Coburg: Johann-Strauss-Tage 2015

EIN WEITERER KRAFTAKT DER DEUTSCHEN JOHANN STRAUSS GESELLSCHAFT

Vor drei Jahren wagte die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft das eigentlich unmögliche – und hatte gesiegt. Die damaligen Johann-Strauss-Tage in Coburg waren ein großer Erfolg. Nun hatte man die elften Johann Strauss Tage seit Beginn dieser Veranstaltungen und das 40jährige Jubiläum der Gesellschaft. Vom 17. bis zum 20. September 2015 wurden die Jubiläumstage in Coburg durchgeführt und sie konnten den Erfolg von 2012 sogar noch toppen. Der folgende Bericht soll ein kurzer Streifzug über die Tage in Coburg sein und die Ereignisse Revue passieren lassen, wobei vieles nur angeschnitten werden kann.

Nach dem Ausstieg der Stadt Coburg aus Alexander-Girardi-Wettbewerb und Deutschen Johann-Strauss-Tagen in Coburg hat man nun auch die Jubiläumsveranstaltung zum 40jährigen Jubiläum in Eigenregie durchgeführt. Vor 125 Jahren gaben sich Adele und Johann Strauss in der Hofkapelle des Schlosses Ehrenburg das Ja-Wort. Johann Strauss wird damit Staatsbürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha. Am 03. Juni 1899 stirbt Johann Strauss Sohn, als Deutscher und als Coburger Bürger in Wien. 1887 sagte Johann Strauss über Coburg: „…Nie hätte ich gedacht, dass ein Stückchen meines Herzens in dieser Stadt bleiben wird…“. Wenn eine Stadt wie Coburg nicht erkennt, welches Potential in dieser Tatsache steckt und was man alles daraus machen könnte, muss es wieder die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft tun, sie tut es gern und der Erfolg gibt ihr Recht.

Rudolf Maeder, Schweiz

Am Spätnachmittag des 17. Septembers kommt nach der Begrüßung der zahlreich erschienenen Interessierten durch den Vorsitzenden der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, Dr. Ingolf Roßberg aus Dresden, die Eröffnung der Strauss Tage durch den Schweizer Pianisten Rudolf Maeder aus Baar. Und er kann im Vortragssaal des Kunstvereins Coburg unter dem Titel „Sterne, die wieder leuchten – Vergessene Operettenklänge Europas“ seine Zuhörer begeistern. Das Vorstandsmitglied der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft sitzt am Flügel, spielt, erzählt, unterhält. Ein launiger und unterhaltsamer Streifzug durch unbekannte Komponisten und unbekannte Operetten fesselt die Zuhörer bis zur letzten Minute. In seiner unnachahmlichen Art kann Maeder die Zuhörer mit größtenteils unbekannten Werken überraschen und erfreuen. Ein hervorragender Beginn der Tage.

Aramis-Trio

Am Abend trifft man sich in dem wunderschönen Riesensaal von Schloss Ehrenburg und wieder steht etwas Außergewöhnliches auf dem Programm. „Gute Freunde – gute Musik: Strauss trifft Brahms“ ist der Abend überschrieben, der vom Aramis-Trio bestritten wird. Zur Ergänzung haben sich die Drei noch sechs Musiker des Philharmonischen Orchesters des Landestheaters Coburg dazu geholt. Walzerklänge, einmal ganz anders dargeboten sind Inhalt des mit großem Beifall bedachten Abends. Den „Kaiserwalzer“, die „Rosen aus dem Süden“, „Wein, Weib und Gesang“ und den „Schatzwalzer“ bekommt man hier in den Fassungen von Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern zu Gehör gebracht. Und auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftig ist, entwickelt es seinen eigenen Charme und es ist erstaunlich, wie diese doch relativ kleine Besetzung einen orchestralen Klang erzeugen kann, den man gar nicht vermutet. Nach der Pause tritt das Aramis-Trio dann allein mit Johannes Brahms, einem Zeitgenossen von Johann Strauss auf und setzen auch hier musikalische Höhepunkte. Man merkt den Musikern einfach auch an, dass sie Spaß an dieser etwas anderen Art des Musizierens haben und dies überträgt sich auf die Zuhörer. Langanhaltender stürmischer Beifall zeugt von einem erstklassigen weiteren Auftakt der Johann Strauss Tage.

