Basel: „Requiem“, Wolfgang Amadeus Mozart

„Mozarts Missa pro defunctis ist kein totes Werk, sondern wird ständig wiedergeboren. Es ist eine Ode an das Leben und an die Kreativität der Menschheit. Und in diesem Lebenszyklus gehört das Sterben auf natürliche Weise dazu. Vom Aussterben der Dinosaurier bis hin zum Verlust von Sprachen und Kulturen ist die Vergänglichkeit Teil unserer Welt.“ steht im Programmheft.

© Ingo Höhn

Dies ist der rote Faden, welcher durch die Inszenierung von Romeo Castellucci führt. Die fragmentarische Komposition Mozarts wird im Laufe der Aufführung ergänzt und erweitert durch weitere Kompositionen Mozarts sowie zwei Chorälen aus unbekannter Hand. Die musikalische Leitung liegt bei Ivor Bolton. Er führt mit seinem Dirigat das Sinfonieorchester Basel durch die nicht einfach zu interpretierende Musik. Seine Arbeit als Chefdirigent mit dem Mozarteum-Orchester Salzburg verhilft ihm zu einem vertieften Verständnis dieser Inszenierung, welches hörbar zur Geltung kommt. Der Chor des Theater Basel wird in dieser Produktion gefordert. Die Einstudierung des Chores liegt in der bewährten Hand von Michael Clark. Die Chorgemeinschaft meistert diese Herausforderung mit Bravour, mit hervorragender Musikalität, guter Diktion und viel Spiellust.

Die Inszenierung wird geprägt durch Szenen mit Großaufmarsch von Chor, Statisterie und Solisten. Aus diesem Grunde ist es fast nicht möglich, die Arbeit der einzelnen Sängerinnen und Sänger auf der Bühne zu beurteilen. Alle Sänger glänzen durch saubere Intonation und hervorragende Diktion. Aber speziell erwähnen darf ich den Knabensopran Eugen Vonder Mühll, Mitglied der Knabenkantorei Basel. Als Sopranistin ist die Isländerin Álfheiður Erla Guðmundsdóttir zu hören. Sophie Kidwell, Mitglied des Opernstudio OperAvenir, singt den Part der Altistin, Ronan Caillet die Tenor-Partie, André Morsch den Baß. Das Ballett zusammen mit der Statisterie umrahmen und unterstreichen die positiven Aspekte unserer Welt, unserer Umgebung – auch wenn der Tod, die Vergänglichkeit allgegenwärtig und unabdingbar sind.  Diese Vergänglichkeit wird im Hintergrund illustriert durch eine Auflistung von ausgestorbenen Tieren und verschwundenen Pflanzen. Das ergibt einen eindrücklichen Kontrast zu der farbenfrohen Bekleidung der diversen Tanzgruppen im Vordergrund und verstärkt trotz des ernsten Themas die positive Stimmung, welche durch die ganze Produktion zu fühlen und zu erleben ist.

© Ingo Höhn

Die Personenführung Romeo Castelluccis ist zielgerichtet und nimmt auf die besondere Spiel-Situation aller Protagonisten in dieser Inszenierung Rücksicht. Trotz der fehlenden dramaturgischen Handlung, kommt in der eineinhalb Stunden dauernden Aufführung nie Langeweile auf. Man wird nicht müde, sich mit dem Geschehen auf der Bühne zu beschäftigen, ja sich damit zu identifizieren. Und das ist etwas, was nicht immer geschrieben oder gesagt werden kann.

Die Inszenierung ist eine Ko-Produktion mit dem Festival d’ Aix-en-Provence (Premiere dort am 3. Juli 2019) und dem Adelaide Festival. Eigentlich war vorgesehen, diese Oper in der Spielzeit 20/21 in Basel zu zeigen. Dies musste Corona-bedingt abgesagt werden.

© Ingo Höhn

Es ist dem Theater Basel zu danken, dass dieses doch komplexe Werk in Basel aufgeführt wird. Das sehr zahlreich erschienene Publikum bedankte sich bei allen Künstlern mit langanhaltendem Applaus.

Peter Heuberger, 23. April 2024


Requiem
Wolfgang Amadeus Mozart

Theater Basel

Premiere: 20. April 2024

Ko-Produktion mit dem Festival d’ Aix-en-Provence
und dem Adelaide Festival

Inszenierung, Bühne, Kostüme: Romeo Castellucci
Choreografie: Evelin Facchini
Musikalische Leitung: Ivor Bolton
Sinfonieorchester Basel