Wien: Forsythe/Van Manen/Kylian

Wiener Staatsballett, Wiener Staatsoper, 14.04.2019

Neoklassik auf höchstem Niveau getanzt – der Funke sprang nur teilweise über

Am Sonntag feierte das Wiener Staatsballett Première von vier fordernden Werken der Neoklassik, die Leistung der Tänzer war zweifelsohne auf höchstem Niveau, doch sprang der Funke nur teilweise über. Dem Publikum gefiel die „Artifact Suite“ im 1. Teil am besten, der Schlussapplaus nach der vorzüglich getanzten „Psalmensymphonie“ war bedauerlicherweise eher kurz und verhalten. Wenn man an den letzten Mehrteiler-Abend vergangene Saison zurück denkt (MacMillan, McGregor, Ashton), so wurde dieser viel frenetischer aufgenommen, als die aktuelle Première.

Einstudiert wurden alle Werke von renommierten Gästen, die selbst auf jahrelange Zusammenarbeit mit den jeweiligen Choreographen zurückblicken können: Kathryn Bennetts, Maurice Causey und Noah Gelber für „Artifact“, Igone de Jongh (van Manen kreierte einige Choreographien für sie) für „Trois Gnossiennes“ und Patrick C. Delcroix für die „Psalmensymphonie“.

Mit der „Artifact Suite“ von William Forsythe wurde der Abend eröffnet. Im ersten Teil dominierten die beiden Solistenpaare, während im zweiten Teil das Corps de Ballet immer mehr an Virtuosität präsentieren konnte. Nikisha Fogo und Nina Polakova faszinieren mit einer raubkatzenähnlichen Geschmeidigkeit und Schwerelosigkeit, während Jakob Feyferlik und Roman Lazik als ebenbürtige Partner jede noch so akrobatische Hebefigur absolvieren können. Als „other woman“ dirigiert Oxana Kiyanenko die Armbewegungen des Corps de Ballet und wechselt gekonnt von fliessenden auf starre Formen und wieder zurück. Auch wenn das Corps de Ballet sehr harmonisch tanzt, gibt es doch immer wieder einzelne Tänzer, die eine Choreographie besonders schön gestalten, so fallen z.B. hier die liebliche Fiona McGee, die elegante Madison Young (2. Besetzung für das 1. Hauptpaar), oder der sprungfreudige Scott McKenzie im 2. Teil positiv auf.

Nach der Pause gab es gleich zwei Werke von Hans van Manen, zunächst „Trois Gnossiennes“, ein virtuoser Pas de deux (der von der Atmosphäre her streckenweise an „Duo Concertante“ von George Balanchine erinnert), der von Maria Yakovleva (gekonnt zwischen puppenhaften Bewegungen und Eleganz) und Jakob Feyferlik (mühelos in den Hebefiguren) in einer technischen Perfektion dargeboten wird, dazu spielt Laurene Lisovich Stücke von Erik Satie und bleibt unbeirrt, wenn Marian Furnica, Andrés Garcia Torres und Hanno Opperman den Flügel auf der Bühne von einer Position in die nächste schieben.

Van Manens brillantes Werk „Solo“ war bereits in der Nurejew Gala 2017 am Programm, diesmal getanzt von den hervorragenden Solisten Denys Cherevychko, Richard Szabo und Géraud Wielick (letztere beiden tanzten auch 2017), die mit Schalk und Charme über die Bühne wirbeln, dass es eine Freude ist!

Nach einer weiteren Pause wurde der Abend mit der „Psalmensymphonie“ von Jiri Kylian abgerundet, vielleicht wäre es dramaturgisch in der Mitte des Programms passender gewesen und die „Artifact Suite“ als Abschluss, die Geschmäcker sind allerdings verschieden. Es ist ein bezauberndes Zusammenspiel, wie sich die 8 Paare einzeln aus der Gruppe herauslösen und wieder einfügen, so erkennt man ausdrucksstarke Persönlichkeiten, wie Ketevan Papava, Nina Polakova und Roman Lazik oder geschmeidige Ballerinen, wie Nikisha Fogo und Kiyoka Hashimoto heraus, oder mit Noblesse Denys Cherevychko und Davide Dato, sowie die hervorragend springenden Herren Navrin Turnbull und Leonardo Basilio.

Bis auf das Klaviersolo bei „Trois Gnossiennes“ wurde die Musik vom Tonband wiedergegeben, auch das Orchester der Wiener Staatsoper darf bei so vielen Vorstellungen einmal einen freien Abend haben.

Folgevorstellungen: 17., 20., 27., 30.4.2019

Katharina Gebauer 17.4.2019

Fotos (c) StOp