Münster: „Das schlaue Füchslein“, Leoš Janáček

Nach fast genau 16 Jahren seit der letzten Inszenierung wurde in Münster die Oper in drei Akten „Das schlaue Füchslein“ von Leoš Janáček wieder aufgeführt auf einen Text des Komponisten nach einer Bildergeschichte von Rudolf Těsnohlídek (Text) und Stanislav Lolek (Zeichnungen), jetzt unter der musikalischen Leitung von GMD Golo Berg in der Inszenierung von Magdalena Fuchsberger,  dieses Mal passend zu den Sprachmelodien des Komponisten im tschechischen Original mit deutschen Übertiteln (Sprachcoach Dora Pavliková). Diese ermöglichen angeblich eine genauere Übersetzung als die üblicherweise benutzte etwas verniedlichende deutsche Fassung von Max Brod. Als Konsequenz daraus müßte dann aber auch der Titel der Oper (Füchslein?) geändert werden, wie es Peter Konwitschny in Linz gewagt hat.

© Bettina Stöß

Kurz erinnert sei hier an die eigentliche Handlung: Nach alkoholbedingtem Halbschlaf im Walde, umgeben von den Bewohnern des Waldes, dabei träumend von einem Mädchen namens Terynka,  fängt der Förster die Füchsin Bystroušky.  Auf dem Hof des Försters und seiner Frau erwachsen geworden, führt die Füchsin mit dem Dackel Gespräche über beider Mangel an sexuellen Erfahrungen, ohne dies mit ihm auszuprobiern. Ein von der Füchsin dadurch herbeigeführtes Chaos, dass sie den eitlen übermässig stolzen Hahn tötet, verhilft ihr zur Flucht in den Wald. Dort vertreibt sie den Dachs aus seiner Höhle, die sie dann mit einem Fuchs zusammen bezieht und  nach einer grossen Hochzeitsfeier mit ihm für zahlreichen Nachwuchs sorgt. Im Wirtshaus erinnern sich Lehrer, Pfarrer und Förster sehnsuchtsvoll an die erwähnte schöne Terynka. Diese wird aber geheiratet vom Geflügelhändler Haraschta, der die Füchsin erschießt. Als der Förster Terynka mit einem neuen Fuchspelz sieht, zieht es ihn wehmütig wieder in den Wald. Da sieht er ein Füchslein, das der Bystroušky ganz ähnlich sieht. Ein Frosch springt ihm ins Gesicht – ein Enkel des Frosches, der dasselbe zu Anfang tat. Er erkennt, daß Natur Sterben und neues Leben bedeutet.

Für diese Handlung bemühte Bühnenbildnerin Dorothee Curio reichlich die Drehbühne, um verschiedene Räume zu zeigen, so einen holzvertäfelten Wohnraum mit Jagdtrophäen an den Wänden oder verschiedene Waldlichtungen, einmal sieht man mit den Spitzen nach unten hängenden Tannen im Hintergrund. So konnten auch zwei Räume gleichzeitig gezeigt werden. Die exzentrisch grellen farbigen Kostüme mit entsprechenden Tierköpfen stammten ebenfalls von Dorothee Curio. Als der Förster zu Beginn einschlief, traten die Tiere des Waldes allerdings  in medizinisch-nachempfundener Kleidung auf, ein Walzer wurde trotzdem auf der Bühne von einer Geigerin gespielt. Die beiden bösen Enkel des Försters, die die Füchsin quälten, waren als Cricket-Spieler mit zwei Stöcken kostümiert (Melanie Spitau und Christina Holzinger). Der Kinderchor trat passend als putzige Füchslein auf. Auf dem Hühnerhof waren der Förster und die Füchsin  häufig identisch gekleidet, was wohl deren besondere Beziehung darstellen sollte.

© Bettina Stöß

So betonte die Inszenierung  von Magdalena Fuchsberger besonders die Doppelgesichtigkeit zwischen Menschen- und Tierwelt, wie sie sich ohnehin aus dem Stück ergibt. Lediglich das Zwiegespräch, in dem Fuchs und Füchsin ihre  Liebe zueinander entdecken, fand vor der früheren Dachshöhle in gewohnten Fuchskostümen statt. Zur grossen Hochzeitsfeier zwischen Fuchs und Füchsin sah man dann  gleichzeitig  ganz links, wie sich beide lieben, während die eigentliche Feier mit Chor und Solisten vielleicht als Art silberner Hochzeit zu Ehren von Förster und Försterin im Hauptraum stattfand. Ganz ungewohnt und nicht passend zur Handlung verwandelte sich der Förster, als  Haraschta die Füchsin erschoß, an deren Stelle für den Rest der Handlung in einen  Fuchs.

