Havergal Brian, der unbekannte große englische Komponist, schrieb 31 Sinfonien im Mahler-Format
Brian komponierte sagenhafte 31 große Sinfonien. Seine Erste, die Gotische, war gleich das gigantischste Werk; es enthält unter anderem ein komplettes Te Deum für vier Soli, zwei (!) große Doppelchöre und vier (!) separate Blechbläsergruppen und fordert einen gewaltigen Orchesterapparat, der die extremen Anforderungen von Gustav Mahler, Richard Strauss und Arnold Schönberg noch weit übertrifft. Auch die meisten anderen Sinfonien hatten mindestens Mahler-Format.
Es gehört zu den großen Rätseln der Musikgeschichte, warum man diese Musik praktisch nie hört. Ich verstehe es nicht, denn der Stil Brians bedient sich zwar einer zuweilen dissonanten Harmonik, die Tonalität wird teils bis nahe an die Atonalität erweitert, ist aber gut rezipierbar. Brian schätzte unter anderem Arnold Schönberg, Edgar Varèse oder Paul Hindemith sehr. Die hören wir ja gelegentlich noch…
Hören Sie bitte hinein, denn es lohnt sich sehr. Dank an eine Welten-Sammlung wie Youtube, obwohl es mittlerweile einiges auf CD gibt. Und, verehrte Konzertbesucher in aller Welt, fragen Sie mal ihren GMD oder andere für Konzerte Verantwortliche, warum diese grandiose Musik nie aufgeführt wird – vor allem bei dem Kappes, den wir uns gelegentlich anhören müssen an so titulierten Uraufführungen, Entdeckungen und Raritätenausgrabungen. Brians Musik hat große unbestreitbare Qualität. Hier noch ein besonderes Schmankerl: Das Finale der 1. Sinfonie – immerhin bei den Proms 2011. Gott sei Dank sind sehr viele Werke nun auf Youtube abrufbar – und das ist nicht nur gut so, sondern einfach wunderbar.
Peter Bilsing, 16. Februar 2023
Havergal Brian
Sinfonie Nr.1
Adrian Boult
BBC Symphony Orchestra