Als der Italiener Gianandrea Noseda neuer Generalmusikdirektor am Opernhaus Zürich wurde, wählte er für sein erstes Sinfoniekonzert die achte Sinfonie von Antonín Dvořák. Noseda hat von jeher ein besonders intensives Verhältnis zur slawischen und russischen Musik. Es war sein Lehrer und Mentor, Valery Gergiev, der sich den fleißigen und hart arbeitenden Dirigenten für viele Jahre als Dirigent an das Mrawinsky Theater in St. Petersburg verpflichtete.
Und so war es eine gute Idee, die erste CD Nosedas mit der Philharmonia Zürich, den beiden Meistersinfonien von Antonín Dvořák zu widmen.
Der 22. April 1885 sollte einer der glücklichsten Tage im Leben des großen Tschechen bleiben. Die Uraufführung seiner siebten Sinfonie war ein Triumph und sein Heimatland war besonders stolz auf dieses Werk. Der kämpferische Duktus wirkte intensiv auf Dvořáks Landleute, die sich so sehr einen Nationalstaat wünschten. Mit der siebten Sinfonie gelang ihm ein Meisterstreich, den er mit den Sinfonien acht und neun noch zu übertreffen wusste.
Die Musik beginnt düster und unheilvoll. Mit dem zweiten Thema gelangen Licht und Naturstimmungen in das Werk.
Auch das folgende Adagio folgt einem ähnlichen dramaturgischen Aufbau. Kämpferische Abschnitte werden empfindsamen Lyrismen entgegengesetzt. Wieder einmal beschenkte Dvořák die Solo-Flöte mit herrlichen Tonfolgen. Bläser und Streicherkantilenen verschaffen diesem Satz stets neue Steigerungen und bestechende Höhepunkte.
Wie aus einer anderen Welt ertönt das Scherzo. Doch der Schein trügt, das Scherzo ist nicht heiter. Auch hier lugt permanent drohendes Unheil aus allen Winkeln.
Im beschließenden Allegro werden die zentralen Themen der Komposition intensiv verarbeitet. Die Musik erklingt auch hier unheilvoll und kämpferisch zugleich.
Es ist eine theatralische Musik, die Dvořák komponierte. Nosedas Temperament kommt dies sehr entgegen. Mit großer Emphase und deutlichem Vorwärtsdrang folgt er dem intensiven Geschehen. Prägnant im Rhythmus und klar gestalteten Themenverläufen. Die Musik bebt und pulsiert unter seinen Händen. Selbst die komponierten Ruhepunkte wirken hier stets trügerisch. So verwundert es nicht, dass Noseda unbeirrt auf die prachtvolle Schlusscoda zusteuert, die er markant in den Mittelpunkt des Geschehens stellt.
Antonín Dvořáks achte Sinfonie erlebte die Uraufführung 1890 in Prag. Herrlich sind die genialischen melodischen Einfälle und der pulsierende Rhythmus der musikalischen Themen. Dvořák, der große Natur Liebhaber, führt den Zuhörer in dem verzaubernden Adagio des zweiten Satzes auf eine weite Ebene, lässt dazu die Bäume rauschen und die Vögel intensiv singen. Eine Oase des Glücks und der Feierlichkeit.
Im deutlichen Kontrast dazu ertönt der elegische Walzer, bevor dann trillernder Hörner und Fanfaren ein furioses Finale gestalten.
Noseda stürmt mit viel Brio und großem Espressivo in dieses Werk. Zu erleben ist eine Sinfonie voller Lebensglück und Musikzierfreude. Sein sanguinisches Musizieren verleiht auch diesem wunderbaren Werk eine Unwiderstehlichkeit, die begeistert und mitreißend wirkt.
Die Philharmonia Zürich versteht sich hörbar bestens mit seinem musikalischen Leiter. Das Orchester begeistert und überzeugt in allen Spielgruppen: zauberhafte Holzbläser, strahlende Hörner, leuchtende Trompeten, im Verein mit den auftrumpfenden übrigen Blechbläsern. Blendend aufgelegt zeigt sich in beiden Sinfonien die große Streichergruppe, die mit beachtlicher Klangfülle und zahlreichen artikulatorischen Nuancen gefällt.
Insgesamt also ein schönes Zeugnis einer überaus gelungenen Zusammenarbeit. Die Aufnahmetechnik ist weiträumig und detailreich. Dazu ein sehr informatives Beiheft.
Dirk Schauß, 6. Januar 2023
Antonin Dvorak
Sinfonie No. 7 d-moll op. 70
Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
Philharmonia Zürich
Gianandrea Noseda, Leitung
Accentus Music
Bestellnummer: PHR0113