Zu den musikalisch so abwechslungsreichen Orchesterüberleitungen zwischen den einzelnen Szenen wurden zum einen auf der Bühne Waldansichten gezeigt – „finster und geheimnisvoll“, wie die Regisseurin schreibt. (Lichtdesign Jan Hördemann). Zum anderen wurden Texte der Wiener Schriftstellerin Barbara Zeman projiziert, die man in der Kürze der Zeit kaum lesen konnte, die von der Musik ablenkten und somit völlig überflüssig waren.

Gesungen wurde auf hohem Niveau, besonders betreffend die Hauptpartien. Als Förster glänzte mit gewohnter je nach Situation melancholischer oder kräftiger Baritonstimme Gregor Dalal. Wandlungsfähige Sopranstimme bewunderte man auch bei Adriana Kučerová in der Titelpartie. Schnelles Parlando lag ihr ebenso wie aufrührerische Stimmkraft auf dem Hühnerhof oder zarte Gesangslinien im Zwiegespräch mit dem Fuchs, dieser gesungen von Wioletta Hebrowska. So wurde das Liebesduett der beiden zu einem musikalischen Höhepunkt des Abends. Als Geflügelhändler Haraschta gefiel Johan Hyunbong Choi besonders durch sein volksliedhaftes Auftrittslied. Hervorgehoben sollten auch Ki-Hwan Nam und Barbara Bräckelmann als Gastwirtspaar. Mit markantem Bass sang Kihoon Yo den Dachs und den gezwungenermassen der Liebe entsagenden Pfarrer.  Immer besoffen spielte und sang Garrie Davislim gekonnt die  komische Partie des Schulmeisters. Auch alle anderen der zahlreichen Tier- und Menschenrollen waren stimmlich zu den Rollen und darstellerisch zu den Absichten der Regie passend besetzt.

© Bettina Stöß

Zum Erfolg des Abends trug wie immer ganz wesentlich bei der Opernchor und Extrachor in der Einstudierung von Anton Tremmel. Ohne den Theaterkinderchor Gymnasium Paulinum gelingt in Münster fast keine Opernaufführung mehr – er sang auch schon vor sechzehn Jahren, aber, ganz im Sinne der Oper,  jetzt mit neuen Mitwirkenden –  einstudiert von Rita Storck-Herbst und Jörg von Wensierski.

Zuletzt aber als wichtigster Teil der Aufführung sei besonders gelobt das Sinfonieorchester Münster. GMD Golo Berg entlockte ihm sehr gut hörbar die farbige, teils rhythmisch prägnante,  teils Walzer spielende melodisch abwechslungsreiche Musik von Leoš Janáček. Erwähnt sei als Beispiel das Zwischenspiel im ersten Akt, das die Entwicklung des kindlichen Füchsleins zur erwachsenen Füchsin darstellt, oder der erst verhaltene dann pompöse Schluß. Gleichzeitig lenkte er überlegen das Zusammenspiel mit den zahlreichen Solisten und Chor auf der Bühne.

Die melancholische Schlußbetrachtung sang der Förster im Bärenkostüm. Das paßte nicht so gut, denn als alter Fuchs konnte er kaum in der jungen Tochter von Bystroušky seine erste Begegnung erinnern – man  sah auch nur alle kleinen Bären des Kinderchors. Dafür trat der Enkel des ersten Frosches wie gewohnt auf.

Das Publikum im gut verkauften Haus spendete Beifall, vor allem für Sänger, Dirigent und Chöre, aber auch für das Leitungsteam.

Sigi Brockmann, 13. April 2025


Das schlaue Füchslein
Oper von Leoš Janáček

Theater Münster

Premiere am 12. April 2025

Inszenierung: Magdalena Fuchsberger
Musikalische Leitung: Golo Berg
Sinfonieorchester Münster