Jacques Offenbach
Premiere: 25.Oktober 2020
Die großen Offenbach-Operetten wie „Orpheus in der Unterwelt“ und „Die schöne Helena“ gehören zu den Dauerbrennern auf den deutschen Bühnen, aber die Fülle seiner kleinen Einakter ist schier unüberschaubar. In Corona-Zeiten sind diese musikalischen Sketche genau das richtige Repertoire. An der Düsseldorfer Rheinoper hatte jetzt „Salon Pitzelberger“ Premiere, allerding nur als konzertante Aufführung.
Spielleiter Dorian Dreher, der im Dezember auch noch Wagners „Tristan und Isolde“ auf die Bühne bringen wird, besorgte aber eine „Szenische Einrichtung“, so dass man die Inszenierung einer konzertanten Aufführung erlebt: Musikkabarettist Georg Renz führt durch das Stück, erklärt die Geschichte und bietet dabei auch aktuelle Seitenhiebe.
Das Stück handelt von einem neureichen Industriellen, der sich soziale Anerkennung durch eine große Party erwerben will, bei der die Weltstars der Oper bei ihm auftreten sollen. Sowohl die Sänger als auch ein Großteil der Besucher sagen jedoch ab, so dass der Gastgeber mit seiner Tochter Ernestine und deren Verehrer Casimir in die Rolle der Sänger schlüpfen muss. Die Geschichte lässt natürlich viele Anspielungen auf den Düsseldorfer Finanzadel zu, und auch Minsterpräsident Armin Laschet, der glaubt, er stamme von Karl dem Großen ab, bleibt nicht unerwähnt. Dorian Dreher lässt den Akteuren viel Freiraum beim Singen, setzt aber gelegentlich kleine Akzente und lässt einige Szenen zwischen den Notenständern auch auswendig singen und spielen. Auch die Tatsache, dass die Sängerinnen im Abendkleid und die Herren im Frack auftreten, passt bestens in die Welt der Pariser Salons.
Lediglich im Finale, wenn die Laien große Oper singen wollen und Offenbach die italienische Oper parodiert, bräuchte dieses Stück eine richtige Inszenierung und Übertitel. Offenbach imitiert Rossini und Donizetti nämlich so überzeugend, dass man die unsinnigen Texte mitlesen müsste und der Aberwitz der Musik seine Entsprechung im Stile einer Opernparodie wie Donizettis „Viva la Mamma“ benötigt.
Am Pult der Düsseldorfer Symphoniker, die hier mit gut 25 MusikerInnen antreten, steht Kapellmeisterin Marie Jacquot, die einen leichtfüßig eleganten Offenbach dirigiert. Der absurde Witz der Musik braucht aber einige Zeit, um sich zu entfalten: Erst in der „Ballade des Maultiertreibers“, in der die Klischees der spanischen Musik geplündert werden, und in der großen Opernszene entfaltet sich Offenbachs Humor ungehemmt.
Den Hausherren Julius von Pitzelberger gibt Stefan Heidemann mit stattlichem Bariton, der mit bassigen Farben nachgedunkelt ist. In der Opernparodie könnte Heidemann noch etwas mehr stimmliche Beweglichkeit gebrauchen. Mit glänzendem Sopran singt Elena Sancho Pereg die Ernestine. Anfangs gibt sie sich als ehemalige Klosterschülerin ganz unschuldig gibt, zeigt dann aber ihren durchtriebenen Witz. Cornel Frey singt mit treffsicherer Höhe und leichtfüßigem Tenor ihren Verehrer Casimir. Stimmlich blass und weitgehend unverständlich singt Luis Fernando Piedra in der Rolle des Dieners Carl Brösel. Besser wäre es gewesen, wenn Johannes Preißinger, der ein erfahrener Spiel- und Charaktertenor ist, diese Partie übernommen hätte. So bleibt Preißinger nur ein kurzer aber prägnanter Auftritt als Partygast-Ehepaar Krauthofer gemeinsam mit Romana Noack als seine Frau.
Aufgrund der Tatsache, dass die Deutsche Oper am Rhein nur vier Vorstellungen dieser Produktion ansetzt, hat man das Gefühl, dass es sich hier bloß um konzertantes Füllmaterial für den Corona-Spielplan handelt. Zu erleben ist aber eine kurzweilige Aufführung, die in 70 Minuten Spieldauer eine selten gespielte, aber hochkarätige Offenbachiade präsentiert.
Rudolf Hermes, 29.10.2020