Der Freitag ist ganz der Tag der Symposien. Vor drei Jahren schon waren die Vorträge alle miteinander sehr gut besucht gewesen und dies setzt sich auch in diesem Jahr fort. Sicher auch, weil sich herumgesprochen hat, das es keine langweiligen staubtrockenen Vorträge sind, sondern dass sie lebendig, begeisternd vorgetragen und mit sehr viel Musik versehene Schmankerln sind, die man so geballt und so kompetent sicher erst ein zweites Mal suchen muss. Die Vorträge finden wieder im Vortragssaal des Kunstvereins statt, dem an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön für die bereitwillige Zurverfügungstellung gesagt werden muss, dies gilt natürlich auch für das Schloss Ehrenburg, welches am heutige Abend wieder für ein großes Operettenkonzert zur Verfügung gestellt wird. Doch nun zu den einzelnen Vorträgen an diesem Freitag.

Das Mitglied der Vorstandschaft Friedhelm Kuhlmann (Bild rechts) aus Hamburg referiert über „Oscar Fetrás – Ein Hamburger Komponist war einer der größten Verehrer der Wiener ´Sträusse´“. Es ist beeindruckend den Lebensweg von Oscar Fetrás mitzuerleben und seine Verbindung und seine Liebe zu den Sträussen zu erfahren. Mit vielen anschaulichen Beispielen versehen lässt Friedhelm Kuhlmann den Lebensweg an den Ohren und Augen der Zuschauer vorbeiziehen. Viel Beifall für einen Vortrag, den man in dieser Form noch nicht erlebt hat.

Im Anschluss daran kommt Prof. Mag. Helmut Reichenauer aus Wien. Und er ist stolz über das, was er und seine Freunde in Wien aufgebaut haben. In seinem Vortrag „Das erste Museum der Johann Strauss Dynastie in Wien – Absichten, Perspektiven und didaktische Umsetzung“ berichtet er charmant-wienerisch und äußerst abwechslungsreich über den langen und beschwerlichen Weg das Museum in Wien einzurichten und der Bevölkerung vorzustellen und zur Verfügung zu stellen. Viele Hindernisse sind aus dem Weg geräumt worden und er lädt alle Anwesenden ein, sich in Wien persönlich vom ersten Strauss Museum faszinieren zu lassen. Auch für ihn stürmischer Beifall der zahlreichen Zuhörer.

Kurz vor der Mittagspause ein weiteres Highlight. Die Hauptdarsteller Cindy Marinangel und Thorsten Becker (Bild rechts) stellen erstmals in Deutschland den Kurzfilm „Eternal Waltz – Ewiger Walzer“ vor. Durchgehend in diesem Film ist der Walzer „An der schönen blauen Donau“ op. 314 von Johann Strauss jr. zu hören, er zieht sich als roter Faden durch den ganzen Film. Die beiden berichten über die großen Schwierigkeiten, bis der Film fertiggestellt werden konnte. Viele Hürden, auch finanzieller Art waren zu überwinden. Die beiden danken der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft für das großzügige Sponsoring des Filmes. Dieser wird dann als deutsche Voraufführung unter großem Beifall gezeigt und sehr positiv aufgenommen. Dr. Ingolf Roßberg bekommt von den beiden Produzenten ein großes gerahmtes Bild des Filmplakates ausgehändigt. Der Film ist mittlerweile national und international auf vielen Kurzfilmfestivals für 2015 und 2016 eingereicht bzw. angenommen worden.

Prof. Dr. Norbert Linke, Borken

Der ehemalige Vorsitzende der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ und Ehrenmitglied der Gesellschaft, Prof. Dr. Norbert Linke aus Borken, referiert nach der Mittagspause über „Die Frühphase der kompositorischen Entwicklung von Johann Strauss Sohn im Zusammenhang mit dem im August 1843 begonnenen Skizzenbuch“. Und auch bei seinem wie immer hochinteressanten und leicht verständlichen Vortrag vergeht die Zeit wie im Flug. Norbert Linke versteht es wissenschaftliche Dinge so vorzutragen, dass sie für jedermann leicht verständlich und verstehbar sind. Auch für ihn lang anhaltender warmer Applaus.

