Köln: „Der fliegende Holländer“ als Musical

Uraufführung: 23.02.2018, besuchte Vorstellung: 24.02.2018

Die Sage des fliegenden Holländers, der durch einen Fluch belastet nur alle sieben Jahre für sieben Tage an Land darf, um durch eine Frau die ihn aufrichtig liebt erlöst zu werden, konnte sich in der Vergangenheit immer als Vorlage für diverse Film- und Theaterproduktionen beweisen. Hinlänglich bekannt ist nicht nur Wagners Oper, auch in Disney´s „Fluch der Karibik“ wird diese Sage aufgegriffen. Der WDR produzierte für die Sendung „Klassik populär“ nun die Welturaufführung dieses Stoffes als modernes Musical. Aufgezeichnet wurde die konzertante Version am 23. und 24. Februar diesen Jahrens im großen Sendesaal des WDR Funkhauses am Kölner Wallrafplatz.

Doch begonnen hat alles bereits einige Jahre zuvor. Bei einem Wettbewerb gewannen Philipp Polzin (Musik, Buch und Liedtexte) und Christian D. Dellacher (Musik, Orchestrierung und Arrangements) mit dem Musical „Der fliegende Holländer“ den ersten Preis, welcher eigentlich in einer Aufführung des Werkes bestehen sollte. Leider entwickelte sich die Suche nach einer passenden Bühne offenbar etwas schwieriger als angenommen, so dass die, um es vorwegzunehmen, großartige Partitur bis zum Februar 2018 weitestgehend unter Verschluss blieb. Vor einiger Zeit nahm sich das WDR Funkhausorchester dem Stück an, so dass die Uraufführung des Werkes gleich mit einem großen, professionellen Orchester punkten konnte. Außerdem konnten mit Chris Murray (Holländer), Milica Jovanovic (Senta), Richard-Salvador Wolff (Erik) und Thomas Bayer (Daland) vier erfolgreiche und bekannte Musicaldarsteller verpflichtet werden, die durch den Chor „Vocal Journey“ ergänzt wurden.

Gleich die Ouvertüre weiß zu gefallen, kann man das Meeresrauschen aus ihr förmlich spüren. Unter der musikalischen Leitung von Kai Tietje spielt das WDR Funkhausorchester zwei Stunden so wunderbar, das man sich mehrmals am Abend wünscht, dass dieses Konzert doch bitte als CD-Veröffentlichung erscheinen möge. Auch die Gesangssolisten wissen zu gefallen, die Rolle des Holländers scheint Murray fast auf den Leib geschrieben zu sein, Milica Jovanovic übernimmt die großen Balladen und auch Richard-Salvador Wolff gelingt der Wechsel von Disneys Aladdin (den er vor kurzem noch in Hamburg verkörperte) zum Seefahrer prächtig. Musikalisch spielt das Werk geschickt mit großen Orchesternummern, moderneren Rock-Pop-Balladen und schönen Seemanns-Shantys, bei denen auch der Chor immer wieder zu gefallen weiß.

Die Regie dieser konzertanten Aufführung übernahm Roland Hüve, kein so leichtes Unterfangen bei solch einem Stück, was geradezu vor Bildgewalt überquillt. So beschränkt sich Hüve auch mehr oder weniger auf einen großen Steeg über den die Darsteller laufen und ein paar kleinere Requisiten wie Stühle in der Seemannskneipe, für eine Radioaufzeichnung sicher ausreichend. Dazu die passenden Kostüme für die Darsteller und ein geschickter Einsatz des Lichtes runden die Aufführung für die Zuschauer im Saal ab. Übrigens waren sehr viele Erstbesucher bei einem Konzert des Funkhausorchesters im ausverkauften Konzertsaal zu Gast, wie eine kleine Abstimmung durch Handzeichen zu Beginn ergab, charmant kommentiert von der Bühne mit dem Hinweis, dass man dies wohl eine gelungene Neukundenakquise nennen könne.

Doch genug geschwärmt, am besten hören Sie selber mal rein. Allen Lesern sei die Ausstrahlung des Konzertes im Rahmen von „Klassik Populär“ am Sonntag, den 28.04.2018 um 19 Uhr auf WDR4 wärmstens empfohlen. Weitere Informationen zum Stück liefert auch die Homepage www.hollaendermusical.de. Eine CD-Veröffentlichung wäre wie bereits erwähnt wünschenswert, damit das Werk möglichst vielen Entscheidungsträgern in den Theatern des Landes bekannt wird, denn hier ist ein Musical mit großem Potential entstanden, welches richtig inszeniert – ein großes Schiff, eine kleine Häuserfront und viel Nebel würden wahrscheinlich fast schon ausreichen – sicherlich ein großer Publikumsrenner werden könnte und musikalisch zudem bestens unterhält.

Markus Lamers 6.3.2018
Bilder (c) WDR / Claus Langer