Wien: „Onegin“

Wiener Staatsballett am 10.4.2017

Immer wieder atemberaubend schön

Nach einigen Rollendebüts in den vergangenen Vorstellungen von John Crankos „Onegin“ steht zur Abwechslung wieder einmal eine „altbekannte“ Besetzung am Spielplan – Routine kann man dies allerdings nicht nennen, da die Solisten darstellerisch mit jeder weiteren Vorstellung noch mehr in die Tiefe gehen. Dass die ganzen Pas de deux reibungslos ablaufen, ist nur ein angenehmer Nebeneffekt, da der Schwerpunkt auf der dramatischen Interpretation liegt.

Roman Lazik in der Titelrolle hat in den letzten Jahren an Facettenreichtum gewonnen, er mimt überzeugend den eitlen Dandy, aber stets mit Stil – es ist nunmal gerade bei dieser Partie eine Gratwanderung, dass es nicht durch zu grosse Affektiertheit ins Lächerliche gezogen wird – und im 3. Akt wird er glaubhaft zum geläuterten und verzweifelt liebenden Mann. Abgesehen davon hat Lazik unumstritten eine hervorragende Technik, als Partner ist er absolut verlässlich und besonders schön (und sauber!) gelingt ihm die Variation in der 1. Szene. Kongenial dazu ist die ausdrucksstarke Nina Polakova als Tatjana, mit einer genauso gepflegten Technik. Die beiden harmonieren wunderbar miteinander, der Spiegel-Pas de deux ist atemberaubend schön, das ist klassisches Ballett auf höchstem Niveau. Fast möchte man in der Schlussszene mit Polakova mitweinen, die ihr dramatisches Talent auf sehr edle Art zum Besten gibt.

Als liebliche Olga entzückt die souveräne Alice Firenze, und Masayu Kimoto punktet mit weich landenden Sprüngen und überzeugt als schwärmerisch-verliebter Lenski. Alexis Forabosco schliesslich gibt einen sehr noblen Gremin, während das Corps de Ballet durch Harmonie glänzt.

Das Orchester der Wiener Staatsoper spielt schwungvoll unter der Leitung von Guillermo Garcia Calvo, welcher mehrmals kleinere Uneinigkeiten ausbügelt und mit grossem Applaus belohnt wird.

Wie schön eine Repertoire-Vorstellung sein kann, zeigt das Wiener Staatsballett einmal mehr. Und so fallen einem mit jeder weiteren Vorstellung neue Details auf, sei es ein kurzer, aber deutlicher Blick von Gremin an Onegin nach Tatjanas Variation im 2. Akt, oder wie brillant eigentlich die Corps Herren im 1. Bild ihre Sprünge meistern.

Katharina Gebauer 13.4.2017

Bilder (c) Staatsballett