Basel: „Cow“

Lautstärke stört den optischen Eindruck eines gut choreografierten Balletts!

Beim Besuch einer Disco oder eines Rockkonzertes stelle ich mich auf extreme Lautstärken ein und bin dann eher überrascht, wenn die gefühlte Lautheit nicht den Erwartungen entspricht, die Lautstärke eher tiefer ist.

Wenn ich im Theater in einen Ballett-Abend besuche, sind meine Erwartungen anders. Ich stelle mich auf angenehmere Pegel ein, um das Geschehen auf der Bühne zu verfolgen.

Gestern Abend jedoch, im Theater Basel anlässlich Premiere des Balletts "COW", Choreografie von Alexander Ekman, wurde meine Erwartungshaltung schwer enttäuscht. Wahrscheinlich auf Ansuchen des Choreografen und/oder des Komponisten wurde die Lautstärke auf die gesetzlich höchstmöglichen werte eingepegelt.

Aus diesem Grunde wummerte die Musik des Komponisten Mikael Karlsson mit einer Lautstärke daher, welche es verunmöglichte, die Arbeit der Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne zu geniessen. Ich habe Rockmusicals UND Rockkonzerte besucht, Rockfilme angeschaut, zuletzt "BOHEMIAN RHAPSODY", mit Musik von QUEEN, nirgends war die Lautstärke so hoch wie gestern im Theater Basel.

Auf Anfrage teilte man mir mit, dass die gesetzlichen Vorschriften, betreffend der Lautstärken- eingehalten werden. Nun sind diese Vorschriften Obergrenzen welche vor allem Ohrschäden verhindern sollten, also rein objektive Messwerte. Dazu kommt, dass diese Messwerte die Dauer der Belastung beinhalten. Diese Dauer war gestern natürlich nicht sehr lang, aber gefühlt zu lang! (DIN Norm 15905-5 Schutz des Publikums)

Das subjektive Lautheitsempfinden jedoch ist für jeden Menschen individuell. Ich bin, als ehemaliger Toningenieur, an Lautstärken gewohnt und kann sehr wohl beurteilen, wie störend Lautstärke sein kann. Gestern störte sie! Wenn mir während 10 Minuten eine hohe Lautstärke vorgesetzt wird, ist das zu lang, auch wenn dann eine Szene mit angenehmen Pegeln folgt. Szene "REGELN" war OK, Szene "GAMUT" zu laut, Szene "STIERE" (Pas de trois) angenehm, Szene "STAMPEDE" zu laut.

Ich weiss nicht, wer für die exzessive Lautstärke verantwortlich war, es interessiert mich auch nur am Rande. Für Theaterbesucher, Ballettbesucher wurde auf jeden Fall die Grenze des Üblichen überschritten.

In der Hälfte der dritten (Gamut) Szene hatte ich genug Gewummer und verliess den Zuschauerraum. Schade! Eigentlich wäre ich an der Choreografie von Ekman interessiert gewesen. Was ich von der Arbeit des Balletts Basel gesehen habe, war sehr ansprechend. Aber eben: Nach den ersten 30 Minuten war für mich die Lautstärke nicht mehr erträglich. Ich verliess den Zuschauerraum!

Als positives Beispiel für die vernünftige Einspielung ab Tonträger möchte ich das Ballett "DER UNERWARTETE GAST" von Estefania Miranda im KONZERTTHEATER BERN erwähnen. Auch dort wurde moderne, sehr basslastige Rockmusik verwendet, komponiert von Jorg Schellekens. Die Lautstärke war sehr angenehm, trotz genügendem Schalldruck.

Peter Heuberger, 26.11.2019

Fotos © Lucia Hunziker