Ein Klangereignis von großer Wucht und intimer Innigkeit
Mit Mendelssohns Oratorium Elias präsentierten der Flensburger Bach-Chor, der Symphonische Chor Hamburg und das Sønderjyllands Symfoniorkester am Sonntag im Deutschen Haus ein Werk, das in seiner spirituellen Kraft wie in seiner musikalischen Dichte zu den anspruchsvollsten der romantischen Chorliteratur gehört. Unter der souveränen Leitung von Matthias Janz gelang eine Aufführung, die Dramatik und Innerlichkeit beeindruckend ausbalancierte.
Schon die Eingangsszenen machten deutlich, wie sorgfältig Chor und Orchester aufeinander abgestimmt waren: Die großen, machtvoll aufsteigenden Chöre überzeugten durch präzise Artikulation, energische Dynamik und eine geschlossene Klangwirkung, die den Saal vollständig ausfüllte. Besonders hervorzuheben ist die große Textverständlichkeit des Chores – ein Punkt, der bei Mendelssohn keineswegs selbstverständlich ist.
Auch die Solisten prägten den Nachmittag entscheidend. Hanna Zumsande sang die Sopranpartie mit heller Klarheit und beeindruckender Präzision. Ihr Ton floss geschmeidig und sicher, selbst in den dramatischen Passagen blieb jede Linie kontrolliert und stimmlich makellos. Besonders in „Höre, Israel“ zeigte sie ihre Fähigkeit, innige Ausdruckskraft mit technischer Leichtigkeit zu verbinden. Eine Interpretation, die leuchtet, ohne je aufdringlich zu wirken. Wiebke Lehmkuhl brachte eine Wärme mit, die sich sofort im Saal ausbreitete. Ihr Alt besitzt eine besondere Tiefe, die nicht schwer, sondern tragend wirkt; gerade in den gesetzteren Momenten strahlte ihre Stimme eine innere Ruhe aus, die mehr ausdrückt, als es Worte allein vermögen.
Ilker Arcayürek formte seine Partien mit einem weichen, lyrischen Tenor, der fast erzählerisch über die Musik hinwegzog. Er sang nicht nur sauber, sondern mit einer persönlichen Handschrift – jede Phrase wirkte bewusst gestaltet, ohne überdehnt zu sein. Diese Mischung aus Wärme und Klarheit blieb besonders im Ohr. Jóhann Kristinsson schließlich setzte als Elias die entscheidenden dramaturgischen Akzente. Sein Bass hat Substanz, zeigt aber zugleich erstaunliche Wendigkeit. Er kann groß und raumgreifend, aber ebenso kontrolliert und fein sein. Auffallend war seine Präsenz: Er steht nicht einfach auf der Bühne, sondern vereinnahmt den Saal mit jeder Phrase, und das ohne jegliche Übertreibung. Als Knabe bereicherte Lien Eiken Nonn die professionelle Besetzung auf charmante Weise.
Matthias Janz feiert in diesem Jahr zugleich bedeutende Jubiläen. Der international gefeierte Organist und Dirigent, 1947 in Lübeck geboren, leitet seit 50 Jahren den Flensburger Bach-Chor und prägt damit die Musikkultur der Stadt nachhaltig. Außerdem begeht er in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum als Dirigent des Symphonischen Chores Hamburg. Neben seiner langjährigen Tätigkeit als Organist und Kantor in Flensburg und Karlsruhe konzertierte Janz in ganz Europa, in Südafrika und den USA, unterrichtete jahrzehntelang an der Musikhochschule Lübeck und fördert kontinuierlich den musikalischen Nachwuchs. Für seine Verdienste um Musik, Chorförderung und die dänisch-deutsche Zusammenarbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, dem Dannebrogorden und dem Brahms-Preis. Das heutige Konzert, zuvor bereits in Sonderburg zu hören und in wenigen Tagen in der Laeiszhalle Hamburg, bot somit nicht nur einen musikalischen Höhepunkt, sondern feierte auch das Lebenswerk eines der profilierteste Musiker der Region.
Das Sønderjyllands Symfoniorkester zeigte unter seiner Leitung eine breite Palette an Klangfarben, von fein abgestuften, transparenten Pianissimi bis hin zu orchestralem Glanz. In keinem Moment drohte der kraftvolle Orchestersound die Chorstimmen zu überdecken.
Im Gesamtbild entstand ein Erlebnis, das die dramatische Spannweite des Oratoriums – den Weg von Zweifel, Konflikt und Glauben – eindrucksvoll erlebbar machte. Das Publikum im leider nicht ausverkauften Saal dankte mit langanhaltendem Applaus.
Marc Rohde, 17. September 2025
Elias
Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy
Flensburg, Deutsches Haus
Konzert am 16. November 2025
Leitung: Matthias Janz
Flensburger Bach-Chor
Symphonische Chor Hamburg
Sønderjyllands Symfoniorkester