Nun hat er mit dem Baskischen Nationalorchester begonnen, das Orchesterwerk von Maurice Ravel bei Ondine einzuspielen. Vierzig Jahre gibt es das spanische Orchester und Robert Trevino ist seit 2017 dessen Chef. Eine gute Kombination, wie sie auf diesen beiden CDs zu erleben ist.
Seit seiner viel beachteten Gesamteinspielung aller Beethoven Sinfonien hat Dirigent Robert Trevino viel positive Resonanz erfahren.
Besonderheit der Ondine-Aufnahmen sind deren fantastische Klangqualität, so auch hier. Liebhaber des französischen Meisterkomponisten kommen hier voll auf ihre Kosten, da alle Details der Ravel’schen Farbenwelt mustergültig eingefangen wurden.
Robert Trevino hat einen sehr persönlichen Zugang in seinen Interpretationen. So ist bei ihm die Komposition La Valse nicht doppeldeutig, sondern eine klare Hommage an den Tanz, den Walzer. Mit Geschmack, klarer Formgebung geht es in den finalen Abgrund. Die Tempi ziehen an und Trevinos Timing gewährleistet ein wirkungsvolles Finale.
Alborada del gracioso und Rhapsodie espagnole werden mit großer Klarheit ausgeführt. Superbe Bläsersoli und eine hoch individuelle Orchesterbehandlung geben diesen Wiedergaben einen besonderen Charakter.
Ravels „Une barque sur l’océan“ ist ein kleines Schmuckstück der Programmmusik. Trevino lässt die Meereswellen anbranden und baut den großen Höhepunkt spannend und erhaben auf.
Anrührend in ihrer leisen Melancholie und in einem ruhigen, nicht verschleppten Zeitmaß ist „Pavane pour une infante défunte“ zu erleben.
Natürlich darf bei einer Ravel CD sein berühmter „Bolero“ nicht fehlen. Robert Trevino nutzt diesen Evergreen, um seinem Orchester gestalterischen Freiraum zu geben, was dieses gut zu nutzen weiß und einmal mehr mit Eleganz und Stilsicherheit erfreut.
1912 veröffentlichte Ravel seine sieben Klavierwalzer nebst Epilog „Valses nobles et sentimentales“ für Orchester. Das Publikum reagierte seinerzeit, z.T. ob der Dissonanzen empört. Ravel zeigte sich darüber unbekümmert. Der Walzer zählte zu seinen Lieblingstänzen.
Und auch Dirigent Robert Trevino hat für diese so vielschichtige Musik eine treffsichere, gestaltende Hand. Das Baskische Nationalorchester zeigt auch hier wieder eine überzeugende Bandbreite seines Könnens.
Zauberhaft und voller Märchenatmosphäre entfaltet sich Ravels „Ma mère l’oye“, hier in der seltenen kompletten Version. Transparenz und Kreativität im Orchesterspiel, Subtilität in der dynamischen Ausgestaltung prägen auch hier den mustergültigen Vortrag. Robert Trevino gestaltet die einzelnen Abschnitte unter einem großen Spannungsbogen, so dass das Ganze fast den Charakter einer surreal anmutenden Fantasie erfährt.
Selten zu hörende Kompositionen, wie das kleine „Menuet Antique“ oder „Frontispice“ sind willkommene Gelegenheiten, erneut den unendlichen Einfallsreichtum Ravels zu bestaunen. Es war Pierre Boulez, der für die Klavierkomposition „Frontispice“ eine Orchesterfassung schuf.
Faszinierend ist zudem die Begegnung mit Ravels ausladender Ouvertüre „Scheherazade“, entstanden 1898, aber erst 1975 (!) veröffentlicht, für eine nicht komponierte, aber angedachte gleichnamige Oper. Exotik war eine der vielen Passionen des französischen Meisters. Ein Orchesterliedzyklus unter gleichem Namen gehört heute zu einem der viel gespielten Werke Ravels.
Auch in diesem bunten Orchesterstück gefallen der mitreißende Vortrag des Baskischen Nationalorchesters unter der Leitung seines motivierten Dirigenten Robert Trevino.
Dirk Schauß, 7. November 2022
2 CDs Ravel
ODE1385-2 (Ravel Vol. 1)
ODE1416-2 (Ravel Vol. 2)