Dann tritt als letzter in der Runde das Ehrenmitglied der Gesellschaft, der Strauss-Forscher Norbert Rubey (Bild rechts) aus Wien auf. Er unternimmt einen Abriss über die „Kompositorische Entwicklung der Instrumentation von Johann Strauss Sohn“. Auch er kann die Zuhörer nicht nur mit seinem Vortrag sondern auch mit den dazugehörenden Klängen begeistern. Charmant, interessant und umfassend kann er dieses doch recht wissenschaftliche Thema so volkstümlich vortragen, dass es jeder versteht. Den herzlichen Dank aller Anwesenden an alle Referenten bringt Ingolf Roßberg mit einem kleinen Geschenk öffentlich zum Ausdruck. Der Tag ist wie im Flug vergangen, viele unterschiedliche, hochinteressante Themen, so dargeboten, dass man gar nicht gemerkt hat, wieviel Zeit schon vergangen ist. Am Abend geht es dann wieder in den Riesensaal des Schlosses Ehrenburg, der sehr gut besetzt ist. Auf dem Programm steht „Zauber der Operette – Ein Abend bei Johann Strauss Sohn und seinen Zeitgenossen“.

Unter der launigen, äußerst kenntnisreichen Moderation von Dr. Ingolf Roßberg,

der Dinge zu erzählen weiß, die auch ein Operettenkenner so noch nie gehört hat, sind Beate Roux am Flügel und teilweise als zweite Stimme als Mezzosopran und der südafrikanische Tenor Pieter Roux zu sehen und zu hören. Beate Roux begleitet ihren Mann mit sicherer Zurückhaltung, zart, wenn es gefordert wird, aber auch energisch und ist ihm eine stets zuverlässige aufmerksame Partnerin. In den „Geschichten aus dem Wienerwald“ und „Künstlerleben“, beides von Johann Strauss Sohn zeigt sie, dass sie eine versierte Pianistin ist, die auch entsprechende Zeichen zu setzen weiß. In der Begleitung ihres Mannes ist sie betont zurückhaltend, sehr sängerdienlich, einfühlsam und stimmschonend.

Pieter und Beate Roux

In den Duetten kann sie mit einem runden voluminösem stimmschönen Mezzosopran punkten. Ihr Mann ist ein aus dem vollen italienischen Fach schöpfender Tenor, der sich der Wirkung seiner kraftvoll herausgeschmetterten Spitzentönen wohlauf bewusst ist. Die feine Nuancierung ist nicht unbedingt sein Ding, jedoch kann er mit einer grandios auftrumpfenden Stimme, die fast den wunderschönen Riesensaal zu sprengen droht, aufwarten. „Sei mir gegrüßt, du holdes Venezia“, „Komm Zigan“, „Gern hab ich die Fraun geküsst“, natürlich „Freunde, das Leben ist lebenswert“ und „Dein ist mein ganzes Herz“ gelingen ihm glänzend, hier kann er sich auch ganz auf seine klaren kraftvoll geschmetterten Spitzentöne verlassen. Bei den „Dunkelrote Rosen“ kann er, auch wenn diese Arie ursprünglich für einen Bariton gedacht ist, die Herzen der anwesenden Frauen problemlos verführen, jedoch „Ja, das Schreiben und das Lesen“ aus dem „Zigeunerbaron“ ist für mich ein Basslied par excellence – das gefällt mir von keinem Tenor, egal, wie er heißen mag. Als Zugabe gibt es noch „Lippen schweigen“ aus der „Lustigen Witwe“ und langandauernder teilweise tosender Applaus zeigt, dass es den Anwesenden ausgesprochen gut gefallen hat.

Johann Strauss Quintett mit Jiri Preisinger

Am Samstagvormittag trifft man sich im Kongresshaus Rosengarten zum Festakt zum 40jährigen Jubiläum der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft mit den Grußworten der vielen Gäste und Ehrungen von Mitgliedern. Die musikalische Umrahmung des Festaktes übernimmt schwungvoll das Johann Strauss-Quintett unter der bewährten Leitung von Jiri Preisinger. Der stv. Vorsitzende Albrecht Tauer begrüßt die vielen Gäste aus nah und fern und freut sich, dass so viele den Weg zum

