Magdeburg: „Don Pasquale“

Stephanos Tsirakoglou/Paul Sketris/Gocha Abuladze/andere Norina

Das war hübsch überdreht und teilweise ins Surrealistische gewendet, wie Christian Poewe die bekannte Commedia-dell’arte-Geschichte vom gefoppten Alten, der unbedingt ein junges Ding heiraten will, auf die Bühne gebracht hat. Dazu hatte Lena Brexendorff die Akteure in charakterisierende, plakative Kleidung unserer Zeit gesteckt und Christiane Hercher ein bunt ausgeschlagenes Bühnenpodest erstellt, auf dem schnelle Szenenwechsel angesagt waren. Die Hochzeitsszene geriet geradezu grotesk, als der angebliche Notar (Paul Sketris) als hüftenschwingende Elvis-Karikatur die Trauformeln rockte und sich dazu fünf weitere Hochzeitspaare im gleichen Dress bewegten. Zuvor waren je fünf der von Julia Morawietz choreographisch bewegten Statistinnen und Statisten erschienen, als Malatesta die „Braut“ beschrieb – jetzt als tanzende Blumenmädchen – und zu Norinas Arie, wenn sie ihre Verführungskunst lobt; hier waren sie maskierte, gesichtslose Kavaliere, die Norina scheinbar alle umbringt, eine der Übertreibungen des Regisseurs (Ach ja, Norina ist eine „männermordende“ Frau!). Schließlich erzeugten die Statisten ein bisschen Atmosphäre, als sie am Schluss einen das Liebespaar umgebenden Schilfgürtel darstellten. Eine weitere, völlig unnötige Überdrehung des Ganzen war, dass die Akteure immer wieder irgendwelche Drogen einzuwerfen hatten, um „Teile der Handlung geradezu ins Rauschhaft-Fantastische zu übersteigern“ (so der Regisseur im Programmheft). Ansonsten agierte das Ensemble mit viel Spielwitz, auch ein Ergebnis gut gelungener Personenführung.

Gocha Abuladze/Stephanos Tsirakoglou/Hyejin Lee/Benjamin Lee

Von der musikalischen Verwirklichung der melodienreichen Oper ist überwiegend Positives zu berichten. Es begann mit der von der gut disponierten Magdeburgischen Philharmonie delikat servierten Ouvertüre, sicher auch ein Verdienst des präzise und differenziert leitenden Svetoslav Borisov am Dirigentenpult, der den nötigen Schwung sicherte, sich und den Sängern aber auch genügend Zeit ließ für die ruhigeren, lyrischen Passagen. In der Titelrolle gab Stephanos Tsirakoglou dem komödiantischen Affen zur Freude des Publikums ordentlich Zucker; fehlte es seinem abgerundeten Bariton auch etwas an Tiefengrundlage, gefiel er aber durch prägnante Singweise. Doktor Malatesta, der Drahtzieher bei der gemeinen Intrige gegen Pasquale, war bei Gocha Abuladze und seinem tragfähigen, sehr flexiblen Bassbariton gut aufgehoben; ein köstlicher Spaß war das zungenbrecherische Duett der beiden im 3. Akt.

Gocha Abuladze/Stephanos Tsirakoglou

Das Liebespaar Norina/Ernesto, beide im Gothic-Punk-Look, war zwei jungen Neulingen im Magdeburger Ensemble anvertraut, die in ihren Rollen debütierten. Mit schon sehr sicherer Stimmführung, glasklar getroffenen Spitzentönen und intonationsreinem Singen imponierte Hyejin Lee als ausgesprochen muntere, im Verhalten zu Pasquale witzig übertreibende Norina. Ihr klarer Koloratursopran verband sich im sentimentalen Liebesduett im Schilf aufs Schönste mit dem charakteristisch timbrierten Tenor von Benjamin Lee als Ernesto. In der im Ganzen mit Strahlkraft versehenen Arie, mit der er sich aus dem Haus Pasquales verabschiedete, ließ sich der amerikanische Sänger am Schluss mehr davon beeinträchtigen, dass ihm eine Tragetasche nach der anderen aufgepackt wurde – noch so eine überflüssige Übertreibung –, als von dem penetrant einen Viertelton zu tief auf der Bühne spielenden Trompeter.

Hyejin Lee/Statisten

Der Opernchor des Theaters in der Einstudierung von Martin Wagner erfüllte seine wenigen Aufgaben klangvoll. Das Publikum war zu Recht vollauf begeistert und spendete starken, lang anhaltenden Beifall.

Fotos: © Andreas Leander

Gerhard Eckels 19.11.2018

 

Weitere Vorstellungen: 30.11.+6.,28.12.2018+12.,27.1.+17.2.+10.3.2019