Braunschweig: Neujahrskonzert „Pomp and Circumstance“

Very british

Wie im Vorjahr gab es beim traditionellen Neujahrskonzert des Staatsorchesters Braunschweig in der Stadthalle ein vom üblichen Schema solcher Konzerte abweichendes Motto, mit „Pomp & Circumstance“ einen Gruß an die britische Insel. Außerdem stand immer noch nicht der Chef des Orchesters am Pult (der designierte GMD Srba Dinic kann sein Amt erst zum Beginn der Spielzeit 2017/18 antreten). So leitete erneut Gerd Schaller mit immer wieder antreibender, souveräner Zeichengebung das bestens disponierte Staatsorchester durch bekannte britische Stücke von Georg Friedrich Händel bis zu Edward Elgar mit dem titelgebenden Marsch.

Im ersten Programmteil hörte man ausschließlich Stücke des Barock wie Händels pompöse „Feuerwerksmusik“, eine kurze Sinfonie von William Boyce sowie Arien von Henry Purcell und wieder Händel. Merkwürdigerweise wurden letztere nicht von Ensemblemitgliedern, sondern von Nachwuchssängerinnen der Münchner Theaterakademie August Everding präsentiert. Die amerikanische Sopranistin Julia Moormann gestaltete eher zurückhaltend eine Arie aus Purcells „Fairy Queen“, kam dann aber bei den Koloraturen aus Händels „Samson“ mehr aus sich heraus. Erst im zweiten Programmteil überzeugte sie vollends mit einem Song aus Lionel Barts Musical „Oliver“. Der bereits volltimbrierte, sehr flexibel geführte Mezzo von Vero Miller gefiel in einer virtuosen Arie aus Händels „Amadigi di gaula“ und im weich dahin strömenden „Ombra mai fu“ aus „Xerxes“. Schön auf Linie sang sie ein Lied von Patrick Doyle aus dem Jane-Austen-Film „Sinn und Sinnlichkeit“.

Wieder führte Orchesterdirektor Martin Weller mit launiger Moderation durch den anregenden Abend, an dem nach der Pause jeweils süffiger Orchester-Sound die Halle überflutete. So gab es William Waltons etwas lärmenden „Krönungsmarsch“ zur Inthronisation von Queen Elizabeth II. oder die „English Folk Song Suite“ von Ralph Vaughan-Williams. Moderne, spätromantisch wirkende Filmmusik zu „Harry Potter und der Feuerkelch“ von Patrick Doyle leitete über zu Stücken, die aus der „Last Night of the Proms“ bekannt sind. Der Moderator verteilte dazu Auto-Hupen im Publikum und animierte es, sich an Henry Woods „Jack’s The Lad“ und Elgars Marsch „Pomp and Circumstance“ mit Hupen, Klatschen und wippenden Körperbewegungen zu beteiligen. Die Reaktion war eher dürftig – die britische Proms-Tradition gibt es hier eben nicht.

Passende Zugaben wie Händels „Tochter Zion“, verbunden mit „Rule Britannia“, und – als gelungene Überraschung – das „Halleluja“ aus dem „Messias“ mit Mitgliedern aus Chor und Extrachor des Staatstheaters sowie aus weiteren Braunschweiger Chören beendeten das Neujahrskonzert, das vom begeisterten Publikum in der ausverkauften Halle ausgiebig beklatscht wurde.

Gerhard Eckels 3.1.2017