40jährigen Jubiläum gefunden haben. Als erster Grußwortredner tritt Oberbürgermeister Norbert Tessmer ans Pult. Er, der selbst Mitglied der Gesellschaft ist, freut sich, dass dieses Ereignis in Coburg abgehalten wird. Er bittet um Verständnis, dass aus finanziellen Zwängen die Festtage und auch der Alexander Girardi Wettbewerb nicht mehr durch die Stadt ausgerichtet werden können. Er deutet jedoch an, dass die Gesellschaft weiterhin mit der Rückendeckung der Stadt Coburg rechnen könne. Wie genau dies aufzufassen ist, ist an diesem Tag nicht zu erfahren. Der stv. Landrat Christian Gunsenheimer freut sich besonders, dass das Festkonzert erstmals im Landkreis Coburg stattfindet und wünscht der Gesellschaft weiterhin alles erdenklich Gute. Karin Fodor, die Präsidentin der kanadischen Johann Strauss Foundation freut sich über die hervorragenden Beziehungen und die verstärkten Austausche, ebenso wie Peter Kemp, der Ehrenpräsident der Englischen Johann Strauss Society, der die Hoffnung ausdrückt beim 50 jährigen Jubiläum wieder dabei zu sein. Vom Kulturverein Wiener Blut überbringt Prof. Helmut Reichenauer viele Grüße und gibt der Hoffnung Ausdruck in 37 Jahren in Wien das vierzigjährige feiern zu können. Als letzter Grußredner überbrachte Dr. Eduard Strauss seine und die Grüße seiner Familie, an die deutsche Gesellschaft und gab der Hoffnung Ausdruck noch viele Jubiläen feiern zu können. Er betont, dass die Strauss-Pflege in erster Linie auf Qualität ausgerichtet sein und die Überzeugungskraft durch den Zauber der Musik überall hin getragen werden müsse. Betrübt ist er über die Tatsache, dass in Coburg, der deutschen Johann Strauss Stadt, die Mitarbeit der Straussfamilie zB. beim Neujahrskonzert nicht mehr gefragt ist. Nach 28 Jahren so einfach nicht mehr dabei sein zu dürfen, habe alle sehr betroffen gemacht.

Prof. Dr. Norbert Linke, stv. Vorsitzender Albrecht Tauer, Coburg, Dr. Ingolf Roßberg, Dresden und Norbert Rubey, Wien

Dr. Ingolf Roßberg überreicht den beiden Mitgliedern der Gesellschaft, Herrn Professor Dr. Norbert Linke und dem Strauss-Forscher Norbert Rubey unter langanhaltendem Applaus der Festgäste die Urkunde über die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft. Danach gibt Ingolf Roßberg einen Überblick über die 40 turbulenten Jahre der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft. Er stellte die beiden exklusiven Festhefte vor, einmal ein 90seitiges Fachbeitragsheft, das im deutschsprachigen Raum seinesgleichen sucht, da es von exklusiven Fachbeiträgen bis zur letzten Seite ausgefüllt ist und die Jubiläumsausgabe zum 40jährigen, welche die Entwicklung der Gesellschaft aufzeigt und einen Überblick über die zurückliegende Zeit mit über 100 ausgewählten Bildern bietet. Die Mitglieder hatten in den vergangenen Monaten Material und Bilder zur Auswertung zugesandt, aus über 2500 Fotos und aus rund 15kg Material mussten die besten Beiträge für die Festschrift ausgewählt werden, was eine Heidenarbeit dargestellt hatte, aber das erste komplett in Farbe herausgegebene Heft sei dafür auch einmalig geworden und biete einen überreichen Schatz an Wissenswertem über die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft.

Albrecht Tauer, Walter Dorn, Silvia Tauer, Irene Günther und Georg Günther

Die Ehrennadel der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft für 25jährige Mitgliedschaft wird an Silvia und Albrecht Tauer, sowie an Irene und Georg Günther als auch an Herrn Walter Dorn überreicht.

Noch vor der Mittagspause begibt man sich dann im Gedenken an den Walzerkönig Johann Strauss Sohn in den Rosengarten. Nach kurzen Ansprachen von Oberbürgermeister Norbert Tessmer, der einen Abriss über das Leben und Schaffen des Walzerkönigs in Coburg gibt und Dr. Ingolf Roßberg, der als Vorsitzender der Gesellschaft darauf hinweist, dass sich Coburg wieder bewusst werden müsse, dass der Titel deutsche Johann Strauss Stadt auch eine Ehre und Auszeichnung ist. Beide legen dann am Gedenkstein Blumen nieder, wobei ein Blumenstrauß auch von der leider aus Gesundheitsgründen nicht anwesend sein könnenden Frau Inge Röhre ist, die das letzte lebende Gründungsmitglied der Gesellschaft ist.

