Winterthur: „Festkonzert“, zur Saisoneröffnung

Die neue Saison des Musikkollegiums Winterthur steht unter dem Titel URSPRÜNGE. Gemeint sind damit URSPRÜNGE verschiedener Ausprägung; es geht um (musikalische) Wurzeln und Sehnsüchte und deren Quellen.

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Das Eröffnungsfest vom letzten Samstag bot Möglichkeiten zu Führungen (durch die“Heimat“ des Musikkollegiums, die Villa Rychenberg, durch die Ausstellung “Aus dem Nachlass Werner Reinhart”) und für einen Stadtspaziergang “Auf den Spuren des Musikkollegium Winterthur”. Der Tag gipfelte in einem gratis zugänglichen, begeisternden Konzert am frühen Abend im Stadthaussaal, wo das Musikkollegium Winterthur vor restlos vollem Haus ein hochspannendes Programm darbot unter der mitreissenden Leitung von Valentin Egel. 

Begonnen wurde mit Debussys PRÉLUDE Á L‘ APRÈS-MIDI D’UN FAUNE in der Fassung für Kammerorchester von Arthur Lavandier. In dieser leicht reduzierten Besetzung erreichte das Musikkollegium eine bestechende klangliche Transparenz und Klarheit, welche dem impressionistischen Charakter dieser Musik überaus gerecht wurde, ein intensives Hineinversinken ermöglichte und die Finessen der Partitur aufs Herrlichste zum Strahlen brachte.

Im leider viel zu selten gespielten Cellokonzert des Schweizer Komponisten Arthur Honegger bestach der Solist Flurin Cuonz mit seinem von einfühlsamer Wärme geprägten Spiel. Mit diesen wunderschönen Kantilenen blickte der Komponist quasi zurück auf Impressionisten wie Ravel oder Debussy, aber er entwickelte die Musik auch über das Zeitgenössische, Jazzige hinaus nach vorne mit prägnanten Rhythmen, Synkopen und dem für Honegger typischen, maschinenartigen Ostinato. Zusammen mit dem Musikkollegium und dem Solisten entstand unter der Leitung von Valentin Egel eine fulminante Wiedergabe dieses 15minütigen Werks – und ja, man möchte diesem hochspannenden, auf den Kontrast von Dissonanz mit tonaler Lyrik angelegten Werk gerne öfter im Konzertsaal begegnen. Wieder begegnen wird man auf jedem Fall dem Solisten Flurin Cuonz, der ab dieser Saison neuer Solocellist des Orchesters ist und mit diesem anspruchsvollen Konzert eine eindrückliche Probe seines Könnens und seiner Musikalität gezeigt hat. Der lang anhaltende Applaus des Publikums zeugte davon, dass der Funke gezündet hatte.

Ausgezeichnet zum Motto der neuen Saison passt Prokofievs erste Sinfonie mit dem Beinamen SYMPHONIE CLASSIQUE, fußt sie doch auf der Tonsprache und der formalen Anlage der grossen Sinfoniker Haydn und Mozart -allerdings mit augenzwinkernden und überraschenden orchestralen und metrischen Mitteln. Valentin Egel und das bestens disponierte Musikkollegium Winterthur blieben dieser leichtfüßigen Komposition nichts an klanglicher Raffinesse und Humor schuldig. Die vier Sätze erklangen mit einer prächtigen Vitalität, energiegeladen und am Ende auf eine beinahe atemlose Doppelfuge zusteuernd. Herrlich!

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Wie bei Debussy zu Beginn des Konzerts stand zum Abschluss wieder pure Klangmalerei im Vordergrund mit Rossinis Ouvertüre zu GUILLAUME TELL. Diese Ouvertüre ist ein Publikumshit, aber sie vermag als eigenständige Tondichtung zu überzeugen. Vom sanften, elegischen Beginn durch die tiefen Streicher (wunderbar warm intonierten die Celli und die Bässe des Musikkollegium Winterthur dieses „Morgengrauen“) über den Sturm auf dem Vierwaldstättersee und dem “Ranz des Vaches”, dem die Hörner und die Holzbläser ihren heimeligen Klang verliehen, bis zum rasanten Brio des Marsches durchschritt das Orchester die diversen Stimmungen, angefeuert von einem Dirigenten, der es auf grandiose Art verstand, dieses musikalische Feuerwerk zu zünden und am Lodern zu halten.

Kaspar Sanneman  30. August 2025 


Saisoneröffnungskonzert
Stadthaussaal

Claude Debussy: PRÉLUDE Á L’APRÈS-MIDI D’UN FAUNE
Arthur Honegger: KONZERT FÜR VIOLONCELLO UND ORCHESTER
Sergej Prokofiev: SYMPHONIE CLASSIQUE (Sinfonie Nr.1 in D-Dur)
Gioacchino Rossini: OUVERTÜRE ZU „GUILLAUME TELL

Leitung: Valentin Egel. 
Musikkollegium Winterthur