Weikersheim: „L’elisir d’amore“, Gaetano Donizetti

Lieber Opernfreund-Freund,

seit 1965 finden im Schlosshof des Renaissance-Schlosses in Weikersheim Opernaufführungen statt und bilden alljährlich den Höhepunkt der Internationalen Opernakademie der Jeunesses Musicales Deutschland. Dieses Jahr überzeugen die jungen Künstlerinnen und Künstler mit einer launigen Interpretation von Donizettis Liebestrank.

© Jeunesses Musicales Deutschland

Der renommierte Opernregisseur Jakob Peters-Messer hat die Handlung in das Italien der 1950er Jahre verlegt, macht den verliebten Bauern Nemorino zum Handwerker und peppt die Geschichte mit witzigen Einfällen auf. Wunderheiler Dulcamara kommt als Zirkusdompteur daher (die hinreißenden Kostüme stammen von Angela C. Schuett), der das Liebeselixir passenderweise im in Tauberfranken üblichen Bocksbeutel ausschenkt. Belcore wird zum Polizisten und nur Adina bleibt die, die sie schon bei Donizetti ist: eine verwöhnte junge Dame aus gutem Hause, die ihr Herz erst dann öffnet, wenn Nemorino für andere Frauen interessant wird. In der stimmungsvollen Kulisse des historischen Schlosshofs gelingt Peters-Messer auf der effektreich beleuchteten Bühne von Guido Petzold unterhaltsames Sommertheater und das kann glücklicherweise am vergangenen Samstag auch erstmals Opern Air stattfinden – wetterbedingt musste die Produktion an den beiden Vorabenden in der nahen Tauberhalle gezeigt werden.

© Jeunesses Musicales Deutschland

Die jungen Opernschaffenden verkörpert ihre Rollen engagiert und voller jugendlichem Esprit. Alyson Rosales aus Chile begeistert mich als Adina mit unglaublicher stimmlicher Leichtigkeit, während der Belcore von Bariton Lars Conrad eher mit seiner samtenen Stimmfarbe als mit Geläufigkeit überzeugt. Der Südkoreaner Chanyang Choi hingegen präsentiert makellose Parlandi und ist auch sonst eine Rampensau erster Güte, steckt mit seiner überbordenden Spielfreude Publikum und Kollegen gleichermaßen an. Und auch Wei Liu aus China überzeugt als Nemorino in jeder Lage – stimmlich wie körperlich – und präsentiert einen feinen Tenor mit einschmeichelndem Timbre. Merit Nath-Göbl komplettiert als Gossip Girl Gianetta die illustre Runde.

© Jeunesses Musicales Deutschland

Heimlicher Star des Abends ist der bestens disponierte Projektchor mit jungen Sängerinnen und Sängern aus sechs Nationen, die unter der gemeinsamen Leitung von Lukas Rommelspacher, Constantin Schiffner, Klara Janus, Daeun Song und Nanami Yamane nicht nur sängerisch zu Höchstform auflaufen und musikalisch eine Einheit bilden, sondern auch darstellerisch mit viel Witz die Szene beleben. Auch das Orchester ist vergleichsweise jung: die Musikerinnen und Musiker der Jungen Philharmonie Friaul sind zwischen 16 und 35 Jahren alt und präsentieren unter der Leitung von Fausto Nardi soliden Donizetti. Nardi legt seine Interpretation extrem sängerfreundlich an und bildet damit den perfekten Rahmen für das Bühnengeschehen. Nicht nur für das Ohrwurmfinale hätte ich mir allerdings ein wenig mehr Verve gewünscht. Das allerdings ist Meckern auf hohem Niveau – die Produktion ist im Ganzen aus einem Guss, überaus gelungen und mein persönliches Spielzeitfinale. Ich wünsche Ihnen, lieber Opernfreund-Freund, einen nicht allzu verregneten Sommer und freue mich gemeinsam mit Ihnen auf die Spielzeit 2023/24.

Ihr
Jochen Rüth, 1. August 2023 


Gaetano Donizetti: L’elisir d‘amore

Premiere: 27. Juli 2023 (besuchte Vorstellung: 29. Juli 2023)
Inszenierung: Jakob Peters-Messer
Musikalische Leitung: Fausto Nardi
Junge Philharmonie Friaul

Weitere Vorstellungen: 2., 4., 5, und 6. August