Am Nachmittag dann die Jahreshauptversammlung der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, über die im Protokoll ausführlichst berichtet wird und die mir erlaubt gleich den nächsten Höhepunkt des Tages anzusprechen.

Das Jubiläumskonzert der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft anlässlich des 40jährigen Bestehens findet in der bis auf den letzten Platz besetzten Mehrzweckhalle in Neustadt bei Coburg statt. Das Orchester der „Gesellschaft der Musikfreunde Neustadt“ wird von Daxi Pan geleitet, der kurzfristig für den erkrankten Hans Stähli einspringt. Exzellent aufspielende Laienmusiker, welche eine Vielzahl von Extraproben durchgeführt und sich auch mit einigen Aushilfen verstärkt haben, können voll und ganz überzeugen.

Dixi Pan führt das Orchester mit leichter Hand, läßt aber zuweilen auch straffe Zügel spüren und umschifft auch routiniert die ein oder andere aufkommende Unsicherheit im Orchester. Das Ambiente von Schloss Ehrenburg kann die Halle natürlich nicht bieten, dafür ist praktisch kein Stuhl mehr frei, man muss sogar Ersatzstühle aufstellen. Christine Rebhan führt informativ und charmant durch das Programm, auch wenn man sich doch ein bisschen das Eingehen auf den Jubilar, die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft, gewünscht hätte. Der Veranstalter wird praktisch nicht erwähnt (außer der Begrüßung von Dr. Eduard Strauss und seiner Familie). Und auch beim Programm hätte man sich ein bisschen mehr Strauss und Zeitgenossen gewünscht. Aber das alles verblasst am Erfolg beim anwesenden Publikum. Die erklatschen sich verschiedene Zugaben und einmal wird auch rhythmisch mitgeklatscht, eine Unart, die leider immer mehr auch von Sängern und Orchesterleitern praktisch fast gefordert wird. Das Orchester stellt sich mit der „Leichten Kavallerie“ von Suppé vor, spielt noch „Nordseebilder“ von Johann Strauss Sohn, „Hereinspaziert“ von Ziehrer, und die „Pizzicato-Polka“ von Josef Strauss. Wenn man von einigen kleinen Unebenheiten absieht, eine sehr gute Leistung.

Als Solisten treten die Sopranistin Stefanie Smits und der Tenor Lucian Krasznec (Bild rechts) auf, beide eng mit Coburg verbunden. Stefanie Smits führt sich mit „Ein kleiner Slowfox mit Mary“ ein und bekommt großen Applaus. Ihre Stimme ist immer noch weich, spricht direkt an und hat auch noch das gewisse Flirren im Ausdruck. Der Csárdás aus der „Gräfin Mariza“, das Wilja-Lied aus der „Lustigen Witwe“, Meine Lippen die küssen so heiß“ aus „Giuditta“ sind ihre Soli, im Duett singt sie noch „Lippen schweigen“ aus der „Lustigen Witwe“ und „Tanzen möchte ich“ aus „Die Csárdásfürstin“. Beeindruckend Lucian Krasznec, der mit dem „Wolgalied“, dem Auftrittslied des Barinkay aus dem „Zigeunerbaron“ im ersten Teil auftrumpft. Er hat einen ausdrucksstarken, kräftigen und schönen weichen Tenor, den er bis in die strahlenden Höhen sicher und flexibel führt, hat kräftige Ausdrucksstärke in der Stimme, kann sich aber auch zart zurückhaltend darbieten. Eine sehr gute Leistung, die zu Recht mit Beifallsstürmen – nicht nur des weiblichen Publikums – bedacht wird. Nach der Pause kann er noch mit „Grüß mir mein Wien“ aus der „Gräfin Mariza“ und „Dein ist mein ganzes Herz“ aus „Das Land des Lächelns“ überzeugen. Die beiden Duette werden nochmals als Zugaben gegeben und langanhaltender stürmischer Applaus für alle Beteiligten beendet das Jubiläumskonzert. Für mich allerdings insgesamt ein bisschen zu viel Kálmán und Lehár und ein bisschen zu wenig Strauss.

