? Nach welchen Kriterien engagiert man derart inkompetente, komplett überforderte Personen?

Leistungsgerecht verteilte Honneurs des Premieren-Auditoriums, besonders stark für de Vries und GMD Lange.

Gerhard Hoffmann 18.2.2019

Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)

Bilder (c) Forsters