Vorstellung am 24. Mai 2018
Unkonventionelle, aber spannende Inszenierung
Am 17. Mai hatte die Neuinszenierung von „Macbeth“ von Giuseppe Verdi an der SNG Opera and Ballet Ljubljana in der absolut ungewöhnlichen Inszenierung des slowenischen Regisseurs Jernej Lorenci mit dramaturgischer Beratung von Matic Starina in dem kleinen, äußerst schmucken Haus mit nur 525 Plätzen Premiere. Ich war erstaunt, welch hochklassige Leistungen in alle Kategorien zu hören und sehen waren, Orchester, Stimmen und Regie. Lorenci ist einer der führenden slowenischen Regisseure und debutierte auf der Ljubljaner Bühne mit Glucks „Orpheus und Eurydice“.
Wenn man vor Beginn auf die bereits offene Bühne blickte, glaubte man, einer konzertanten Aufführung beiwohnen zu „müssen“. Und auch während des Stücks ging das Licht, wie in den alten Tagen der Oper, nicht aus. Man sah als Bühnenbild von Branko Hojnik lediglich amphitheatralisch angerordnete rote Stuhlreihen, wie für einen Chor. Einige im Publikum waren geschminkt und opernmäßig kostümiert, auch mit barockem Einschlag. In der Tat begann es damit, dass erst die elegant gekleideten Damen in diesem “Publikum“ als Hexen loslegten. Dann outeten sich die Protagonisten, einer/e nach dem anderen, erst Banquo und Macbeth. Später sitzt der ermordete König von Schottland Duncan schweigend und blutüberströmt in einer der unteren Sitzreihen – neben ihm die Lady und Macbeth. Man legt ihm weiße und rote Rosen auf den Schoß. Es wirkte wie ein Theater im Theater, aber sehr effektvoll. Banquo wird mit leichtem Schleifen eines Fächers über seinen Hals gewissermaßen symbolisch ermordet. Später wird das Bühnenbild dann auch etwas aufgelöst. Die Sitzreihen verschwinden, und man blickt in einen nebulösen Raum, wie in eine geheimnisvolle Tiefe. Hier wird auch die gute Choreografie von Gregor Lustek sichtbar. Für die Stimmungen verstärkende Lichtregie zeichnet Andrej Hajdinjak verantwortlich, der auch den Sofioter „Ring des Nibelungen“ beleuchtet (siehe Moskau-Bericht hier). In diesen Szenen kamen verstärkt Barockkostüme von Belinda Radulovic zum Einsatz, dazu fratzenhaft geschminkte Barock-Gesichter verweichlichter Männer… Die Maske hatte hier einiges zu tun.
Lucia Premeri sang als Gast eine attraktive, in ihrem Bestreben um totalen Machterhalt charmant agierende Lady, mit einem ins Dramatische tendierenden und ebenso klangvollen wie ausdrucksstarken Sopran. Marko Kobal vom Ensemble war ein etwas in die Jahre gekommener guter Macbeth, eigentlich nie ganz vom Ansinnen seiner Frau überzeugt. Saša Čano sang einen sehr guten Banquo, ebenso wie Edvard Stah einen intensiven Malcolm und Branko Robinsak einen guten und engagierten Macduff. Alle weiteren Rollen waren ebenfalls ansprechend besetzt.
Das Ensemble der SNG Opera in balet Ljubljana zeigte sich offenbar von seiner besten Seite. Das war auch vom Orchestra SNG Opera in balet Ljubljana und dem hervorragenden und von Zeljka Ulcnik Remic einstudierten Chor unter der Stabführung von Jaroslav Kyzlink, dem tschechischen Chefdirigenten, mit seinem Konzertmeister Igor Grasselli zu erkennen war. Kyzlink setzte der Handlung entsprechend starke musikalische Akzente und schaffte eine hervorragende Harmonie zwischen Bühne und Graben. Man vermisste nicht einen Moment die klassische Macbeth-Optik in dieser intelligenten Inszenierung mit guter Personenregie.
Es war ein spannender und bisweilen aufregender „Macbeth“, der auch das erfreulicherweise zu großen Teilen junge Publikum begeisterte. Oper hat offenbar Zukunft in Slowenien!
Klaus Billand/12.6.2018
Fotos: Darja Stravs Tisu