Stadtkapelle Coburg

Der Sonntagvormittag beginnt wieder im Kunstverein Coburg. Dr. Eduard Strauss und sein Sohn Thomas geben einen Vortrag über „Was geh ich mich an .- die zwei Gesichter des Johann Strauss Sohn und seiner Familie“. Die beiden bieten eine unterhaltsame Reise durch das Leben Ihres Vorfahren. Gekonnt spielen sie sich die Bälle zu, wechseln geschickt jeweils den Vortrag und untermalen alles mit umfassenden musikalischen Ausschnitten aus teilweise sehr unbekannten Werken. Die zwei Stunden vergehen wie im Flug und man hätte sich fast die nochmals eine Stunde längere „Langfassung“ des Vortrages gewünscht. Es ist beeindruckend mit anzuhören und anzusehen, wie authentisch die beiden das Leben der Sträusse vor den Zuhörern lebendigst ausbreiten. Langer tosender Applaus am Ende des knapp zweistündigen Vortrages.

Am Nachmittag erfreut die Stadtkapelle Coburg auf der Terrasse des Kongresshauses Rosengarten mit einem frischen und lebendigem Standkonzert. Die Leitung des Orchesters hat Zdenek Fiala, der unter dem Titel „Von Wien nach Coburg – Johann Strauss Sohn und …“ frisch und fröhlich aufspielt. Die Zuhörer gehen so richtig mit, mancher Fuß wippt im Takt der Melodien. Ein großes Lob an die Stadtkapelle, die hier so begeisternd und gekonnt aufspielt.

In der Aula des Gymnasiums Casimirianum in Coburg tritt Nina Scheidmantel, eine Stipendiatin der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft mit einer „Romantischen Klaviersoiree“ auf. Sie spielt Kompositionen von Johann Strauss Sohn, Frederic Chopin, Franz Liszt u.w.a. Und dieser Spätnachmittag wird tatsächlich zu einem glanzvollen umjubelnden Abschluss der Johann Strauss Tage 2015 in Coburg. Im Oktober 2013 gab die junge Pianistin bereits ein umjubeltes Stipendiaten Konzert in Coburg und sie hat noch einmal „zugelegt“. Mit einfühlsamem, leichtem aber auch wiederum kräftigem Anschlag, mit einer riesigen Bandbreite und mit einem enormen Einfühlungsvermögen in die Musik gestaltet sie das Konzert. Im ersten Teil Variationen von Eduard Schütt über Themen von Johann Strauss, der zweite Teil ist ganz Robert Schumann gewidmet. Und allen Stücken merkt man die bedingungslose Leidenschaft der außergewöhnlichen Künstlerin an. Sie atmet jede Note, hochkonzentriert, sicher, fast möchte man sagen mit schlafwandlerischer Sicherheit behandelt sie ihr Instrument wie ihren besten Freund. Und alles kommt beim Publikum an, tosender, nicht endend wollender Applaus für eine Ausnahmekünstlerin, von der wir mit Sicherheit noch viel hören werden.

Aus Sicht der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“, sind die Johann-Strauss-Tage in Coburg ein voller Erfolg und eine Steigerung zu 2012. Es sind wesentlich mehr Zuhörer gekommen als vor drei Jahren und der Vorstand ist zuversichtlich, dass man mit einem nur kleinen Defizit aus den Tagen gehen wird. Ein ganz besonderer Dank an dieser Stelle an die Johann-Strauss-Stiftung Coburg, die Niederfüllbacher Stiftung, die Stadt Coburg, die SÜC H2O und Energie GmbH und die Sparkasse Coburg-Lichtenfels für ihre großzügige finanzielle Unterstützung der Deutschen Johann-Strauss-Tage in Coburg. Ein Dank auch an unser Mitglied und ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden Albrecht Tauer, ohne den dies alles nicht so reibungslos über die Bühne gelaufen worden wäre.

Hoffen wir, dass auch in drei Jahren man wieder die Mittel aufbringen kann, um die Deutschen Johann-Strauss-Tage 2018 ausrichten zu können. Die zurückliegenden Tage haben gezeigt, dass Johann Strauss nach wie vor ein Magnet ist, ein Pfund, mit welchem man wuchern sollte, vielleicht auch wieder einmal durch die Stadt Coburg.

Manfred Drescher, 23.10.2015

Bilder 1-7, 17/18 Eigenaufnahmen; Bilder 8-16, 19 Ulrich Göpfert, Coburg