Wuppertal: „Don Quichotte“

Besuchte Premiere am 13.04.13

Poesie der Literaturoper

Um Jules Massenet war es in den vergangenen Jahren etwas still geworden, was sich zu ändern scheint, so haben die Wuppertaler Bühnen sein abschiedstrunkenes Spätwerk "Don Quichotte" in das Programm genommen. Die Oper um den Ritter von der traurigen Gestalt bietet mit ihrer hispanisierenden Musik, den kurzweiligen Episoden, der anrührenden, unerwiderten Liebe zwischen Quichotte und der Kurtisane Dulcinea und der ungewöhnlichen Besetzung der Hauptpartien, Don Quichotte und Sancho Pansa sind beide Bässe und Dulcinea Mezzosopran, ganz hohes Publikumspotential.

Jakob Peters-Messer inszeniert ganz an der Vorlage entlang, dabei wird das Stück "gut bedient", zwar könnte man noch aus einigen Szenen mehr Funken schlagen, eine bessere choreographische Auflösung der tänzerischen Chorszenen, ein effektvollerer Kampf gegen die Windmühlen, mehr Spannung innerhalb der Räuberszene, doch insgesamt funktioniert die Regie. Was sicherlich auch an der geschmackvollen Ausstattung von Markus Meyer liegt, die in ihrer leicht monochromen silbergrauen Färbung mit wunderschönen Beleuchtungseffekten (Henning Priemer und Fredy Deisenroth) aufwartet. Der Bühnenraum sorgt mit surreal-poetischen Akzenten für optische Gedanklichkeit, während es die Regie nicht wirklich schafft unter die vermeintliche Oberfläche der tiefen, emotionalen Musik Massenets zu dringen. Die Kostüme sind eine echte Augenweide, vor allem Joslyn Rechter wirkt mehr königlich, denn als Kurtisane. Mit fein eingefärbten Mezzo gibt sie das Portrait einer lebensklugen Frau, die sich resigniert in ihr Schicksal findet. Ebenso stark die beiden Bässe: John In Eichen meistert die schwierige Partie des Quichotte, die Massenet dem damals sicher weltbesten Bassisten, Fjodor Schaljapin, in die Kehle geschrieben hatte. Mir viel Wärme setzt er sein nuanciertes Singen von den Tiefen bis in die recht häufigen, hohen Bögen der Partie nuanciert ein. Ihm zur Seite mit prall ausgestopftem Bauch der junge Ensemblebass Martin Js. Ohu, der mit dem Sancho Pansa erneut eine hervorragende Visitenkarte abgibt, sehr schön die deutlich abgestufte Unterscheidung zwischen der komischen und der gefühlvollen Seite dieser Rolle. Annika Boos, Miriam Ritter und Boris Leisenheimer, dabei besonders positiv der Bariton Miljan Milovic hervorstechend, geben das Solistenquartett der spanischen Freier. Gleich nach der gesprochenen Ouvertüre von Cervantes, die uns in den Abend einstimmt, läßt Tobias Deutschmann am Pult des engagierten Sinfonieorchesters Wuppertal keinen Zweifel, daß er der rechte Mann für die heiklen Temporückungen von Massenets sensibler Tonsprache ist. Deutschmann setzt die knalligen, spanischen Tänze deutlich gegen das feine Gefühlsspiel der Hauptpartien ab. Die Chöre der Wuppertaler Bühnen und die kleineren Solopartien zeigen erneut die großen Ensemblestärken der "kleinen" Häuser.

Der Premierenapplaus bei diesen kurzweiligen Abend mit einer dem großen Publikum unbekannten Oper kann schlichtweg nur triumphal genannt werden. Die nächsten Vorstellungen finden , wohl aus Dispositionsgründen, leider erst im Mai statt, hoffentlich bleibt die gute Qualität der Aufführung bis dahin erhalten, um die Zuschauer weiterhin für dieses schöne Werk, den Komponisten und natürlich die Wuppertaler Bühnen mit ihren großartigen Künstlern zu begeistern.

Martin Freitag
Fotos: Uwe Stratmann