CD: „Grande symphonie militaire“, Antoine und Max Bohrer

Das neugierige Label NAXOS öffnet erneut das Tor zu vergessenen Schätzen des 19. Jahrhunderts, und diesmal stehen die Werke der Brüder Antoine und Max Bohrer im Mittelpunkt. Das Hauptstück dieser CD ist die majestätische „Grande symphonie militaire“ aus dem Jahre 1820, ein gemeinsames Werk der beiden Komponisten. Zusätzlich präsentiert die Aufnahme zwei weitere Konzerte: Antoine Bohrers Violinkonzert in e-Moll von 1809 und Max Bohrers Cellokonzert Nr. 1 von 1819. Die Solisten Friedemann Eichhorn an der Violine und Alexander Hülshoff am Cello werden vo“n dem erfahrenen Dirigenten Nicholás Pasquet geleitet, der das Jenaer Philharmonische Orchester zu einer gelungenen Aufführung führt.

Die Bohrer-Brüder, Mitglieder einer Familie von angesehenen Musikern, haben nicht nur Beethovens Werke durch ihr Streichquartett gefördert, sondern auch die Bewunderung von Berlioz gewonnen. Insbesondere Antoine Bohrer, ein Geiger, der in Paris bei Rodolphe Kreutzer studierte, wurde von Berlioz für sein musikalisches Talent gerühmt. Antoine Bohrer erhielt seine musikalische Ausbildung zunächst von seinem vielseitig begabten Vater und setzte sie dann bei Franz Danzi und Peter von Winter fort. Sein Violinstudium absolvierte er bei Carl Cannabich und später in Paris bei Rodolphe Kreutzer. Bereits frühzeitig unternahm Antoine Bohrer Konzertreisen durch ganz Europa, war Mitglied der Münchner Hofkapelle (1801–1811) und später der Berliner Hofkapelle (1818–1826), wo er ab 1823 als Konzertmeister fungierte. Zwischen 1827 und 1830 lebte er in Paris und setzte auch in dieser Zeit seine häufigen Reisen fort. Von 1834 bis 1844 war er Konzertmeister der Hofkapelle in Hannover. Zwischen seinen festen Engagements war er als Violinvirtuose auf Konzertreisen durch Europa unterwegs, oft gemeinsam mit seinem Bruder Max, seiner Frau und seiner Tochter, und trat dabei an zahlreichen Fürsten- und Königshöfen auf. Max Bohrer, geboren 1785, wurde zum Cellisten beim Hofmusikus Anton Schwarz in München ausgebildet und erhielt 1799 seine Anstellung an der dortigen Hofkapelle. Gemeinsam mit seinem Bruder Anton unternahm er Konzertreisen durch ganz Europa. Zwischen 1823 und 1826 war er Mitglied der Berliner Hofkapelle. Er lebte von 1827 bis 1830 in Paris und setzte dann seine Konzertreisen fort. Von September 1832 bis 1861 war er Mitglied der württembergischen Hofkapelle in Stuttgart. Die „Grande symphonie militaire“ präsentiert sich als beeindruckendes Werk mit kühner Virtuosität und prägnanten Themen. Ihre Meisterschaft im Umgang mit dem Orchester zeigen die Brüder Bohrer und schufen somit eine Sinfonie, die durch ihre Energie und Eleganz besticht. Die besondere Qualität der Jenaer Philharmonie wird bereits in diesem Werk deutlich. Dirigent Nicholás Pasquet gelingt eine mustergültige Interpretation durch kluge Gestaltung. Das Orchester beeindruckt sowohl im kultivierten Tutti als auch in den einzelnen Spielgruppen, klangschön und homogen. Antoine Bohrers Violinkonzert in e-Moll offenbart Elemente, die von Paganini inspiriert sind, und wird durch Antoines lyrische Sensibilität geprägt. Als Solist überzeugt der Geiger Friedemann Eichhorn. Friedemann Eichhorn, aufgewachsen in Speyer, begann sein Violinstudium mit 16 Jahren bei Valery Gradow an der Musikhochschule in Mannheim. Parallel dazu absolvierte er erfolgreich sein Fernabitur. Seine weitere Ausbildung führte ihn zu Alberto Lysy an die International Menuhin Music Academy in Gstaad und zu Margaret Pardee an die Juilliard School in New York. An der Universität Mainz studierte er zudem Musikwissenschaft, Jura und Buchwesen (Promotion). Er spielt auf einer Jean Baptiste Vuillaume-Violine „Ex Huberman“ von 1854. Friedemann Eichhorn interpretiert dieses Violinkonzert mit technischer Bravour und emotionalem Tiefgang, wodurch die Schönheit und Tiefe der Komposition zum Leben erweckt werden. Seine saubere Artikulation und Sensibilität verleihen diesem Stück einen klaren Charakter. Max Bohrers Cellokonzert Nr. 1, trotz seiner sparsamen Instrumentierung, veranschaulicht die rasche Entwicklung des Cellos als Soloinstrument im frühen 19. Jahrhundert. Mit Alexander Hülshoff konnte ein vielfach erfolgreicher Solist gewonnen werden. Hülshoff hat sich durch seine große Ausdruckskraft und seinen kraftvollen, warmen, nuancenreichen Ton auf Konzertpodien weltweit als ein renommierter Cellist etabliert. Als Solist ist er zu Gast bei deutschen und internationalen Orchestern. Konzertreisen und Festivalauftritte führen ihn regelmäßig durch Europa, den nahen und fernen Osten, nach Russland, Nord- und Südamerika. Alexander Hülshoff meistert die anspruchsvolle Partitur von Bohrer mit beeindruckender Leichtigkeit und verleiht dem Werk eine zeitlose Eleganz. Seine Tongebung ist intensiv und warm, jederzeit souverän verleiht er seinem Vortrag viel Persönlichkeit. Die musikalische Gestaltung des Jenaer Philharmonischen Orchesters unter der einfühlsamen Leitung von Dirigent Nicholás Pasquet verdient besondere Anerkennung. Die Präzision des Orchesters und die klangliche Schönheit tragen dazu bei, die subtilen Nuancen der Bohrer’schen Kompositionen hervorzuheben. Das beigefügte informative Beiheft der CD bietet einen tiefen Einblick in das Leben der Bohrer-Brüder sowie in die historischen Hintergründe der aufgenommenen Werke. Diese Ergänzung bereichert das Hörerlebnis und würdigt die kulturelle Bedeutung dieser bisher wenig bekannten Komponisten. NAXOS präsentiert mit dieser CD einen weiteren Schatz der   des 19. Jahrhunderts.

Dirk Schauß, 24. Februar 2024


Antoine Bohrer/Max Bohrer
Grande symphonie militaire

Antoine Bohrer
Violinkonzert e-moll, Op. 9

Max Bohrer
Cellokonzert Nr. 1 D-Dur, Op. 1

Friedemann Eichhorn, Violine
Alexander Hülshoff, Cello
Jenaer Philharmonie
Nicholás Pasquet, Leitung

Naxos 8.574048