Remscheid: „Taralina in Waterland“

Un après-midi dans la mer – Ein Nachmittag unter Wasser

Das kleine Mädchen Taralina (Lilly Ringel) steht am Kai des belebten Hafens und träumt sich in die schier unendliche Welt des Meeres, das an die Ufermauer spült. Ein erstes Glanzlicht ist im Eröffnungsbild Michael Kutscha, der sich auf der Gitarre zu einer warmen, klangvollen Ballade begleitet. Die weite See lockt mit ihren Wundern und Rätseln, mit ihren ungezählten geheimnisvollen Wesen und ihrer fast beängstigenden Größe und Tiefe. Doch das Kind widersteht den süßen Verlockungen der Nereiden, ihrem magischen Ruf zu folgen – zu groß scheint ihr die Gefahr, nicht zurückkehren zu können. Kinder haben aber zum Glück noch die Gabe der Phantasie, also träumt sich Taralina in diese Welt unter Wasser, unternimmt eine abenteuer- und bilderreiche Reise nach „Ozeania“, wo sich Korallen und Quallen, Seeschnecken und Königskrabben, Scalare, Seeanemonen und viele andere mehr in ihrer ganzen Farbenpracht zeigen.

Michèle Bialon hat aus dieser an Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ angelehnte Grundidee mit den Elevinnen der Tanzschule Studio B. der Choreografischen Werkstatt Remscheid ein hinreißendes Ballett in 18 Bildern erarbeitet, einen mitreißenden Traum-Ausflug. Schillernd, wimmelnd, elegant gleitend und sanft wogend geben die 13 bezaubernden jungen Damen der Company den Schöpfungen, den Wesen der virtuellen tropischen Gewässer in Solo und Ensemble mit jugendlicher Schönheit Gestalt und Charakter.

Ein roter Reigen von großer Ästhetik begrüßt Taralina in der Wunderwelt, glitzernde Quallen in blau-türkisen Fransenkleidern schweben federleicht durchs Wasser, Krabben zeigen Rhythmus, ein berückender Scalar zeigt mit Tutu und Spitze ebenso hohe Tanzkunst wie das Ensemble im präzise und sehr lebendig mit viel weiblichem Charme getanzten Korallenriffpanorama. Seegras wogt prachtvoll grün glitzernd, akkurat und anmutig zugleich begeistert ein Killifisch-Duo in seiner synchronen Performance. Die unglaublich flinken Szenenübergänge und Kostümwechsel wurden humorvoll von reizvollen Intermezzi zweier „Beobachterinnen“ überbrückt. Als vorletztes Bild und Höhepunkt des wie im Fluge vergangenen Tanz-Nachmittags setzt Michèle Bialon im Tanz der See-Anemonen gekonnt auf die Wirkung des Schattenrisses – bis sich das Bild aus dem Schatten löst und Raum gibt für ein lichtes, begeisterndes Ensemble in rot mit Fächer und Seidenschleiern – eine der schönsten Nummern des Programms.

Möglich wurde das alles nicht zuletzt durch die phantastischen Kostüme und eine grandiose Licht-Regie – beides auch von Michèle Bialon gestaltet. Es war ein im reinen Wortsinn einzigartiges Ballett, denn es wurde/wird leider nicht noch einmal aufgeführt. Der grenzenlose Jubel im ausverkauften Saal sollte die Verantwortlichen überzeugen, eine weitere Aufführung zu planen.

Ein köstliches Programm von hohem ästhetischem Wert – Chapeau!

Frank Becker 23.6.15

Weitere Informationen (es ist kaum nachzuvollziehen, daß man Nutzer ausschließt, die sich nicht der Datenkrake facebook angeschlossen haben): www.studioballerina.de/

credits

Idee, Choreographie, Licht und Kostüme: Michèle Bialon

Realisiert in Zusammenarbeit mit dem Teo Otto Theater

Taralina Company: Paula Alermann, Lea Güldenring, Olga Rosenbohm, Sally Bayomi, Marie Elsner, Fleur Kuhn, Jasmin Fazel, Celine Kerzinger, Julienne, Szlapa, Franziska Meyer, Isabel Schröter, Joelle Wyrwa, Lea Enkhardt, Lilly Ringel – sowie: Josefine Jörgens, Jana Sierla, Olivia Peikert, Linda Petkovic, Chiara Donato, Gianna Princivalli, Maja Prentzel, Shona Gusdorf, Maureen Schwarzendrube, Stella Nippert, Ksenia Vukovic, Lillith Seiffert, Mary Hellbeck, Zâna Princivalli

Gast: Michael Kutscha (Gesang und Gitarre)