Premiere am 17.8.13
Sommeroper in Kiel auf dem Rathausplatz
Als es in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel im August vorigen Jahres erstmals eine sommerliche Freilichtaufführung einer Oper gab, war der künstlerische und besuchsmäßige Erfolg enorm. Der verlockte zur Wiederholung – zumal die Kieler Wirtschaft das Vorhaben großzügig mit namhaften Beträgen unterstützt und überdies Übertragungen auf Großeinwand in den Bootshafen und auf den Vineta-Platz im Problemstadtteil Gaarden ermöglicht. Und die Nachfrage ist riesig: Für das diesjährige Spektakel „Der Troubadour“ waren schon Wochen zuvor fast alle Vorstellungen ausverkauft.
Spektakel: Denn wie die Premiere an diesem Sonnabend wieder einmal zeigt, ist der Rathausplatz für eine Freilichtbühne denkbar ungeeignet. Erneut zeigt sich als Problem, dass das Orchester abseits der Bühne in einem Zelt untergebracht ist. Zwar ist die Seitenfront diesmal durchsichtig und ermöglicht den Zuschauern mit einigen Kopfverenkungen, den Dirigenten Generalmusikdirektor Georg Fritzsch und die Seinen zu sehen. Aber nach wie vor hat dieser mit dem Geschehen auf der Bühne nur über einen Bildschirm Kontakt, während die Mitwirkenden überhaupt keinen haben. Für die Solisten höchst anstrengend, wie der Sänger des Troubadours beim Schlussbeifall deutlich macht. Das Ergebnis bleibt unbefriedigend: Mehr als einmal lassen sich Orchester und Solisten nicht in Einklang bringen. Die Musiker sind schon fertig, während noch deutlich länger gesungen wird.
Die Sänger werden über Microports verstärkt, und das bringt zu Beginn deutliche Probleme. Die herrliche Stimme der Serena Daolio als Leonora wird bei deren ersten Auftritt deutlich verzerrt. Das bekommen die Techniker glücklicherweise rasch in den Griff, ebenso, wie ihnen auffällt, dass die Übertitel anfänglich fehlen. Der Inhalt der ziemlich verworrenen Verdi-Oper wird am Anfang und zu Beginn des zweiten Teils über Lautsprecher erläutert. Das ist auch nötig, denn die Handlung ist bekanntlich kompliziert, und wird sie in Kiel in der Regie des Generalintendanten Daniel Karasek kaum deutlicher. Dem gelingen zwar einige großartige Massenszenen – etwa im Zigeunerlager, wo die Roma keine Kessel flicken, sondern Autos reparieren und pflegen. Sonst aber weiß Karasek die Weite der Bühne (Bühnenbild: Norbert Ziermann) kaum zu nutzen. Er überlässt sowohl die Solisten als auch weitgehend den Chor (von Barbara Kler einstudiert) sich selbst. Und so wird fast den ganzen Abend über sehr statuarisch, manchmal gar an der Rampe gesungen. Da wird eigentlich mehr erwartet!
Musikalisch aber ist dieser Abend dennoch ein großartiges Erlebnis; auch dank der herrlichen Stimmen der Solisten und des Chors, den allerdings Die Kostümbildnerin Claudia Sielmann teilweise in recht merkwürdige Unifomen gesteckt hat. Die meisten Rollen sind doppelt besetzt. Am Premierenabend glänzen Jesus Garcia als Manrico, Cristina Melis als Azucena, Serena Daolio als Leonora, Tomohiro Takada als Graf Luna, Lesia Mackowycz als Ines und Thomas Scheler als Ruiz. Lunas Hauptmann Ferrando gibt Christoph Woo.
Das Premierenpublikum auf der ausverkauften Tribüne tobt vor Begeisterung bis zum abschließenden Feuerwerk. Für die weiteren Vorstellungen bis zum 25. August gibt es nur noch Restkarten.
Horst Schinzel, 18.08.13
Fotos Olaf Struck