Die dummen, bösen Normalos …
Milo Rau sieht so freundlich aus, und sein Auftreten macht im Allgemeinen einen sandten Eindruck. Tatsächlich aber möchte er nichts als Unruhe stiften, Und das gelingt ihm auch. Nicht zuletzt mit den Plakaten zu „seinen“ Festwochen, mit denen er die Stadt überzieht.
Wenn schmusende Männerpaare, wenn eine schwangere Frau Bauch und Brüste herausstreckt… da gibt es offenbar doch noch Leute, denen nicht alles wurscht ist. Die sagen möchten: Das wollen wir nicht… Und die Plakate herunterreißen.
Und die Festwochen können geradezu lustvoll die „Beschädigungen“ dokumentieren, mit denen sie konfrontiert sind. Und auf jene, die sie aufgereizt haben, nun aus der Höhe woker Überlegenheit herabblicken. Die „Guten“ haben „Verhaltensweisen wieder ans Tageslicht“ gebracht, „die ich eigentlich für erledigt gehalten habe“, erklärt Rau überheblich. „Es scheint Menschen zu geben in unserer Zeit, die auf unsere Kampagne negativ reagieren.“ Ja, die dummen, bösen „Normalen“…
Ja, stell Dir vor, Milo Rau, es gibt Andersdenkende. Du wolltest sie provozieren. Es ist Dir gelungen. Es freut Dich diebisch. Also hör auf zu heucheln, Du hast Dein Ziel erreicht! Ohne diesen Protest würdest Du vielleicht gar nicht ausreichend wahrgenommen?
Elfriede ist böse
Als ich die „Burgtheater“-Aufführung des Jelinek-Stücks sah, dachte ich mir schon, dass die Autorin über das, was sich da auf der Bühne begab, nicht sehr glücklich sein würde Denn ihr Stück (so schlecht es in meinen Augen ist, egal) war in der Inszenierung von Milo Rau so gut wie nicht mehr vorhanden. Sie hat sich wenigstens nicht mit zusammen gebissenen Zähnen verbeugt wie einst Ulla Berkewicz bei der Uraufführung ihres Stücks „Der Golem in Bayreuth“ 1999 im Akademietheater. Ich hatte sie davor interviewt, und sie war schon sehr angetan von der Idee, im Burgtheater uraufgeführt zu werden. Damals las ich auch ihr Stück. Was ich, verbogen von Einar Schleef, dann auf der Bühne sah, hatte nicht das geringste mehr mit dem Original zu tun.
Was soll man dazu sagen? Arme Autoren in der Welt allmächtiger Regisseure? Die Theaterwelt hat sich selbst das Bett gemacht, indem sie nun alle liegen.
Wenn ich mich nicht irre, hat Ulla Berkewicz nie wieder für das Theater gearbeitet… Das wird Elfriede Jelinek nicht passieren. Aber ihr Vertrauen in Milo Rau wird etwas erschüttert sein…
Der böse René Benko
Natürlich ist Benko schuld, klar. Weil er das Kunstforum Bank Austria nicht mehr sponsert, sperrt man es zu. Ich frage mich ehrlich, ob die Bank Austria so wenig Geld hat, dass sie sich ihr Prestigeobjekt Kunstforum auf der Freyung nicht mehr leisten kann. Oder will. Weil Geldgeber (ob Ludwig, ob Babler) an der Kultur sparen, wenn es nicht gerade gilt, die Festwochen mit Steuergeld zu finanzieren…. Hauptsache, eine aufgeblähte Regierung lebt in Freuden.
Direktorin Ingried Brugger hat gute Arbeit geleistet und den Wiener Kunstfreunden viele anregende Ausstellungen beschert. Man wird sie in bester Erinnerung behalten.
Erinnerungen an die gute Elfriede
Elfriede Ott wäre dieser Tage hundert Jahre alt geworden. Die unerschöpflich aktive, wunderbare „Evi“, wie ihre Freunde sie nennen durften, hat es 94 Jahre auf dieser Welt ausgehalten und nie aufgegeben, ihren künstlerischen Ambitionen zu folgen, allen Rückschlägen zum Trotz. Ich denke gerne an sie zurück, sie war ein Vorbild nicht zuletzt an Leistungs-Ethos.
Ich denke auch gerne an den eben verstorbenen Pantelis Dessyllas zurück, nicht nur an die Höflichkeit und Freundlichkeit, mit der er seiner Umwelt begegnete, sondern auch an seine wunderschönen Bühnenbilder. Tempi passati. Es gibt keine schönen Bühnenbilder mehr und nur noch wenige liebenswerte Menschen.
Renate Wagner 12. Juni 2025