Duisburg, Ballett: „Soirée Ravel“, Richard Siegal, Bridget Breiner

Am 7. März 1875 wurde Joseph-Maurice Ravel in Ciboure geboren. Anlässlich seines 150. Geburtstags ehrt das Ballett am Rhein sein Andenken aktuell mit vier Uraufführungen von Richard Siegal und Bridget Breiner. Neben dem weltberühmten Boléro komponierte Ravel unzählige Werke, von Klavier- und Kammermusik bis zu großen Orchesterwerken. Für den rund zweieinhalbstündigen Ballettabend wurden neben seinem bekanntesten Werk drei weitere Kompositionen ausgewählt.

Klavierkonzert für die linke Hand / © Altin Kaftira

Den Anfang macht das Klavierkonzert für die linke Hand in D-Dur. Es entstand um 1930 als Auftragswerk für den Pianisten Paul Wittgenstein, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte. Nach einigen Streitereien zwischen Interpret und Komponist kam es Anfang 1932 zusammen mit den Wiener Symphonikern zur Uraufführung. Musikalisch bilden Orchester und Klavierpart hierbei eine gut funktionierende Einheit. Besonders beeindruckend ist, wie es der Pianistin Alina Bercu gelingt, den rechten Arm während der gesamten Aufführung auf dem Klavierhocker zu belassen. Während große Schwarz-Weiß-Fotos aus der Entstehungszeit der Oper das Pariser Leben der 1930er Jahre zeigen, betreten noch vor Beginn der Vorstellung nach und nach die Tänzer und Tänzerinnen die Bühne und betrachten die Bilder. Angeführt von Mnemosyne (Simone Messmer), der griechischen Göttin der Erinnerung, und Ares (Lukas Erni), dem griechischen Gott des Krieges, bewegen sich die Tänzer und Tänzerinnen in strengen, abstrakten Formationen, die einen ganz eigenen Reiz entwickeln. Gleichzeitig zeigt Bridget Breiner mit dem Bezug zur griechischen Mythologie bereits eine Art Vorspiel für das nach der Pause folgende Ballett zu Daphnis et Chloé.

La Valse / © Altin Kaftira

Zuvor wird jedoch noch die Ensemble-Choreografie La Valse aufgeführt, die Elemente des Wiener Walzers mit Mitteln impressionistischer Harmonik und Rhythmik ausweitet. Richard Siegal choreografiert diese Hommage an den Walzer in Form einer parodistischen Erzählung über Machtspiele, gesellschaftliche Maskeraden und die Wechselhaftigkeit von Gruppen sehr humorvoll. Dabei ist das Stück fast schon als kleines Handlungsballett zu sehen. Mit einem Kronleuchter, einer großen Drehtür im Hintergrund und einer gedeckten Tafel wird den Zuschauern eine Feierlichkeit der gehobenen Gesellschaft präsentiert, die immer wieder aus dem Ruder läuft. Dies ist nicht nur schwungvoll umgesetzt, sondern bietet auch große Schauwerte und eine ordentliche Portion Humor.

Daphnis et Chloé / © Altin Kaftira

Nach der ersten Pause des Abends geht es mit den bereits erwähnten Suiten aus Daphnis et Chloé weiter. Mit diesen nimmt Bridget Breiner Bezug auf den gleichnamigen Hirten-Liebesroman des Dichters Longos und setzt ihn in Bezug zur griechischen Götter- und Mythenwelt. So gibt es hier auch ein Wiedersehen mit Ares, nun begleitet von zahlreichen anderen Göttern und Göttinnen, die die Liebesgeschichte eines jungen Paares begleiten. Dieses Paar wird wunderbar von Nami Ito und Skyler Maxey-Wert getanzt. In der folgenden zweiten Pause wird im Foyer des Duisburger Theaters mit Ravels Frühwerk Pavane pour une infante défunte (zu Deutsch: Pavane für eine verstorbene Prinzessin) noch ein kleiner Bonus für die Zuschauer serviert. João Miranda tanzt hierbei zur Klavierbegleitung von Alina Bercu ganz nah am Publikum.

Boléro / © Altin Kaftira

Den Abschluss des Abends bildet dann der bekannte Boléro in einer neuen Choreografie von Richard Siegal. Dies ist optisch sehr beeindruckend, denn im Bühnenboden sind Laufbänder eingelassen, auf denen die zwölf Tänzer und Tänzerinnen in verschiedensten Konstellationen marschieren oder sich auch einfach mal durch das Band zurückfallen lassen. In Verbindung mit der eingängigen Musik ist es vor allem dieses letzte Stück, welches das zahlreich erschienene Publikum nach der Vorstellung zu tosendem Beifall verleitete. Alle vier Ballettstücke sind übrigens durch die Ausstattung von Jean-Marc Puissant miteinander verbunden. Unter der musikalischen Leitung von Katharina Müllner spielen die Duisburger Philharmoniker in großer Besetzung live aus dem Orchestergraben.

Insgesamt ist Soirée Ravel ein durchaus abwechslungsreicher Ballettabend, der auch durch die wunderbare Musik Ravels punkten kann und dem man sowohl als Ballettneuling wie auch als fachkundiger Besucher viel abgewinnen kann.

Markus Lamers, 11. Juni 2025


Soirée Ravel
Vier Choreographien von Bridget Breiner und Richard Siegal zur Musik von Maurice Ravel

Ballett am Rhein – Theater Duisburg

Uraufführung: 7. Juni 2025
besuchte Vorstellung: 9. Juni 2025

Choreographie: Bridget Breiner, Richard Siegal
Musikalische Leitung: Katharina Müllner
Duisburger Philharmoniker

Trailer

Weitere Aufführungen: 15. Juni, 22. Juni, 28. Juni, 11. Juli und 13. Juli in Duisburg und ab dem 12. September in Düsseldorf