Köln: „Carmen La Cubana“

Gelungene Eröffnung des 31. Kölner Sommerfestivals

Auch in diesem Sommer findet in der Kölner Philharmonie wieder das beliebte jährliche Sommerfestival statt. Den Auftakt hierzu machte am vergangenen Donnerstag, das nach ungeprüften eigenen Angaben „erste kubanische Musical“ Carmen La Cubana. Basierend auf Georges Bizets allseits bekannter Oper entwarf Oscar Hammerstein II mit Carmen Jones 1943 ein Werk, welches die Handlung in den Süden der USA verlegte und nahezu ausschließlich mit afroamerikanischen Darstellern besetzt wurde. Auf dieser Grundlage entstand nun eine neue Version der Autoren Norge Espinosa Mendoza und Stephen Clark, die die Geschichte nach Kuba in die Tage der Revolution transferiert. Carmen La Cubana ist somit im Handlungsablauf etwas näher bei Carmen Jones denn bei Carmen, auf die wunderbare Musik von George Bizet muss allerdings niemand verzichten. Doch liebe Opernfreunde, seid offen für Veränderungen, denn der größte Kniff dieser Aufführung ist parallel zur Handlung auch die Musik nach Kuba zu übertragen. So basiert die Orchestrierung des mehrfachen Tony- und Grammy Award-Gewinners Alex Lacamoire auf viele verschiedene Formen der reichen kubanischen Musiktradition. Es fließen u. a. Rumba, Mambo, Cha-Cha-Cha und Salsa in teilweise auch weniger bekannte Bizetthemen ein, doch dabei hat Lacamoire wie er selber versichert „immer an der Linie festgehalten, die Biszet geschaffen hat“. Dies gelingt weitestgehend nicht nur flott und frisch, sondern sehr überzeugend. Fast könnte man denken, das Grundwerk sei von Beginn an für eine 14köpfige Latin-Big-Band geschrieben worden, die an diesem Abend das Ohr bestens verwöhnt.

Der gewählte Regieansatz des international sehr gefragten Opern- und Musicalregisseurs Christopher Renshaw zieht sich logisch durch den ganzen Abend, so dass man regelrecht eintaucht in die kubanische Welt. Aus Zigarettenfabriken werden Zigarrenfabriken und aus dem Torero wird wie bereits 1943 ein Boxer, welcher sein Geld in durchaus als Spelunken zu bezeichnenden Etablissements verdient. Alles wirkt rund und stimmig. Erzählt wird die Geschichte von „La Senora“, die als eine Art Erzählerin immer wieder in verschiedenen Rollen auftaucht und dem ganzen einen zusätzlichen Rahmen verleiht. Allerdings und dies ist leider selbst bei einem geübten Operngänger der einzige kleine Wehmutstropfen des Abends, die Sprechtexte sind teilweise recht lang und so ist hier oft fleißiges Mitlesen der deutschen Übersetzung notwendig. Aufgeführt wird Carmen La Cubana nämlich durchgängig in spanischer Sprache, was der Authentizität wiederrum sehr entgegen kommt. Viel Arbeit hatte im Vorfeld auch Choreograf Roclan Gonzáles Chávez, denn das spielfreudige Ensemble und die zusätzlichen Tänzer kommen des Öfteren in großen Tanz-Szenen stark zur Geltung. Die Bühne von Tom Piper ist schlicht und zweckmäßig mit einigen liebevollen Details, allerdings im Laufe des Abends auch mit keinen größeren Veränderungen. Sehr prachtvoll ausgestaltet dagegen seine vielen Kostümentwürfe. Das abwechslungsreiche Lichtdesign von Fabrice Kebour rundet das positive Gesamtbild des Kreativteams ab.

Auch die Besetzung zeigte sich bei der Premiere durchweg von beindruckender Qualität. Allen voran verkörperte Luna Manzanares Nardo wie bereits bei der Welturaufführung dieses Werkes 2016 am Pariser Theatre du Chatelet die Titelrolle der Carmen mit ihrem südamerikanischen Temperament und mit einer wunderbaren Stimme. Dass sie in ihrem Wunsch nach Freiheit auch über Männerleichen geht, wurde dem Zuschauer gleich zu Beginn der Inszenierung bildlich deutlich gemacht. Diese Männer sind Saeed Mohamed Valdés als José, Leonid Simeón Baró als Sargento Moreno und Joaquin Garcia Mejias als Boxer „El Nino“. Bleibenden Eindruck hinterlässt auch Albita Rodriguez als „La Senora“ mit einem gewaltigen Stimmumfang, hinein in alle Bereiche der Latin-Music. Dagegen eher klassisch angelegt ist die Rolle der Marilù, die von der Opernsängerin Cristiana Rodriguez Pino mit einem klaren Sopran dargeboten wird. Auch die weiteren Rollen sind toll besetzt und man verlässt die Philharmonie nach langem und lautem Schlussapplaus gut gelaunt mit einem „Habanera“ auf den Lippen.

Bis zum 29. Juli 2018 ist Camen La Cubana noch in Köln zu sehen, nach einem kurzen Aufenthalt in London folgen dann ab dem 21. August 2018 Gastspiele in der Oper Leipzig, der Alten Oper Frankfurt, dem Admiralspalast in Berlin, dem Deutschen Theater München und dem Theater 11 in Zürich, bevor die aktuelle Tour zum Jahresende in Shanghai zu Ende gehen wird. Weitere Informationen sowie einen kurzen Videoeinblick in die Show auf der Homepage zur Tour unter http://www.carmen-la-cubana.de/.

Markus Lamers, 20.07.2018
Fotos: © Nilz Böhme