Europäische Erstaufführung: 27. Februar 2016
Besuchte Vorstellung: 1. März 2016
In den USA hat die 2012 uraufgeführte Oper „Dog Days“ schon verschiedene Inszenierungen erlebt, das Theater Bielefeld präsentiert jetzt die europäische Erstaufführung und ist damit dem Staatstheater Schwerin eine Nasenlänge voraus. Dort hat „Dog Days“ nämlich am 12. März Premiere.
Die Oper basiert auf einer Kurzgeschichte von Judy Budnitz und handelt vom Leben einer Familie in einer postapokalyptischen Welt. Abgeschlossen von der Außenwelt lebt die kleine Gruppe in ihrem Haus, versucht ihre heile Welt aufrecht zu erhalten und wird nur per Hubschrauber mit Nahrungsmitteln versorgt. Gelegentlich taucht ein Soldat auf. Und dann gibt es noch den Bettler Prince, der sich als Hund verkleidet hat. Lisa, die Tochter der Familie, ist seine Bezugsperson. Dadurch spielt ein bisschen das alte Motiv von „Beauty and the Beast“ in die Oper mit hinein, wobei es hier aber keine Erlösung gibt.
Eine richtige Geschichte gibt es nicht, das Verhältnis der Figuren, ihr Schwanken zwischen Verzweiflung und Hoffnung steht im Zentrum. Die Mutter, Vater Howard und Tochter Lisa haben große Solo-Szenen, die beiden Brüder Pat und Elliott treten stets als Duo auf. Richtig bedrohlich und düster ist David T. Littles Musik aber nicht, sie klingt gemäßigt modern und manchmal hat man das Gefühl: „Wenn irgendwann die Welt untergeht, dann bitte mit solch schöner Musik.“
Gerade mal 16 Musiker werden für diese Oper benötigt, weshalb diese Oper auch leicht nachspielbar ist. Little schreibt den Sängern spannungsvolle Solo-Szenen, in denen sie sich gut präsentieren können. Im Vorfeld wurde damit geworben, dass Little aus der Rock-Szene kommt und in „Dog Days“ auch E-Gitarre und Schlagzeug zum Einsatz kommen. Trotzdem handelt es sich hier um keine Rock-Oper oder um ein Musical, sondern um eine Oper, in der eben auch eine E-Gitarre Verwendung findet.
Die elektronische Verstärkung der Sänger ist aufgrund der kleinen Orchesterbesetzung eigentlich überflüssig. Wenn dann die Stimmen von Sängern, die auf der Bühne agieren, von oben oder von der Seite ertönen, ist das auch eher verwirrend. Dirigent Merjin van Driesten leitet aber eine atmosphärisch dichte Aufführung.
Ausstatter Tilo Steffens, der häufig mit Katharina Wagner oder Keith Warner arbeitet, hat ein realistisches Haus mit verschiedenen Räumen, auf die Drehbühne des Bielefelder Theaters gesetzt. Ebenso realistisch wie der Raum ist die Inszenierung von Klaus Hemmerle. Er bringt glaubhafte Figuren auf die Bühne, ohne die Geschichte über das hinausgehend zu interpretieren, was in einer Inhaltsangabe steht.
Aus dem Ensemble ragt Nienke Otten als Tochter Lisa heraus. Sie singt ihre Rolle mit jugendlich frischem Sopran und vermittelt eindrucksvoll die Suche der jungen Frau aus einer ausweglosen Situation.
Ein Lob verdient noch das Bielefelder Publikum: Obwohl eine unbekannte Oper gespielt wird, ist die Vorstellung gut besucht, man folgt der Aufführung konzentriert und in der Pause gibt es keine Abwanderungen der Zuschauer.
Wer mehr über das Stück erfahren will, kann sich auf der Internetseite dogdays-biefeld.de informieren, die extra als virtuelles Programmheft erstellt wurde.
Von Rudolf Hermes 6.3.16
Bilder (c) Theater Bielefeld