Frankfurt, Musical: „Sister Act“, Alan Menken

Schon beim Betreten des groß dimensionierten, in dieser Bestuhlung gut 2.000 Zuschauer fassenden Saales der Frankfurter Jahrhunderthalle kommen die Besucher in Disco-Stimmung. Durch zwei oberhalb eines auf der Bühne angedeuteten Kirchenraumes hängende Disco-Kugeln macht sich ein Funkeln im Saal und auf den Köpfen der Besucher breit. Dieses Funkeln geht im Laufe des Abends auch auf die Stimmung im Publikum über, denn nach einem ruhigeren Beginn des Musicals wird schon bald mitgeklatscht und beim Schlussapplaus auch mitgetanzt. Die Firma ShowSlot schickt die Originalproduktion aus dem Londoner Westend auf Tour durch deutschsprachige Metropolen und begeistert wieder durch eine erstklassige Interpretation. Insbesondere die humorvollen Dialoge und die farbenfrohe Ausstattung bleiben in Erinnerung. 

Die Bühnenfassung des berühmten Films mit Whopi Goldberg stammt aus dem Jahr 2006 und verzichtet auf große Hits wie „I will follow him“. So bleibt das Mitsummen von Ohrwürmern auf dem Nachhauseweg zwar weitestgehend aus, aber während der fast dreistündigen Show aus der Feder des mit unzähligen Preisen ausgezeichneten Komponisten Alan Menken rocken die Nonnen den Saal und sorgen für lachende Gesichter und gute Laune pur. Am Ende wird sogar gerapt und so auch musikalisch die Transformation vom eintönigen Einerlei der fast in Vergessenheit geratenen Kirche zu einer moderneren und für die Menschen wieder relevanten Institution unterstrichen. Die deutschen Dialoge und die ebenfalls in deutscher Sprache vorgetragenen Gesangsnummern klingen dabei weder holprig noch sperrig und sind dank der guten Artikulation aller Akteure meistens sehr gut zu verstehen.

Die exzentrische Nachtclubsängerin Deloris van Cartier wird nach einem ihrer Auftritte zufällig Zeugin eines Mordes, begangen von der Gangster-Bande ihres zwielichtigen Freundes. Um ihrem Schicksal zu entkommen, landet sie im Zeugenschutzprogramm. Doch statt glamouröser Bühnen erwartet sie ein zurückgezogenes Leben in einem konservativen Kloster, wo sie als bescheidene Nonne untertauchen soll – sehr zum Unmut der strengen Mutter Oberin, die mit Deloris‘ Lebensstil und Ansichten kaum weniger gemeinsam haben könnte.

Im Kirchenchor soll Deloris sich in die Gemeinschaft einfügen, doch der Chorgesang ist alles andere als harmonisch. Kurzerhand übernimmt sie die Leitung und bringt frischen Schwung in die Proben. Unter ihrer Führung wird jeder Gottesdienst zu einem mitreißenden Erlebnis, und die Gemeinde wächst rasant. Als die Nonnen schließlich die Chance bekommen, vor dem Papst aufzutreten, erfahren die Gangster durch einen Fernsehbericht von Deloris‘ Aufenthaltsort, und die Gemeinschaft gerät plötzlich in große Gefahr. Doch die Schwesternschaft zeigt Mut: Wie eine solidarische Schutzmauer stellen sich die Nonnen den Ganoven entgegen. Mit einem euphorischen „Lass die Liebe herein“ endet das Abenteuer glanzvoll und zuversichtlich. 

Denise Lucia Aquino bleibt akustisch an diesem Abend als Delores Van Cartier in ihrer ersten Gesangsnummer „Zeig mir den Himmel“ noch etwas blass, aber schnell wird sie darstellerisch wie stimmlich zum schillernden Fixstern dieses Abends und gewinnt nicht zuletzt durch ihre rollenbedingten Tabubrüche als Nachtclubsängerin inmitten der Ordensschwestern die Herzen des Publikums. Im Gegenspiel zur Mutter Oberin (Susanne Rietz) gelingen zahlreiche Pointen. Lorenzo di Girolamo als Polizist Eddie Fritzinger glänzt vor allem in seiner Solonummer „Tief in mir“, in der er einen großartigen Quickchange auf offener Bühne vollzieht und während der Nummer eine ganz andere Seite an sich zeigen kann. Aus dem weiteren hochklassigen Ensemble ragt meines Erachtens insbesondere Melanie Kastaun heraus, die sich als Sister Mary Robert vom grauen Entlein zum schillernden Schwan entwickelt und besonders mit ihrer schönen Stimme punktet. Die live (für die Zuschauer unsichtbar auf der Seitenbühne spielende) achtköpfige Band wird von Daniel Weiß geleitet und wird allen stilistischen Anforderungen gerecht. 

Schmissig sind die Choreografien von Alistair David und die Kostüme von Morgan Large sind durchwegs eine optische Augenweide und spiegeln das 70’er Jahre Flair wider, ohne dabei altmodisch zu wirken. 

Die Besucher erleben in dieser Inszenierung von Bill Buckhurst und im äußerst wandelbaren Bühnenbild von Morgan Large einen schillernden Abend zum Mitfeiern. Dieser bietet einen bunten Kontrast zum oft grauen Alltag und verdient das Prädikat: Allerfeinste Unterhaltung. 

Marc Rohde, 9. Januar 2025


Sister Act
Alan Menken

Jahrhunderthalle Hoechst, Frankfurt

7. Januar 2025

Inszenierung: Bill Buckhurst
Choreografien: Alistair David
Musikalische Leitung: Daniel Weiß