Köln: Michael Daub

Vorstellung am 26.10.2017

Schöne, ausdrucksvolle Baritonstimme

Der saisonale Auftaktabend der Reihe „Im Zentrum Lied“ fand erstmals im Museum für angewandte Kunst statt, nicht zuletzt aus akustischen Gründen, wie verlautete. Ganz nachvollziehbar wurde das für das Ohr des Zuschauers freilich nicht. Merklich individuell war hingegen die Präsentation des Konzertes. Bariton Michael Daub und sein prominenter Klavierbegleiter Eric Schneider gaben in dialogischem Miteinander verschiedentlich Hinweise auf die ausgewählten Werke, welche unter dem Titel „Meeresleuchten“ allerdings nur partiell erfaßt waren. „Landschaften und Naturbeschreibungen“ (Programmheft) war eigentlich eine umfassendere Formulierung. Freilich stand Debussys „La mer est plus belle que les cathédrales“ prägend am Anfang. Dieses Lied diente auch der Untermalung für die Ankündigung des Konzertes in der morgendlichen „Mosaik“-Sendung des WDR. Hier handelte es sich um eine Aufnahme von Anna Prohaska, freilich auch mit Eric Schneider als Pianist (entnommen der vor 8 Jahren entstandenen CD „Sirene“).

Ein Vergleich dieser Interpretation mit dem Livevortrag von Michael Daub machte u.a. deutlich, wie stark die Wirkung einer Vokalkomposition von der Individualität einer Stimme abhängig sein kann. Ein lichter Sopran gibt nun einmal andere Farben her als ein viriler Bariton.

Erster Eindruck bei Michael Daub: eine enorm schöne Stimme. Das war auch die Reaktion von Eric Schneider, als er den jungen Sänger kennenlernte. Seit 2015 arbeiten beide nun schon zusammen und haben Auftritte an repräsentativen Konzertstätten absolviert. Obwohl nach wie vor studierend (in London) ist Michael Daub schon jetzt als Sänger von ganz außerordentlichem Rang zu bezeichnen. Seine „schöne Stimme“ wirkt bestens focussiert, ist ebenso expansiv wie sensibel, volltönend und tragfähig selbst in Momenten zurückgenommener Dynamik. Das faszinierte auch bei Debussy und den beiden finalen Liedern von Henri Duparc. Dieser Komponist taucht in hiesigen Konzertprogrammen relativ selten auf; Dank also für die jetzige Begegnung.

Entsprechend der gewählten Thematik war das Programm romantisch ausgerichtet. Selbst die drei Gesänge von Samuel Barber paßten in dieses Schema, gehört der amerikanische Komponist doch unleugbar zu den „Konservativen“ des 20. Jahrhunderts, schrieb melodisch und harmonisch gegen den Rest der Musikwelt. Da wirkt ein Hugo Wolf mitunter fast „moderner“. Außer mit Liedern aus seiner Feder war das weitgehend aus Raritäten bestehende Programm von Schubert und Brahms geprägt. Als Höhepunkt des Konzertes darf Michael Daubs ruhig fließende, fast magisch beschwörende Widergabe von Schuberts „Meeres Stille“ bezeichnet werden, feinfühlig und klangsensibel begleitet von Eric Schneider, der nur mitunter vom Pedal etwas viel Gebrauch machte. Für die Darbietungen gab es reichlich Beifall, der am Ende sogar von Bravorufen durchsetzt war.

Unter den beiden Zugaben befand sich auch ein kapriziöses Lied von Kurt Weill. Es war wohl auch als Andeutung zu verstehen, daß das Thema des Abends ohne weiteres bis ins 20. Jahrhundert hinein hätte ausgeweitet werden können. Vielleicht ein anderes Mal.

Die künstlerische Leiterin der Konzertreihe, die im Ausland lebende Sopranistin Ingrid Schmithüsen, war in dem wie immer üppigen Programmheft mit einem Grußwort und einigen Textübersetzungen präsent. Der WDR hat übrigens mitgeschnitten und sendet die Aufzeichnung des Konzertes am 11. Dezember in seinem 3. Programm.

Christoph Zimmermann (27.10.2018)