CD: „Der Wald“, Ethel Smyth

Mit dem Wald von heute, der als Folge des Klimawandel nur noch weiß wie ein Skelett in den Himmel ragt, hat diese Oper nichts zu tun. Franz Schubert vertonte, Heinrich Heine bedichtete die Waldeinsamkeit Da ging es um Liebe Sehnsucht, Angst und Einsamkeit. Elfen, Feen und Alräunchen. Da hatte der deutsche Wald noch mythische Bedeutung.

Aber es war die Engländerin Ethel Smyth (1858-1944), die eine Oper über ihn schrieb. Sie hatte als 19jährige gegen den Willen des Vaters in Leipzig u.a. bei Carl Reinecke (übrigens Chordirektor in Barmen 1853-1859) Musik studiert, dort Brahms, Grieg, Tschaikowski u.a kennengelernt und sich der Komposition von Opern zugewandt, die sämtlich in Deutschland uraufgeführt wurden. Ihre Oper „Der Wald“ wurde 1902 in der Hofoper Berlin uraufgeführt und war bezüglich Titel, Libretto (auf Deutsch) und Musik ganz auf  ihr deutsches Publikum zugeschnitten. Märchen auf der Opernbühne waren damals durchaus en vogue (Rusalka, Der Bärenhäuter ( Siegfried Wagner) oder „Die Rose vom Liebesgarten ( Hans Pfitzner, Uraufführung 1901 in Elberfeld)  trotz Elektrifizierung, Telefon, Erfindung des Flugzeugs und Relativitätstheorie.  In „Der Wald“ geht es um die Liebe zwischen Röschen und Heinrich, dem starken und guten Holzfäller, den das attraktive Luder Jolanthe -die Gattin des Landgrafen – vernaschen will. Sie verspricht, ihm das Leben retten, wenn er sich ihr nur hingeben würde. Der Landgraf will ihn wegen eines Wildfrevels töten. Natürlich bleibt Heinrich seinem Röschen treu und wird am Ende von den Häschern Jolanthes erstochen. So weit so dramatisch. Die Oper wurde nach der Uraufführung und wenigen weiteren Aufführungen u.a. in New York gründlich vergessen und erst 2024 nach gut hundert Jahren von der Oper Wuppertal wiederentdeckt. Im Rahmen dieser Wiederentdeckung entstand in Zusammenarbeit mit  Deutschlandfunk Kultur die vorliegende CD-Aufnahme. Im informativen Booklet Deutsch und Englisch)  schreibt Laura Knoll alles Wissenswere über Komponistin und Op. Hat man mit dem dort  gedruckten QR- Code das Libretto geladen, kann man dem Inhalt gut folgen.

Das Sinfonieorchester Wuppertal spielt unter der Leitung des im Sommer 2026 scheidenden GMD Patrick Hahn durchsichtig blitzsauber makellos, begleitet feinfühlig und differenziert. Auch in den nicht seltenen kammermusikalischen Episoden und den solistischen Passagen der Sologeige, der Solobratsche, der Harfe u.a. zeigt sich das hohe Niveau des Orchesters, welches keine Konkurrenz fürchten muss. Eine gewisse Leitmotivfunkion bietet das Horn der Jolanthe, welches mit bedrohlichem Tremolo nach unten diese Hexe charakterisieren mag.  Die spätromantische Musik ohne die dramatischere Wucht und ohne die Komplexität der Harmonik von Wagner, Brahms, Bruckner, oder Max Reger erinnert mit eingehender Melodik und lebhaften und volkstümlichen Chören ( Einstudierung Ulrich Zippelius) eher an Humperdinck, Lortzing oder Gernsheim.

Musikalisch und sängerisch lässt diese Aufnahme nicht zu wünschen übrig. Auch die Solisten ( Hauskräfte der Oper Wuppertal) lassen es an nichts fehlen. Marya Taniguchi als Röschen singt mit starkem, beweglichen  Sopran ausdrucksstark auch in den Höhen. Edith Grossmann beherrscht die Rolle der Verführerin  Jolanthe stimmlich souverän. Sangmin Jeon, inzwischen nach Weimar gewechselt, überzeugt als Heinrich mit seinem kraftvollen Tenor. Samuel Park als Landgraf beherrscht mit sonorem Bass die musikalische Szene ebenso wie Zachary Wilson als Hausierer und Erik Rousi als Peter.

Fazit: sehr schöne CD-Aufnahme der selten gespielten Oper.

Johannes Vesper 11- November 2025


Ethel Smyth
Der Wald
cpo 555650-2, Co- Produktion cpo/Deutschlandfunk Kultur.
Recording Oper Wuppertal 4.-7. April 2024.
Recording Producer Wolfram Nehls