Coburg: Neujahrskonzert 2016

Aufführung im Kongresshaus Rosengarten Coburg 06.01.2016

Das „Alt-Wiener Strauss-Ensemble Stuttgart“ mit der Moderation von Dr. Eduard und Thomas Strauss sind Geschichte, das Philharmonische Orchester Coburg der Neubeginn

Zum 29ten mal feiern wir das Coburger Neujahrskonzert, und diesmal ist alles anders. Nach 28 Jahren hat man sich vom „Alt-Wiener-Strauss-Ensemble Stuttgart“ und der Moderation von Dr. Eduard und Thomas Strauss getrennt und das Philharmonische Orchester des Landestheaters und die Moderation des Intendanten Bodo Busse als Neubeginn gewählt. Ohne jegliche Wertung sei erst einmal zu Beginn gesagt, dass die Art und Weise des Wechsels nicht sehr professionell war. Aus meiner Sicht hätte man den Künstlern, die seit 28 Jahren hier gespielt haben, einen ordentlichen Abschied gönnen können, indem man ihnen vor ihrem letzten Konzert mitgeteilt hätte, das es nicht mehr weitergeht. Dann hätte man sich verabschieden können, vielleicht die 28 Jahre noch einmal Revue passieren lassen, es wäre eine saubere Trennung gewesen.

Oberbürgermeister Norbert Tessmer, begrüßte die Besucher zum 14ten Mal. Er begrüßte launig, ging auf die Hintergründe des Wechselns ein, blieb erfrischend kurz und überbrachte dem praktisch ausverkauften Haus die Neujahrsgrüße der Stadt.

Philharmonisches Orchester des Landestheaters mit GMD Roland Kluttig

Der Intendant des Landestheaters Coburg, Bodo Busse, übernahm erstmalig die Moderation des Neujahrskonzertes. Und er tat dies abwechslungs- und kenntnisreich, humorvoll und charmant. Interessantes verknüpfte er mit Bonmots und gestaltete die Moderation sehr abwechslungsreich. In jedem Fall eine Moderation, die Spaß machte und dem Publikum auch gefallen hat. An diesem, seinem ersten Moderationstag, übertrieb Bodo Busse jedoch aus meiner Sicht die Danksagung an die Stadt ein bisschen und dadurch zog sich die Moderation doch etwas sehr in die Länge. Ich gehe davon aus, dass dies im nächsten Jahr anders sein wird, denn dann ist es ja nicht mehr der Neuanfang sondern schon Normalität. Und einen zweiten Hinweis darf ich mir noch erlauben. Da hat man drei exzellente Sopranisten, die das Publikum begeistern, und dann bekommt jede eine einzige Arie, wobei die letzte der drei diese auch noch mit ihren beiden Kolleginnen teilen darf. Keine zweite Arie, keine gesungene Zugabe, nichts. Da hat man doch aus meiner Sicht einiges Potential verschenkt.

Roland Kluttig, der Generalmusikdirektor des Landestheaters Coburg musizierte erstmals in diesem Rahmen mit seinen Philharmonischen Orchester des Landestheaters. Und er hatte sein Orchester „im Griff“, ließ es aufblühen, nahm es bei den Gesangseinlagen wohltuend zurück und lebte mit seinem Orchester. Man merkte ihm am Dirigentenpult richtig die Freude an diesem Vormittag erstmalig das 29. Coburger Neujahrskonzert zu gestalten an. Und sein Orchester folgte ihm ohne Fehl und Tadel.

Man begann mit der Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“, einem der Meisterwerke von Johann Strauss Sohn, begann vorsichtig zurückhaltend um dann immer stürmischer den herrlichen Walzer musikalisch auszukosten und riss das Publikum bereits von Anfang an mit. Präzise und schwungvoll, so kann man das Dirigat bezeichnen. Die Sopranistin Julia Klein sang dann die Arie der Rosalinde „Klänge der Heimat“ aus dem „Die Fledermaus“. Und sie tat dies mit klarem höhensicherem Sopran, der aufstrahlte und in den Höhen fein perlte und auch mit Herzblut von ihr dargeboten wurde. Viel Beifall für eine tolle Leistung. Dann brillierte wieder das Orchester mit dem Csárdás aus „Ritter Pásmán“, welcher flott und schwungvoll dargeboten wird. Mit Ana Cvetkovic-Stojnic stellte sich die zweite Sopranistin des Konzerts vor. Mit geläufiger Gurgel, blitzend, wie gestochen dargebotenen Koloraturen bringt sie mit dem „Frühlingsstimmenwalzer“ einen Hauch von Frühling in den nüchternen Saal. Das Orchester beendet dann den ersten Teil mit den „Rosen aus dem Süden“, welche flockig und zart, aber auch drängend und berauschend dargeboten werden. Heute ist nicht der kammermusikalische Strauss, sondern der feurige, durch das große Orchester beseelte Strauss zu hören.

Ana Cvetkovic-Stojnic, Julia Klein, Nadja Merzyn

Und durch das große Orchester kommen auch die vier Ungarischen Tänze von Brahms erst so richtig zum Erklingen und können beeindrucken. Man merkt dem Orchester und seinem Dirigenten richtig die Freude an, die Pferde hier einmal so recht galoppieren zu lassen. Die dritte Sopranistin, Nadja Merzyn kann mit der Arie der Sylva aus „Die Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán punkten, die sie temperamentvoll und voller Feuer darbietet, wobei am Schluss der Arie ihr beiden Kolleginnen mit einstimmen. Viel Applaus – und leider war es das dann auch schon mit den Gesangseinlagen. Mit dem Walzer der Walzer, „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss beendet das Orchester leidenschaftlich, schwungvoll und mitreißend den offiziellen Teil des Neujahrskonzerts. Das Publikum, welches das gesamte Konzert mit starkem Beifall begleitete, hält es nicht mehr auf den Sitzen. Unter stehenden Ovationen erklingt ein weiterer ungarischer Tanz von Brahms, gefolgt von der Polka „Unter Donner und Blitz“. Und als Rausschmeißer fungiert der unverwüstliche Radetzkymarsch von Strauss Vater, der schwungvoll das Neujahrskonzert beendet. Leider auch hier wieder die schlimme Unsitte – leider vom Dirigenten noch zusätzlich vom Publikum gefordert – des fürchterlichen Mitklatschens, aber dagegen kommt man wohl kaum an.

Auch wenn die Umstände, die zum Wechsel beim Neujahrskonzert geführt haben, nicht unumstritten sind, muss man am Ende des 29. Neujahrskonzert feststellen, dass es keinen Einbruch gegeben hat, sondern dass man sich in jedem Fall auf das Jubiläumskonzert, die 30 Auflage im nächsten Jahr freuen kann. Ein schönes, ein gelungenes Konzert, welches, wenn man die kleinen Schönheitsfehler ablegt, sicherlich ein langes künstlerisches Leben vor sich hat.

Manfred Drescher 20.01.2016

Fotos: Eigenaufnahmen