Essen: Grand opéra – Belcanto Drammatico

Gala-Konzert in der Essener Philharmonie am 4. Juni 2017

Diana Damrau, Sopran & Nicolas Testé, Bassbariton

PKF – Prague Philharmonia & Emmanuel Villaume, Dirigent

Ouvertüre zu "Les Huguenots" (Meyerbeer)

"Nobles seigneurs, salut!" – Arie des Urbain "Les Huguenots" (Meyerbeer)

"Ombre légère" – Arie der Dinorah aus "Dinorah" (Meyerbeer)

Ouvertüre zu "Romeo und Julia" (Gounod)

"Épouse quelque brave fille" – Arie des Grieux aus "Manon" (Massenet)

"Sulla rupe, triste, sola" – Arie der Emma "Emma di Resburgo" (Meyerbeer)

"Lebewohl, geliebte Schwester" – Arie der Vielka "Ein Feldlager in Schlesien"

"Mögst Du, mein Kind" – Daland aus "Der fliegende Holländer" (Wagner)

"Tanz der Stunden" aus "La Gioconda" (Ponchielli)

"Sì, morir ella dè" – Arie des Alvise Badoero aus "La Gioconda" (Ponchielli)

"Mercè dilette amiche" – Arie der Elena aus "I vespri siciliani" (Verdi)

"Bess, you is my woman now" – Duett "Porgy and Bess" (Gershwin)

Jakob Liebmann Meyerbeer, einer der bekanntesten Komponisten des 19. Jahrhunderts, war Deutscher; geboren in Tasdorf, dem damaligen Kurfürstentum Mark Brandenburg. Daher finden sich in seinem Repertoire auch richtig urdeutsche Opern. Grand Opèras waren das zwar noch nicht, aber immerhin schöne Singspiele. Man sucht das Werk "Ein Feldlager in Schlesien" auf unseren hochsubventionierten Opernbühnen weiterhin vergeblich, daher war es wunderbar, daß Diana Damrau die Kernarie "Lebewohl, geliebte Schwester" auf ihrer neuen CD präsentiert und natürlich auch im "Werbe"-Konzert für diese Silberscheibe mit Meyerbeer-Arien.

Die hochsympathische Künstlerin spricht oft über die Ohrwurmqualität von Meyerbeer. "Er schreibt unglaublich schöne Melodien…" Wer das fabelhafte Konzert gestern verpasst hat, sollte sich unbedingt die CD zulegen. Und wer sich ein Bild von diesem tollen und dabei völlig natürlich gebliebenen Weltstar machen möchte, dem sei das WDR-Interview empfohlen, wo sie ausgiebig über ihre Liebe zum großen Komponisten Meyerbeer spricht.

Daß sie, auch im Konzert in Essen, Werke vorstellt, die nicht unbedingt im Mainstream liegen, wie "Emma di Resburgo" oder "Dinorah", ist ein besonderer Verdienst und kann nicht hoch genug gelobt werden. Beeindruckend ist ihre unglaubliche Bühnenpräsenz, wobei sie – ganz im Gegensatz zu z.B. der Bartoli – bei aller Wirbelei in Bewegung, Mimik und Gestik immer natürlich wirkt und nichts affektiert rüber kommt. So ist sie halt. Sie kann nicht still stehen bei fröhlicher Musik; da ist sie ganz die Musiktheaterdarstellerin, wie wir sie alle lieben.

Das ist keine Pausenclown-Artistik, sondern kommt aus der Seele. Und wenn sie einen langen Ton hält und dabei gleich mehrfache Pirouetten dreht, dann zeigt sie sich als echte Bravour-Künstlerin allererster Güte.

Über ihre einmalige Sopranstimme, die nicht nur von besonderer Ausdruckskraft und Virtuosität ist, sondern die auch geradezu artistische Kehlkopfakrobatik beinhaltet und hochschwierige Partien mit scheinbar göttlicher Leichtigkeit bewältigt, braucht man keine weiteren Worte zu verlieren. Typisch für ihre hohe Gesangskultur ist die Zugabe aus der Oper Robert le Diable "toi que j’aime", die – wie sie erläutert – ihr eine besondere Herzensangelegenheit ist und sie sich immer besonders freut diese noch als Zugabe präsentieren zu dürfen, da das Stück häufig auf der Opernbühne (Anmerkung der Redaktion: Wenn es überhaupt noch aufgeführt wird!) gestrichen würde. Hören Sie, verehrte Opernfreunde mal herein, dann wissen Sie warum ;-)…

Last but not least sollte auch ihre Ehemann

Nicolas Testé nicht unerwähnt bleiben, der trotz Indisposition (man hatte daher den Programmablauf komplett geändert) noch bewies, daß er nicht nur als Ehemann des Weltstars zu beachten ist, sondern selber zu dieser Kategorie gezählt werden muß. Ihm wäre ein separater Gala-Abend zu gönnen.

Emmanuel Villaume leitet die Prague Philharmonia sängerfreundlich bei den Arien, in den Konzerstücken dagegen dominierte überwiegend Fortissimo; immerhin gelingt ihm mit dem Orchester im "Tanz der Stunden" doch eine gewisse Straussche Polka-Seligkeit, so daß sich das Orchester unbedingt für ein Silvesterkonzert durchaus anbieten würde. Wie man auf dem unteren Foto sieht, eine durchaus fröhliche Truppe mit Temperament.

Die obligate Autogrammstunde nach Konzerten dieser Art versteht sich von selbst und sorgte immerhin dafür, daß man nicht nur im Ohr schöne Musik mit auf den Heimweg nahm, sondern im Auto die große Diana Damrau noch eine Weile weiterhören konnte.

Bilder (c) nicolasteste.com / www.pkf.cz / www.emmanuelvillaume.com/

Peter Bilsing 6.6.2017