Aufführung am 17. Februar 2020
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Sebastian Weigle (Leitung), Martin Stadtfeld (Klavier)
Frédéric Chopin
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 e-Moll op. 11
Piotr Iljitsch Tschaikowsky
Sinfonie Nr. 3 D-Dur op. 29 „Polnische“
Zwei große Kompositionen, die mit dem Land Polen in Verbindung stehen, formulierten das aktuelle Programm des Frankfurter Museumskonzertes in der Alten Oper Frankfurt.
Gerade einmal 20 Jahre alt war der Komponist Frédéric Chopin, als sein Klavierkonzert No. 1, 1830 seine Uraufführung erfuhr. Chopins Klavierkonzerte suchen nicht den Dialog zwischen Klavier und Orchester. Der Solist steht mit seinem Instrument ganz klar im Mittelpunkt des Interesses. Das Orchester agiert somit eher im Hintergrund und muss sich primär mit einem Wechselspiel mit dem Solisten begnügen.
Der erste Satz dient daher als Vehikel, pianistisches Virtuosentum auszustellen.
Im größten Kontrast dazu steht der zweite Satz, der eine kantable Romanze mit allerlei Ornamentik in das Zentrum stellt.
Voller Spielfreude dann der Finalsatz, der mit zahlreichen Elementen aus der Volksmusik großen musikalischen Überschwang aufbietet.
Als Solist war der in Frankfurt ausgebildete Pianist Martin Stadtfeld zu erleben. Der vielfach ausgezeichnete Künstler konzentrierte sich bisher vor allem auf Musik von J.S. Bach und W.A. Mozart. Nun also in Frankfurt erstmals das bekannte Klavierkonzert von F. Chopin.
Frappierend war seine technische Fingerfertigkeit, mit welcher Stadtfeld sehr klar die musikalische Struktur herausarbeitete. Dynamisch fein abgestimmt folgte er dem Melodieverlauf und phrasierte dabei äußerst großzügig.
Bei ihm gab es keinerlei Auftrumpfen. Fortwährend forschte er in die Musik hinein, um ihr größte Natürlichkeit und Klarheit angedeihen zu lassen, was trefflich gelang.
Höhepunkt seines kunstvollen Spiels war freilich die sensibel vorgetragene Romanze, die er mit feinstem Anschlag sorgsam ausphrasierte. Fabelhaft seine wache Flexibilität, die er mit seinen bravourösen technischen Möglichkeiten nutzte, um den dritten Satz zu einem musikalischen Bekenntnis der schieren Lebensfreude zu artikulieren.
Über allem stand sein außergewöhnlich weicher Anschlag. Die Akkorde und Notenläufe perlten wie Tontropfen in den Saal, behutsam und intensiv leuchtend. Wahrlich ein Tastenzauberer voller Poesie!
Dirigent Sebastian Weigle, an diesem Konzertabend besonders animiert, wie lange nicht, trug seinen Solisten auf Händen und sorgte für einen optimalen Rahmen.
Bereits der kraftvolle Beginn machte mit seinem auftrumpfenden Elan deutlich, dass das Orchester hier gleichberechtigt musiziert.
Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester agierte als perfekter Partner, der es sich nehmen ließ, die Interaktion mit dem Solisten zu suchen. Vorzüglich die Klangqualität in allen Gruppen und die Prägnanz in den Einsätzen. Das Zusammenspiel zwischen Dirigent und Solisten war vollkommen in seiner Einigkeit. Die sorgsame Dynamik und der unbedingte Wunsch, ein Maximum an Farben zu realisieren, war omnipräsent.
Das Publikum dankte mit Begeisterung. Als Zugabe hatte sich Martin Stadtfeld das berühmte „Lascio, ch’io piango“ von G. F. Händel ausgesucht. Noch einmal eine Klangoase großer Glückseligkeit, makellos dargeboten. Bravo!
Sebastian Weigle hat eine besondere Affinität zur russischen Musik und besonders zu P. Tschaikowsky. Nach und nach führt er dessen symphonisches Werk auf. An diesem Abend erlebten die Zuhörer die vergleichsweise wenig gespielte dritte Symphonie von Tschaikowsky mit dem Beinamen „Polnische“. Letzterer bezieht sich auf den Finalsatz und die darin anklingende Polonaise. Tschaikowsky schrieb dieses Werk 1875. In jener Zeit also, als seine Welterfolge „Schwanensee“ und „Klavierkonzert No. 1“ entstanden.
Die dritte Sinfonie geriet herausragend anders. Als einzige seiner Sinfonien in einer Dur-Tonart geschrieben umfasst sie erstmals fünf Sätze. Immer wieder musste sich der Komponist dem Vorwurf stellen, dass seine Sinfonien eher Suiten gleich zu setzen seien. Wenn überhaupt, so kann dies für seine dritte Sinfonie gelten. Und doch, auch dieses Werk trägt die unverwechselbare Handschrift des Komponisten, wenn auch ihm hier nicht die genialische Größe seiner drei finalen Sinfonien gelang.
Der erste Satz beginnt noch düster mit einem surrealen Trauermarsch, ehe sich das lebhafte Hauptthema ins Licht stellt. Im zweiten Satz klingen Tanzrhythmen an, Walzer und Ländler werden deutlich zitiert.
Im dritten Satz kehrt eine pastorale Ruhe ein, während im vierten Satz Marschthemen dominieren. Und schlussendlich im fünften Satz dann endlich eine Polonaise mit Fugato-Einschüben, die diesen Satz in einem hymnischen Ende ausklingen lässt.
Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester zeigte einmal mehr seine große Flexibilität und Stilsicherheit. Ob im Tuttiklang, der immer kultiviert, ausgewogen erschien oder in den Solobeiträgen: Sebastian Weigle hatte seinen Tschaikowsky gut einstudiert.
Großartig intonierten die Holzbläser, vor allem das Solo-Fagott. Mit schlanker Tongebung realisierte der Solo-Hornist seine schwierigen Soli im dritten Satz.
Mit Verve und Begeisterung setzte Weigle im Orchester viele Energien frei, die ansteckend wirkten. Klar waren die Melodie- und Nebenstimmen herausgearbeitet. Dabei wahrte er eine vorzügliche Balance. So wirkte der kompakte Orchesterklang transparent, jedoch niemals unterkühlt. Immer klang seine Freude an der Ausphrasierung der musikalischen Themen durch.
Weigle motivierte sein Orchester, gut aufeinander zu hören. Auf dieser Grundlage entstand ein lebendiger Dialog zwischen den einzelnen Gruppen. Fabelhaft herausgearbeitet im Tempo und der dynamischen Steigerung das klangmächtige Finale. Das Publikum war sehr angetan.
Dirk Schauß, 18. Februar 2020