Im Jahr 1994 erschien der Film Priscilla – Königin der Wüste des australischen Regisseurs und Drehbuchautors Stephan Elliott. Der Film ist eine Mischung aus Tragikomödie und schrägem Roadmovie, in dem zwei Drag Queens und eine Transsexuelle gemeinsam durch das australische Outback reisen. Der Low-Budget-Film wurde zu einem großen internationalen Hit und erhielt 1995 einen Oscar für das beste Kostümdesign. Für den Soundtrack wurden bekannte Hits aus den 1970er- bis 1990er-Jahren verwendet, von Gloria Gaynor über Vanessa Williams bis zu den Village People. Nach der Jahrtausendwende schrieb Elliot gemeinsam mit Allen Scott das Drehbuch zu einem Musical um, welches im Jahr 2007 uraufgeführt wurde und seitdem sehr erfolgreich auf verschiedenen internationalen Bühnen zu sehen war. Hierbei fanden zahlreiche weitere Hits Berücksichtigung, die unter anderem auch in der LGBTQ-Szene sehr beliebt sind, wie beispielsweise Like a Prayer, Hot Stuff, Girls Just Want to Have Fun, It’s Raining Men, What’s Love Got to Do with It, True Colors oder I Will Survive. Das Musical gleicht einem wahren Hit-Feuerwerk und erzählt gleichzeitig eine berührende Geschichte über Freundschaft und Akzeptanz. Die deutschsprachige Erstaufführung fand im Dezember 2017 am Staatstheater am Gärtnerplatz in München statt. Nach mehreren erfolgreichen Spielzeiten bis ins Jahr 2021 war dieses Musical in Deutschland anschließend leider in keiner weiteren professionellen Produktion zu sehen. Eine von BB Promotion geplante englischsprachige Aufführung im Kölner Musical Dome musste aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Dabei ist die Botschaft des Stücks gerade heute wichtiger denn je.

Zum Inhalt: Travestiestar Tick (Adrian Becker) erhält eine Nachricht von seiner Ex-Frau Marion (Gülfidan Söylemez), mit der er einen gemeinsamen Sohn hat. Da er sich schämt, hat er dem Jungen bislang nie von seiner Tätigkeit als Drag Queen erzählt. Auch über seine inzwischen eingestandene Homosexualität schweigt er lieber, sodass er sich bereits vor Jahren von seinem Sohn zurückzog, um ihn nicht mit der Wahrheit „zu belasten“. Dieser vermisst seinen Vater allerdings, weshalb seine Ex-Frau nun einen Auftritt für ihn in ihrer Heimat im Casino von Alice Springs organisiert hat. Hierzu muss Tick, wie eingangs erwähnt, eine lange Reise durch das australische Outback unternehmen. Begleitet wird er dabei von seinem jungen Kollegen Adam (Tobias Bieri) und der alternden Transsexuellen Bernadette (Gerben Grimmius). Obwohl Adam und Bernadette sich zunächst nicht wirklich mögen, reisen sie Tick zuliebe zusammen in einem umgebauten Bus durchs Outback. Diesen haben sie liebevoll „Priscilla – Queen of the Desert“ getauft. Auf ihrer Reise stoßen sie auf allerlei Widerstände und homophobe Einstellungen der Einwohner in den kleinen Dörfern, die sie durchfahren. Kurz bevor Adam, aufgemacht als Felicita, Opfer eines Gewaltverbrechens wird, kann Bernadette rettend eingreifen. Zudem macht auch „Priscilla” zunehmend Probleme, doch die drei kennen sich mit Automotoren überhaupt nicht aus. Nach einer Panne lernen sie den Mechaniker Bob (Benjamin Eberling) kennen, der ihnen bei der Reparatur des Busses hilft. Es stellt sich heraus, dass er Bernadette bereits vor vielen Jahren in Paris gesehen hat, als sie dort mit der Gruppe Les Girls aufgetreten ist. Er schwärmt noch heute von dieser Begegnung, so dass sich Bob und Bernadette langsam näher kommen. Schließlich wird auch Bob ein Teil der Reisegruppe. In Alice Springs angekommen, trifft Tick endlich auf seinen lange vermissten Sohn, der seinen Vater so annimmt, wie er ist, und sich einfach nur freut, ihn wieder bei sich zu haben.

Priscilla – Königin der Wüste ist ein energiegeladenes Musical mit großen Hits, einer guten Prise Humor und vor allem einer herzerwärmenden Geschichte. Regisseur Ulrich Wiggers bringt es trefflich auf die große Bühne der Freilichtspiele Tecklenburg. Allerdings beinhaltet das Stück auch eine Menge teilweise sehr derber sexueller Anspielungen, die sicherlich nicht jedermanns Geschmack sein dürften. Auch die schrillen und bunten Kostüme von Fabienne Ank zeigen teilweise viel Haut. Dennoch sind es in Wiggers‘ Inszenierung die eher stillen Momente, die im Gedächtnis bleiben. Der innere Kampf von Tick, sich selbst so zu akzeptieren, wie er ist. Die Erkenntnis des jungen Adam, dass man mit zu viel Provokation sehr schnell den Bogen überspannen kann. Oder Bernadettes Auseinandersetzung mit dem Thema Alter. Aus den unterschiedlichsten Individuen entsteht schließlich eine Freundschaft, die für ein fröhliches Happy End sorgt. Fröhlich stimmen übrigens auch die Kostüme der australischen Tierwelt. Vom Känguru über den Koala bis zur Riesenspinne ist alles dabei, in wunderbaren Choreografien von Francesc Abòs auf die Bühne gebracht.

Zu sehen ist Priscilla – Königin der Wüste in Tecklenburg noch bis zum 22. August 2025. Ein Feuerwerk aus großen Hits, trifft auf ein Musical voller Gefühl, mit einer Botschaft für Toleranz und Menschlichkeit. Sehenswert!
Markus Lamers, 27. Juli 2025
Priscilla – Königin der Wüste
Musical von Stephan Elliott und Allan Scott
Freilichtspiele Tecklenburg
Premiere: 20. Juni 2025
besuchte Vorstellung: 4. Juli 2025
Inszenierung: Ulrich Wiggers
Musikalische Leitung: Giorgio Radoja
Orchester und Chor der Freilichtspiele Tecklenburg
Weitere Aufführungen: 2./ 3./ 7./ 8./ 16./ 17./ 21. und 22. August 2025